Angst und Liebe

Essay zum Thema Angst

von  Graeculus

Vor über 60 Jahren hat der Psychologe Fritz Riemann einen Bestseller verfaßt, der zwanzig Jahre später schon eine Auflage von 210000 Exemplaren hatte: „Grundformen der Angst“. Darin vertritt er den Standpunkt, daß man unsere Ängste in vier Grundformen einteilen könne:

 

1. Die Angst vor der Selbsthingabe, als Ich-Verlust und Abhängigkeit erlebt;

2. Die Angst vor der Selbstwerdung, als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt;

3. Die Angst vor der Wandlung, als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt;

4. Die Angst vor der Notwendigkeit, als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt.

[a.a.O., S. 15]

 

Mit 1. ist die Angst gemeint, durch eine Beziehung, eine Bindung eingeengt und unselbständig zu werden. Nähe wird als Bedrohung erlebt. Diesen Typus von Angst nennt Riemann schizoid.

Unter 2. versteht er das Gegenteil von 1., nämlich die Angst, alleine einsam und hilflos zu sein. Nähe wird vermißt. Riemanns Bezeichnung: depressiv.

Das 3. ist die Angst, daß alles, was man kennt und woran man hängt, sich ändert, daß nichts so bleibt, wie es ist. Nur keine Veränderung! Der Name: zwanghaft.

Und 4. schließlich ist wiederum das Gegenteil von 3.: die Angst, im Bestehenden zu erstarren, an Veränderungen gehindert zu sein. Ständig wird alles geändert. Riemann nennt das: hysterisch.

 

Über die Bezeichnungen kann man streiten; heute würde man das wohl nicht mehr so nennen. Aber wir können einmal davon ausgehen in dem von Riemann definierten Sinn.

Er schreibt noch:

 

Alle möglichen Ängste sind letztlich immer Varianten dieser vier Grundängste und hängen mit den vier Grundimpulsen zusammen, die ebenfalls zu unserem Dasein gehören und sich auch paarweise ergänzen und widersprechen: Als Streben nach Selbstbewahrung und Absonderung, mit dem Gegenstreben nach Selbsthingabe und Zugehörigkeit; und andererseits als Streben nach Dauer und Sicherheit, mit dem Gegenstreben nach Wandlung und Risiko. Zu jeder Strebung gehört die Angst vor der Gegenstrebung.

[a.a.O., S. 15 f.]

 

Wenn man sich das als Quadrat vorstellt, dann ergibt sich folgendes Bild:


9k=


Die ideale, am wenigsten von Angst belastete Lebensform ist ein Schweben in der Mitte des Quadrats, während die Winkel für die extreme Belastung mit der jeweiligen Angst stehen. Wo wir uns befinden, kann sich im Laufe des Lebens ändern, und selbstverständlich können wir auch depressiv und zwanghaft, schizoid und hysterisch sein.

 

Ich habe mir nun einmal überlegt, was diese Ängste für eine Liebesbeziehung bedeuten: Wenn jemand sich stark nach Nähe sehnt und verlassen fühlt, dann löst dies bei einem schizoiden Partner genau dessen Ängste aus – er fürchtet eine Umklammerung, ein Ersticken an dieser dauernden Nähe. Und ein zwanghafter Mensch, der will, daß am besten alles so bleibt, findet seinen Albtraum in einem Partner, der am liebsten alle vier Wochen die Möbel umstellt.

 

Kein Mensch wird sich solch einen Partner suchen? Oh doch! Da ist zunächst die sexuelle Attraktivität, die erotische Ausstrahlung, die ganz unabhängig davon funktioniert. Außerdem können Gegensätze sich anziehen, indem nämlich z.B. ein depressiver Mensch an einem schizoiden gerade dessen Fähigkeit, es alleine auszuhalten, auf eigenen Füßen zu stehen, bewundert. Die Liebe, die bekanntlich blind macht, kann sehr wohl in solche Katastrophen führen.

