Urgroßmutters Uhr

Sonett

von  Janna





Ich kam nur selten in dein stilles Zimmer.

Dort war es meistens dunkel, weil du schliefst,

doch manchmal kam es vor, dass du mich riefst.

Dein braunes Strickkleid hing am Schrank wie immer.


Es roch nach Medizin und nach Lavendel,

du reichtest mir ein selbst gebacknes Plätzchen

und flüstertest: Das ist für dich, mein Schätzchen!

Die alte Uhr schwang ihr Sekundenpendel,


und du versankst in einem schönen Traum,

der dir ein Lächeln auf die Züge legte.

Auf Zehenspitzen ging ich aus dem Raum.


Am nächsten Tag kam ich nochmal und sah,

wie sich das Pendel hin und her bewegte.

Nur du warst nicht mehr da.



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Kommentare zu diesem Text


 Pfeiffer (22.06.23, 13:18)
Dein feinfühliges Sonett erinnert mich an den letzten Lebensabschnitt meiner geliebten Mutter, die mit 97 Jahren friedlich eingeschlafen ist.
Ein sehr schönes Gedicht!

Herzliche Grüße
Fritz

 Oops meinte dazu am 22.06.23 um 13:25:
Kann ich mich nur anschließen, <3 ähnliches erlebt. Mein Uropa ist einfach eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht.

LG Oops

 Redux antwortete darauf am 22.06.23 um 19:44:
Janna, sauber gesetzt, so wie ich es nie könnte. Perfekt.
Und ich beneide dich, ich denke autobiographisch, da du noch deine Urgroßmutter kennenlernen durftest.
LG

 Janna schrieb daraufhin am 22.06.23 um 21:07:
@ Fritz & Oops, ich kam aus der Schule, da kam die Gemeindeschwester auf mich zu und hat mir mitgeteilt, dass meine Uroma am Morgen verstorben war.

Hallo Redux, ich hatte tatsächlich das Glück, sie kennen zu lernen. Sie starb mit 87, ich war damals 8 Jahre alt.

ich bedanke mich!

Liebe Grüße

Janna

 Morphea (22.06.23, 13:22)
Meine allerliebste Janna, du hast mir gefehlt, 💕. Ein Tiefgreifendes Sonett, in das ich als stille Beobachterin eingetaucht bin und alles war so real... Das ist die Vergänglichkeit, wir wechseln die Räume, den jeweiligen Zustand und sind die Pendel einer Unendlichkeit..wir sind oszillierende Wesen und es bleiben immer welche zurück in ihrer Trauer, Toll lyrisch transportiert Dolphi

Kommentar geändert am 22.06.2023 um 13:24 Uhr

 Janna äußerte darauf am 23.06.23 um 07:09:
<3 Danke.

 Mondscheinsonate (22.06.23, 13:34)
Mah....!

 Janna ergänzte dazu am 23.06.23 um 07:10:
Ich mag die österreichischen Beifallsbekundungen. Sie sind kurz und aussagekräftig.  <3
Agnete (66)
(22.06.23, 17:58)
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 Janna meinte dazu am 23.06.23 um 07:11:
Das freut mich sehr, liebe Agnete. Vielen Dank und liebe Grüße

Janna

 EkkehartMittelberg (22.06.23, 21:51)
Liebe janna,
wenn ein geliebter Mensch harmonisch stirbt, kann selbst der Tod einen Hauch von Heiterkeit verbreiten, wie dein schönes Gedicht, eine Heiterkeit, die freilich erst später spürbar wird.

Liebe Grüße
Ekki

 Janna meinte dazu am 25.06.23 um 17:51:
Hallo Ekki, vielen Dank. Ich war damals noch ein Kind, aber du weißt ja, wenn man selbst alt wird, kommen solche Erinnerungen immer öfter hoch. 
Liebe Grüße

Janna

 plotzn (23.06.23, 08:44)
Servus Janna,

ein Ruhe ausstrahlendes, unpathetisches Gedicht, das dennoch berührt. Tolles Sonett!

Liebe Grüße
Stefan

 Janna meinte dazu am 25.06.23 um 17:52:
Vielen Dank, Stefan, das freut mich sehr.

Liebe Sonntagsgrüße

Janna
Teolein (70)
(23.06.23, 08:53)
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 Janna meinte dazu am 25.06.23 um 17:52:
Das freut mich sehr. Vielen Dank!

Lieben Gruß

Janna
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