Nun hatte ich meine Hypnosepraxis erste betreten, eigentlich das Zimmer nebendran, als mich die Baronesse telefonisch anrief. Sie sagte: „Lieber, meine Tochter leidet an Herzschmerz, ihr Freund hat sie verlassen. Können Sie denn etwas tun? Jedes Trösten meinerseits hilft ihr nicht. Auch sonst niemand kann auf der Welt kann ihr helfen. Sie weint Tag und Nacht und schläft nicht mehr. Ich fürchte sogar, sie könnte sich in diesem Zustand etwas antun. Haben Sie einen Rat, ich wäre ihnen unendlich dankbar.“
Nun ist die Baronesse eine der ganz wenigen Menschen, wenn nicht sogar der einzige Mensch in meinem Leben, mit dem eine Freundschaft besteht; um nichts zu vergessen, dass er mein erster Kunde war.
„Liebe Baronesse, ihre Tochter ist ein höchst interessanter Fall. Vielleicht habe ich Rat, vielleicht aber auch nicht. Ich muss ihnen aber vorher mitteilen, dass sie vollkommen mir vertrauen müssen, wenn ich den Fall übernehmen soll.“
„Sie wissen, mein Lieber, das ich ihnen vertraue und meine Tochter unter ihrer Obhut sicher glaube.“
„Ich meine, liebe Baronesse, dass ein hypnotischer Eingriff in das Herz eines jungen Menschen unvorhersehbare Folgen haben könnte. Möchte sie, möchte ihre Tochter das Risiko eingehen?“
„Ehe sie mir noch vor Liebesschmerz und Kummer verstirbt, riskieren wir es.“
„So soll es geschehen. Bringe sie sie zu mir.“
Nach einem Monat Anwendung höchst faszinierender Hypnosetechniken an dem Patienten sagte die Baronesse: „Wie haben sie das wieder geschafft, mein Lieber? Meine Tochter ist so friedlich, glücklich und sie hat keinen Kummer mehr.“
„Das Reich des Herzens liegt vor meinen Füssen weit ausgebreitet, wie ein Blick eines Wanderers von einem Hügel über Täler und Wiesen.“ antwortete ich.
„Verraten sie mir, wie sie es angestellt haben?“
„Nun, liebe Baronesse. Wenn sie es unbedingt wissen möchten, dann verrate ich’s ihnen, aber kein Wort davon zu ihrer Tochter.“
„Versprochen.“
„Der Liebesschmerz und Kummer im Herzen ernähren sich vom Bild des Freundes, der sie verlassen hat. Sein Bild ist dynamisch, es ist wie ein Schwarm Vögel, alle Bilder sehen gleich aus. Das Bild ist also in der Mehrzahl zu verstehen. Hinter jedem einzelnen Bild steht aber eine eigenständige Erfahrung, die sie mit ihm geteilt hat. Nun bestand meine Arbeit, die ich höchst spannend fand, da ich nie einen solchen Fall hatte, an dem ich auch Forschung betreiben dürfte, alle Bilder, die den Liebesschmerz auslösen und mit dem Freund verbunden sind, zu finden und nureinzelne Bilder von der schmerzvollen Erfahrung zu trennen und die Erfahrung an etwas Neues zu binden, das die Zuneigung der Tochter erwidert. Im Fall ihrer Tochter, verband ich den gelösten Knoten, der dafür verantwortlich war, an ihrem Freund zu denken und Schmerzen auszulösen, an ein junges Fohlen. Als ihre Tochter das neue Fohlen, das sie ihr geschenkt haben, sah, verliebte sie sich so sehr in das Fohlen, dass sie darüber ihren Freund nach und nach vergaß. Erst dann, so leitete ich den nächsten Schritt in ihrem Geiste ein, trat der Heilungsprozess ein. Der Liebesschmerz wurde geöffnet und floss als Liebe ohne Schmerz zum Fohlen hin. Ihre Tochter merkte, ihre Liebe wird wieder erwidert und nicht verweigert. Ihre Liebe gilt nun dem Fohlen. Der Schmerz hat sich aufgelöst. Ihre Tochter ist gerettet.“
„Wie kann ich ihnen nur danken, mein Lieber, ich stehe tief in ihrer Schuld?“
„Hm. Wechseln sie zum Heidentum über, sie und ihre Familie.Meinen Krähen würde das gefallen.“
„Ihren Krähen?“
„Ja.“ „Pflanzen sie bitte noch eine Eiche in ihren Garten.“
„Mehr nicht, mein Lieber? Ich bin gewillt ihnen eine große Summe Geld zu überweisen.“
„Mehr suche ich nicht. Wirklich, liebe Baronesse. Gerne können sie auch einen Käse mitbringen, meine Krähen mögen Käse vom Schaf, weiß der Geier warum.“