 

Als geradezu klassisches Beispiel kann man das Lied „Cold, Cold Heart“ des depressiven Musikers Hank Williams ansehen, der es geschafft hat, sich mit nur 30 Jahren zu Tode zu trinken:


I tried so hard, my dear, to show that you’re my every dream

Yet you’re afraid each thing I do is just some evil scheme

A mem’ry from your lonesome past keeps us so far apart

Why can’t I free your doubtful mind and melt your

cold, cold heart

 

Another love before my time made your heart sad and blue

And so my heart is paying now for things I didn’t do

In anger unkind words are said that make the teardrops start

Why can’t I free your doubtful mind and melt your

cold, cold heart

 

You’ll never know how much it hurts to see you sit and cry

You know you need and want my love yet you’re afraid to try

Why do you run and hide from life, to try it just ain’t smart

Why can’t I free your doubtful mind and melt your

cold, cold heart

 

There was a time when I believed that you belonged to me

But now I know your heart is shackled to a memory

The more I learn to care for you the more we drift apart

Why can’t I free your doubtful mind and melt your

cold, cold heart



Da ist jeder Ausdruck der Sehnsucht, das kalte Herz möge schmelzen, ein grelles Warnlicht für einen Menschen des schizoiden Typus. Er soll endlich seinen Schutzwall, seine Selbständigkeit aufgeben und einem anderen gehören? Der Horror!

 

Wenn man sich die Version des Liedes von Hank Williams selbst auf YouTube anschaut, ist die Gefahr sehr groß, daß man denkt: das ist ja nun sehr amerikanisch, mit Cowboyhut, das ist mir fremd. Aber andere, etwa Jerry Lee Lewis und vor allem Lucinda Williams (nicht mit Hank verwandt), haben daraus die eindrucksvolle Interpretation einer verhängnisvollen Liebe gemacht.

 

 

Nicht ein Mensch, der an derselben Angst leidet wie wir, kann diese heilen; aber schon gar nicht ein Mensch, der an der genau entgegengesetzten Angst leidet – die werden wir durch unsere Liebe nur verstärken. Immer und immer wieder. Und wir werden enden wie Liz Taylor und Richard Burton in „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“




Anmerkung von Graeculus:

Lucinda Williams auf dem Tribute-Album für Hank Williams "Timeless".

https://www.youtube.com/watch?v=Q55wGgV73sg

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Kommentare zu diesem Text


 Aron Manfeld (27.12.23, 16:24)
Riemanns Grundformen der Angst sind heutzutage doch etwas verstaubt, lieber Grace.

So einfach ist es nicht mehr in einer Gesellschaft, die nicht mehr quadratisch ist.

Dir ein starkes 2024!

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 16:35:
Gedanken über die condicio humana mögen alt sein (60 ist nicht gar so alt), sie sind deshalb nicht verstaubt. So rasch ändert die menschliche Natur sich nicht.

Und was ist an dem geschilderten Modell simpel - abgesehen davon, daß jedes Modell Komplexität reduziert?

Das Quadrat ist nichts anderes als das sog. logische Quadrat, bei dem kontradiktorische Gegensätze die größtmögliche Entfernung haben (die Diagonale), die übrigen die konträren Gegensätze sind.

Hank Williams' Version von "Cold, Cold Heart" kam mir in der Art der Interpretation verstaubt vor; deshalb habe ich auf Alternativen, vor allem auf Lucinda Williams, hingewiesen. Die ist so in unserem Alter.

 Aron Manfeld antwortete darauf am 27.12.23 um 16:42:
Du hast schon Recht, man muss vereinfachen, um dem Chaos halbwegs Einhalt zu gebieten.

Mir kommt immer wieder John Lennons Imagine in den Sinn, als Grundgesetz für die Welt.

Antwort geändert am 27.12.2023 um 16:42 Uhr

 Graeculus schrieb daraufhin am 27.12.23 um 18:10:
Enthält "Imagine" ein Konzept gegen Angst? Ist es mehr als die Vorstellung, daß es doch schön wäre, wenn wir einander alle lieb hätten?
Darüber werde ich mal nachdenken.

 Pearl äußerte darauf am 27.12.23 um 19:54:
Ich mag Hank Williams Version lieber als Lucindas - so heartmelting gesungen.

Mit Angst kenne ich mich aus. Doch beim Lesen hatte ich denselben Eindruck wie Aron, nicht mehr ganz passend in die heutige Welt, zu vereinfacht.
Trotzdem interessant v.a. der Gedanke, dass depressiv die Angst vor Verlassenheit ist.
Ich las erst heute in einem Artikel, dass in Deutschland und wahrscheinlich nicht nur dort, Krankenstände wegen psychischer Gründe sprießen wie Erdbeeren auf einen sommerlichen Erdbeerenfeld.
Das war damals noch nicht so. Weil die Welt ist anstrengender geworden.

