BROT

Gedicht zum Thema Armut

von  Rosa_rugosa

wie eine Gebetsmühle:

 

ich kann das nicht wegwerfen

ich kann das nicht wegwerfen

 

sie schnitt mit dem Brotmesser

die kleine graugrüne Rose heraus

 

und aß den Rest weiter

 

der Nachbar

(auch aus Schlesien)

kerbte immer ein Kreuz

in den frischen Laib

 

 

 



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Kommentare zu diesem Text


 Rosalinde (08.08.23, 09:45)
Ja, das kenne ich auch noch, aus der Nachkriegszeit. Schimmel? Schneidet man einfach raus. So war das. Not macht erfinderisch.
Welche Ehrfurcht vor Brot, wenn der Nachbar es bekreuzigt.
Wunderbar, wie du das beschreibst. 

Herzlich, Rosalinde

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 15:48:
Dieses Gedicht ist in unserer Wegwerfgesellschaft als Mahnung sehr wichtig.

LG
Ekki

 Epiklord antwortete darauf am 01.09.23 um 13:46:
Schön einen Text zu lesen, wie es damals war, wo man wegen einer kleinen schimmeligen Stelle am Brot, nicht das ganze weggeworfen hat, sondern es rausgeschnitten hat.

Schön und gut. Aber dann ein Kommentar dazu, wo jemand sagt, diesen Text sollte man als Mahnmal erachten für die Zukünftigen. Da frage ich mich, wie soll das gehen. Angenommen, es liest jemand, der sein Brot wegschmeißt. Würde jener, wenn er nun diesen Text gelesen hat, es nicht mehr tun? Warum sollte er? Es ist genug da. Damals war Brot sicherlich knapp. Heute sollte man das Brot wegwerfen und ein neues konsumieren. Unsere Gesellschaft lebt vom Wegwerfen und neu anschaffen.

Und angenommen, wir erleben nochmal ein schlechte Zeit wie damals. Da würde doch keiner den Text hervorholen als Mahnmal. Ist doch absolut unlogisch.

E.

 niemand (08.08.23, 17:51)
Also, das Gedicht ist zweifelsohne gut geschrieben. Es entstehen, grade weil es so kurz/knapp geschrieben ist, eigene Bilder im Kopf des Lesers. Man kann eine Geschichte spinnen, ohne detaillierte Vorprägung. Womit ich nicht ganz klar komme ist dieses "auch aus Schlesien" das suggeriert, dass so in einer bestimmten Region gehandelt wird, was ich bezweifle.
Auch zweifle ich daran, dass man Verschimmeltes unbedings essen und somit seine Gedundheit gefährden muss, denn grade im Brot ist der Schimmel schon im Laib vorhanden, ungeachtet der ausgeschnittenen Stelle. Bliebe ja nur die Tatsache, dass es sich um Kriegs oder Nachkriegszeiten handelte.
Wobei mir allerdings etwas auffällt:

Die Stelle mit der herausgeschnittenen grüngrauen Rose
könnte eine Art Hoffnung aufs Überleben in sich tragen,
so unter dem Motto: Wird mir schon nichts passieren,
auch wenn ich das Schimmel befallene Brot esse.

Hingegen kommt mir das ins frische Brot gekerbte Kreuz
eher als eine Art Warnung vor der gesundheitlichen Gefahr vor.

Rose=Zeichen für Schönes
Kreuz=Zeichen fürs Sterben

Ein weing weit hergeholt vielleicht, aber es kommt mir grade so in den Sinn.

LG niemand

 Rosa_rugosa schrieb daraufhin am 08.08.23 um 18:05:
Genau: Das "auch aus Schlesien" ist ein Hinweis auf Nachkriegszeit und Flucht. Sicher hätte man auch Ostpreußen schreiben können, aber da habe ich eine andere Geschichte: Da hat man z. B. aus verfaulten Kartoffeln Kartoffelmehl gemacht. 
Und ja, das ist es ja gerade: auf irgendwelche Schimmelsporen im übrigen Brot hat man nicht geachtet. Es war (optisch) noch gut ... und basta. 

Interessant, dass das Kreuz heute anders gedeutet wird als früher. Da bedeutete es Segen. Für die Menschen, zum Sattwerden, für das Brot, "unverschimmelt durchzuhalten". 

Ich bin übrigens so alt, dass ich das Brot, das "noch ging", selbst zu essen bekam.

 Rosa_rugosa äußerte darauf am 08.08.23 um 21:25:
Ich habe mal Deine Anregung aufgegriffen (dass das Kreuzzeichen missdeutet wird als "schädlich" oder "tödlich" oder so) und den letzten Teil geringfügig geändert: 

der Nachbar
(auch aus Schlesien)
segnete frisches Brot
immer bevor er es anschnitt
kerbte ein Kreuz hinein


wäre das so besser (verständlich)?




Antwort geändert am 08.08.2023 um 21:26 Uhr

 niemand ergänzte dazu am 08.08.23 um 23:24:
@ Rosa
Nun, Du bist sogar 7 Jahre jünger als ich. Ich komme übrigens auch
aus Schlesien. Kenne die Armut, aber verschimmeltes Brot muste ich noch nie essen. Doch dieses Kreuz auf einem noch nicht angeschnittenen Brot-Laib, das hat man mir auch beigebracht.
Agnete (66)
(08.08.23, 20:08)
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 TassoTuwas (26.09.23, 09:33)
Hallo Rosa,
wie konnte ich das übersehen?

Es erinnert mich an meine Großmutter (aus Schlesien), die mit dem Messer auf dem Brot das Kreuz machte, bevor sie es anschnitt.
Die Leichtigkeit mit der tonnenweise Lebensmittel vernichten werden ist beschämend!


Herzliche Grüße
TT
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