napoleon hat goethe einst empfangen...

Sonett zum Thema Erinnerung

von  harzgebirgler

napoleon hat goethe einst empfangen
in erfurt und das schmeichelte dem sehr
für ihn war der ein gott und sein verlangen
nach ebenbürtigkeit wog da schon schwer

der kaiser lobte ihn und ließ erkennen
daß ihm sein 'werther' lange schon bekannt
doch das was gern auch dichter 'schicksal' nennen
würd' fortan einzig 'politik' genannt

dem hat der dichterfürst nicht widersprochen
nahm hin daß politik das schicksal ist
um machtgeil alle welt zu unterjochen

die nicht bloß mit gewaltmaßstäben misst -
die völkerschlacht bei leipzig aber zeigte
daß sich die welt der tyrannei nicht beugte...

https://www.spiegel.de/kultur/mit-napoleon-die-politik-ist-das-schicksal-a-4b197511-0002-0001-0000-000014323196

*

„das schicksal ist die politik“ -
dieser irrtum kostete den sieg
napoleon auch bei waterloo
denn blücher oh der drosch kein stroh:

mit seinen preußen kam der noch
rechtzeitig - auf dem letzten loch
pfiff wellington derweil schon ja
doch blücher war zum glück dann da

und wendete das blatt, besiegte den tyrann -
er sah ihn eh als dummen kerl stets an
ahnungslos wie fäuste sich längst ballten
und letzten endes freiheitskräfte walten

die sich gegen größenwahn vereinen
mögen sie auch lange wehrlos scheinen
irgendwann ist das maß einfach voll
selbst beethoven der hegte wahnsinnsgroll

auf napoleon den er verehrte
anfangs doch des hybris die belehrte
ihn eines besseren und er radierte
als der sich zum kaiser proklamierte

die widmung seiner dritten sinfonie
- noch vor der kaiserkrönung schrieb er sie -
eigenhändig aus schier wutentbrannt
weil er des mannes größenwahn erkannt'...


ps
"Die Politik ist das Schicksal", sagte Napoleon zu Goethe. "Nein", schreibt Heidegger*, "der Geist ist das Schicksal und Schicksal ist Geist. Das Wesen des Geistes aber ist die Freiheit." [* in seiner Abhandlung „Schelling: Vom Wesen der menschlichen Freiheit“ aus dem Jahr 1936]

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Kommentare zu diesem Text


 TassoTuwas (26.03.21)
Die Großen kamen sich sehr nah
aber nicht mehr auf St. Helena !

Aus die Maus
Liebe Grüße
TT

 harzgebirgler meinte dazu am 26.03.21:
auf elba war er noch am lauern
auf st. helena dann am versauern!

herzliche dankesgrüße
harzgebirgler

 AchterZwerg (26.03.21)
Hier lobe ich besonders das Postscriptum:

"Die Politik ist das Schicksal", sagte Napoleon zu Goethe. "Nein", schreibt Heidegger*, "der Geist ist das Schicksal und Schicksal ist Geist. Das Wesen des Geistes aber ist die Freiheit." [* in seiner Abhandlung „Schelling: Vom Wesen der menschlichen Freiheit“ aus dem Jahr 1936]

Und gelobe gleichzeitig mir demnächst den Schelling reinzuziehen.
Vor allem wegen Heidegger. :)

 harzgebirgler antwortete darauf am 27.03.21:
hannah arendt hat mal zu heidegger gesagt: „du liest wie nie jemand vor dir!“ - das wird auch an seiner schelling-abhandlung deutlich.

herzliche dankesgrüße
harzgebirgler

ps
„daß gepfleget werde der feste buchstab
und bestehendes wohl gedeutet – dem folgt deutscher gesang.“ (hölderlin)
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