LG

 Graeculus ergänzte dazu am 27.12.23 um 23:00:
So, die Version von Hank Williams gefällt Dir besser? Vielleicht werde ich zu sehr von seinem Kostüm abgelenkt.

Ich weiß nicht, ob der Riemann veraltet ist oder lediglich meine kurze Inhaltsangabe eines Kapitels zu verkürzt ausfällt. Letzteres kann ich hier natürlich nicht ändern, und es kommt mir auch nur auf einen Gedanken an: daß diese Ängste, wenn sie im Liebesleben aufeinandertreffen, eine Katastrophe auslösen können. Aber rechne das, bitte, nicht dem Riemann an. Er hat ein gutes Buch geschrieben.

Es stimmt, in Deutschland hat sich die Zahl der durch psychische Erkrankungen ausfallenden Arbeitstage in den  letzten zehn Jahren verdoppelt. Wie mag diese Zunahme zu erklären sein?

 LotharAtzert (27.12.23, 16:44)
Ich habs nicht zuende gelesen, denn das sind ja unsere vier Quadranten, nur die verwässerte Form für den Bürger. Also wenn dir das gefällt, dann versteh ich die Welt gar nimmermehr.

 Aron Manfeld meinte dazu am 27.12.23 um 16:55:
Wir männlichen Bildungsbürger lieben das Quadrat, da es unserem kognitiven Beuteschema entspricht, Lothar.

Meine Kritik soll auch nicht abwertend verstanden werden, sondern fragend daherkommen.

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 18:08:
An Lothar:

Quadrat gesehen und nicht weiter gelesen, sondern Bescheid gewußt? Das ist nicht gut.

Die vier Quadranten, von denen Du oft sprichst, also die vier Causae, gehen auf eine scholastische Deutung eines Konzepts von Aristoteles zurück.

Was hier gemeint ist, ist das sogenannte logische Quadrat, das zwei Arten von Gegensätzen einordnet: die kontradiktären und die konträren.
Nähe - keine Nähe als Wunsch verhalten sich kontradiktorisch zueinander, d.h. sie schließen einander aus.
Ebenso Bestand und Veränderung.
Das andere, Nähe - Veränderung, Bestand - Nähe usw. sind konträre Gegensätze, die nicht daselbe sind, aber einander nicht ausschließen.

Im logischen Quadrat stehen die kontradiktorischen Gegensätze so weit entfernt wie möglich, nämlich in der Diagonale.

Falls das irgendetwas mit den vier Causae zu tun hat, ist mir das entgangen.

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 18:32:
Du kannst ja mal, um es mir klarer zu machen, die vier causae
- causa materialis
- causa formalis
- causa efficiens
- causa finalis
in einem logischen Quadrat anordnen: Welche verhalten sich kontradiktorisch zueinander und welche konträr?

 LotharAtzert meinte dazu am 27.12.23 um 21:02:
Die beiden Begriffe sind mir fremd, Graeculus, aber ich will es trotzdem versuchen:
Der Kreis hat eine obere und eine untere Hälfte. Die obere nennen wir Himmel, die untere Erde. Die unteren zwei aus Causa materialis (1. Quadrant linke Seite) und Causa efficiens (2. Quadrant rechte Seite) entsprechen dem konträren, desgleichen Causa formalis (3. Quadrant, rechts oben) und  Causa finalis (4. Quadrant links oben), während die gegenüberliegenden, also sich in Opposition befindlichen Quadranten sich kontradiktorisch verhalten. So müsste es doch eigentlich stimmen.
Warum das nicht ganz passt, liegt an der Causa finalis, (unser zeit- und raumloses Daseinsprinzip) die das Ganze beinhaltet, das sich in Zeit und Raum, wie eine vierblättrige Blüte zeigt und – für uns Subjekte – wieder verschwindet, zeigt und wieder verschwindet, solange, wie nicht alles Irdische bereinigt ist. So wie die vier Jahreszeiten kommen und gehen. Die zehn Finger hab ich mir schon fusselig geschrieben und immer noch keiner, der mal aha sagt. Ein Armutszeugnis für die modernen „Denker“. Oder für mich schlechten Erklärer, das ist natürlich nie auszuschließen.
 
