Der alte Mann und die Liebe

Einiges stimmt nicht mehr. Fantasie hatte dazwischen gefunkt. Er versteht es, etwas gut zu beenden. Für manch andere endet es nie, auch wenn es vorüber ist. Selbst wenn es nur eine Episode, eher eine Art Lebensverhalten für eine begrenzte Zeit war. Oder auch eine Anstrengung, ein Versuch etwas auszuhalten.

Er war nicht besonders wählerisch, denn seine bisherige Erfahrung sagte ihm, dass er nicht zu viel wollen sollte, eigentlich fast gar nichts. Sein fortgeschrittenes Alter hatte ihn dazu geführt, mehr Abstriche vorwegzunehmen, nicht zu viel zu erwarten. Manches wollte er eigentlich nicht hergeben, aber gab dann doch Stück um Stück auf. So wurde er schneller älter. Wie andere auch, die er zu kennen glaubte. Sie gaben sich allerdings den Anschein, nie aufzugeben.

Manches Mal, wenn ihm das Gefühl, dass er nichts mehr zu erwarten hatte, überkam, löste das eine Art Hoffnungslosigkeit aus. Dieses führte bisweilen zu deutlichen Anzeichen einer Depression. Es hing sicher auch mit seiner unsicheren Lebensführung zusammen, seit seine Frau sich vor Jahren einem jüngeren Mann in ihrem Alter angeschlossen hatte. 

Dann tritt ganz unerwartet SIE in sein Leben, in einem Moment, wo er überhaupt nicht darauf vorbereitet ist. Die nahe Kirchturmuhr erläutert mit lauten Schlägen, dass er jetzt aufbrechen muss. Sie haben sich zu einem Spaziergang im nahegelegenen Park verabredet. Beim Gang dorthin geht ihm durch den Kopf, dass er seine Ängste vor einer neuen Bindung nur dadurch überwinden kann, je näher er dem Mann kommt, der er wirklich sein will. Desto mehr dünkt ihn, dass Liebe die Kunst ist, sich aus der Falle, die daran hindert, sich zu sich selbst emporzuschwingen, zu befreien und die Fesseln der Vergangenheit zu lösen.