Wenn man jetzt noch zu den vier Quadranten die zugehörigen drei Zeichen in der richtigen Reihenfolge parat hätte, könnten wir mit mach1 oder weiß der deiwel da durch jagen und Zusammenhänge erkennen, aber so … muß ichs im neuen Jahr abermals und wieder widerkäuen, ohne daß mir je daraus Ruhm und Ehre winkt.
 
Du wolltest wissen, wie Widder und Fisch zusammenhängen? Gucks dir die Lage im Kreis an, sie hängen zusammen als das Unbewußte, Unbestimmte aller. Nur mit dem Unterschied, daß der Widder in der stofflichen Causa „erscheint“, sein Bewegungsprinzip Mars „austreibt“ also in die Welt kommt, wogegen die Ausgetriebenen im Stier, um nicht erdrückt zu werden, rebellieren, während die zur Finalität gehörenden himmlischen Fische zum Ursprung im Wassermann kommen, um im Steinbock bestimmt zu werden. Dann fügt sich das oben, und unten werden die Gefüge „empfunden“ „ausgedrückt“.Wer das nicht versteht, soll es nicht esoterisch nennen.
 
(Natürlich hatte ich – schon aus Respekt – dein Essay zuende gelese, muß nur manchmal ein wenig kitzeln, so schläfrig, wie hier alles dümpelt.)

Antwort geändert am 27.12.2023 um 21:05 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 23:09:
Nun, ich versuche das zu verstehen.
Die causa materialis verhält sich also zur causa efficiens konträr, zur causa formalis hingegen kontradiktorisch. Richtig?
Da hört es, tut mir leid, schon auf mit meinem Verstehen. Ich gehe einmal von einem trivialen Beispiel aus: Teig, Bäcker, Brot. (Die causa finalis ist dann die Ernährung.)
Kontradiktorisch heißt: die Gegensätze können nicht zusammen bestehen. Also ein Brot kann nicht ein Nicht-Brot, z.B. ein Auto sein. Aber Teig und Brot schließen doch einander nicht aus. Oder ist damit gemeint, daß ein Teig (noch) kein Brot ist? In diesem Sinne müßten aber doch alle vier Elemente kontradiktorisch sein, denn auch ein Bäcker ist kein Brot. Und ein Teig ist (noch) kein Lebensmittel.

Bei Bemerkungen wie "hab' ich nicht zuende gelesen" solltest Du dann aber über verärgerte Reaktionen nicht überrascht sein.

 LotharAtzert meinte dazu am 28.12.23 um 10:05:
Du beginnst einfach mal beim Teig, obwohl die Causa materialis nicht der Teig, sondern die Weizenkörner in den Ähren auf den Feldern sind. Der Teig ist bereits von Menschenhand denaturiert, also Causa efficienc. Beim Tonklumpen, der später Schale wird, ist das anders.
Wieder einmal bemerke ich, daß du nicht versuchst, das meine zu verstehen, sondern es gleich umleitest zu deiner sich für dich bewährt habenden Vorgehensweise. Ich sprach davon, daß es mir unwohl dabei ist, Begriffe, die ich noch nie verwendete, zur Erklärung des wunderbar erhellenden Tierkreises zu benutzen.  Nur weil du mich batest usw. Aber gut, wie heißt das Sprichwort: "Wer nicht will, der hat schon".

... sollte ich nicht. Nein, ich folge deiner Logik nicht. Wenn etwas stagniert, kann man auch mal auf den Tisch hauen, um über die Schockstarre weiter zu kommen (der geeigneten Mittel, die nur selten logischen Kriterien entsprechen, gibts viele) - und wenns noch so unpassend ist. Die Logik, welche die Phantasie tötet, ist kein Schuß Pulver wert, wie man so sagt. Nach D. ist die Phantasie der Wahrheit immer näher, als die ausgefeilteste Logik, weil der Instinkt (Neptun bzw.Causa finalis) beteiligt ist. Ich sags nur, schon mit dem Wissen, daß die berühmt-berüchtigten Perlen vor die ... du weißt bescheid.

 Graeculus meinte dazu am 28.12.23 um 18:02:
Ob der bei uns auf den Feldern wachsende Weizen weniger denaturiert ist als der aus ihm gewonnene Teig, lasse ich einmal dahingestellt. Causa efficiens ist der Teig auf keinen Fall, denn er tut ja nichts - das tut nur der Bäcker.

Es ist mir unmöglich, bei deinem Konzept der vier causae auf die planetaren Aspekte einzugehen, weil es dabei einen fundamentalen Dissens zwischen uns gibt.
Ich wollte lediglich wissen bzw. verstehen, ob sich diese vier ein Quadrat bildenden causae in irgendeiner Weise auf das logische Quadrat abbilden lassen - was Du doch behauptet hattest, oder? Ich sehe das immer noch nicht, weil das logische Quadrat definiert ist durch die logischen Beziehungen (kontradiktorisch, konträr) zwischen den Winkeln.
Daß sowohl die Theorie der vier causae (übrigens ohne Quadrat!) als auch das logische Quadrat aus der scholastischen Philosophie stammen, ist ja doch nur eine Äußerlichkeit.

Übrigens ist das Thema meines Textes das Verhältnis von Angst zu menschlichen Beziehungen. Eigentlich spräche ich lieber darüber.

 Verlo (27.12.23, 16:58)
Graeculus, sicherlich kann man (Jahre) darüber nachdenken, was Angst ist und wie man sie einordnet.

Aber man kann sie auch als Geschenk (Stimme Gottes) nehmen und ihr geben, was sie verlangt.

Dann wird sie sich bedanken, "Mach's gut!" sagen und verschwinden.

 FRP meinte dazu am 27.12.23 um 17:53:
Verlo, das war das Fundamentierteste, was ich je von Dir gelesen habe. Sage ich, als zwanghaft-schizoider.

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 18:01:
Wird sie das dann, verschwinden? Ich weiß nicht. Vor allem weiß ich nicht, wie man so eine Brücke schlagen kann zu einem anderen Menschen.
Besser hat mir gefallen, was ich in dem Film "No Direction Home" über das Leben Bob Dylans gesehen habe: In einer Szene sehen wir den offenbar im Alkoholrausch psychisch schwer abgestürzten Johnny Cash. Bob Dylan, sein Freund, setzt sich ans Klavier und animiert Cash zum Mitsingen. Was singen sie? "I'm So Lonesome I Could Cry". Von Hank Williams. Nichts anderes, kein fröhliches Lied, sondern eines, das eine Brücke schlägt.

 Verlo meinte dazu am 27.12.23 um 18:46:
Graeculus, auch wenn man keine Angst hat, kann man Probleme haben, Brücken zu anderen Menschen zu schlagen. 

Vielleicht, weil sich nicht auf andere einstellen kann und so für den anderen immer fremd bleibt.

 Verlo meinte dazu am 27.12.23 um 18:53:
Graeculus, ob jede Angst verschwindet, kann ich nicht einschätzen. 

Ich hab mal Angst vor SMS gehabt: wurde auf dem Telefon eine neue angezeigt, hab ich Panik bekommen und mußte starke Tabletten nehmen, um mich zu beruhigen. Trotzdem war der Tag danach erledigt und ich konnte nichts Vernünftiges mehr tun.  

Diese Angst hab ich jetzt nicht mehr. 

Dafür Angst vor Tabletten ...  :D

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 23:13:
Wie man für sich Ängste überwindet (Angst vor Kurznachrichten: schizoid?), ist allerdings nicht mein eigentliches Thema, sondern ihre Konsequenzen für zwischenmenschliche Beziehungen.
Und wenn ich es mit einem Menschen zu tun habe, der von einer starken Angst bestimmt ist, möchte ich gerne wissen, wie ich sie mindern statt verstärken kann.
Wie das der Hank Williams in seinem Lied macht, ist es genau falsch - und doch handelt er aus seinem eigenen depressiven Bedürfnis heraus.
Tja, ein Liebesgeständnis kann Panik auslösen!

 Verlo meinte dazu am 27.12.23 um 23:44:
Graeculus, indem du seine Signale aufnimmst, auswertest und dich entsprechend verhältst.

Es ist egal, ob es ein Mensch oder ein Tier ist.

Das ist die Fähigkeit, Brücken zu anderen Lebewesen zu schlagen.

Vermutlich weißt du jetzt nicht mehr als vorher.

Aber du fragst auch nur allgemein.

Außerdem kannst du auch fragen, was der andere wünscht, wie du dich in bestimmten Situationen verhalten sollst. 

Nennt sich Interaktion.

Ja, ein Liebesgeständnis sollte man zur richtigen Zeit machen. Am besten, wenn der andere auch eins machen möchte.

Wenn man seine Liebe vorsingen kann, wie Hank Willisams, ist das die halbe Miete.

Antwort geändert am 28.12.2023 um 00:06 Uhr

 LotharAtzert meinte dazu am 28.12.23 um 10:32:
Außerdem kannst du auch fragen, was der andere wünscht, wie du dich in bestimmten Situationen verhalten sollst. 
Verlo, Graeculus ist kein Krebs, er ist Fische, da sitzt man mitten im Unbewußten aller und ist kein Direktor von einem Streichelzoo. Hergott, jetzt müsst ich das wieder erklären ... nein! 
Und wenn ich es mit einem Menschen zu tun habe, der von einer starken Angst bestimmt ist, möchte ich gerne wissen, wie ich sie mindern statt verstärken kann.
Graeculus, also ich würde bei mir anfangen, Angst (irrational, im Gegensatz zur Furcht) kommt von Verengung, das Herz beginnt zu rasen. Wenn ich das mindern will, helfen vertrauensbildende Maßnahmen, wozu Intellekt und Logik im allgemeinen wohl nicht zählen.

Willst du meine Ängste mindern, dann lies Döbereiner. - war nur ein Scherz, auf den mich Verlos Worte brachten.  :D

 Graeculus meinte dazu am 28.12.23 um 18:07:
Graeculus, also ich würde bei mir anfangen, Angst (irrational, im Gegensatz zur Furcht) kommt von Verengung, das Herz beginnt zu rasen. Wenn ich das mindern will, helfen vertrauensbildende Maßnahmen, [...]

Das ist ein Ansatz. Intellekt und Logik gehören nicht zu den vertrauensbildenden Maßnahmen? Bei mir, glaube ich, schon, allerdings nicht gegenüber anderen, sondern mir selbst gegenüber, indem ich die Struktur dessen was ich tue, und wie das auf andere wirkt, reflektiere.
Daß ich Dir - populär gesprochen - extrem auf die Nerven gehe, sagen mir meine Beobachtung und das Nachdenken darüber. Was dabei zu tun ist, ohne daß ich meine Identität aufgebe oder Du es tust, darüber denke ich noch nach, unternehme Versuche und reflektiere ihre Ergebnisse.

 Verlo meinte dazu am 28.12.23 um 19:02:
Lothar, Graeculus kommuniziert mit seinen Bücher und auch hier im Forum, da wird er auch mit Frauen, die Angst haben, schaffen.

Grundsätzlich ist es dasselbe.

Macht man etwas mit einem Buch, was es nicht möchte, reagiert es auch entsprechend. Also verändert man sein Verhalten.

Das hat mit Krebs oder Gott ... Löwe, nein Fische nichts zu tun.

Graeculus beweist ja jeden Tag, daß er es kann.

Er hat nur wenig Erfahrung mit angstvollen Frauen.

Aber auch das wird er lernen.

 S4SCH4 (27.12.23, 19:29)
Respekt. Ein so komplexes und heißes Thema ist erstmal derart zu skizzieren. 

An dem Schaubild mit dem Quadranten fällt ins Auge: Angst bleibt Angst (die Farbe ist überall gleich), aber sie ist auch vielfältig, oder hier eben vierfältig.

Ich finde den Text gelungen und die dargelegte Konzeption ist spannend.

vg. sascha

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 23:17:
Danke.

Die Farbe ist mir bei der Einfügung eines Quadrates passiert - ich habe sie nicht wegbekommen. Eigentlich sollte/könnte alles weiß sein. Was natürlich ebenfalls überall gleich wäre und damit dazu passen würde, was Du schreibst: Angst ist Angst.
Aber was ist denn Angst? Das Gefühl einer Bedrohung der eigenen Existenzmöglichkeiten und der eigenen Fähigkeiten.
Und diese Bedrohung kann - unwillentlich - von einem anderen ausgehen.

 S4SCH4 meinte dazu am 27.12.23 um 23:40:
Ich denke die Antwort sehen wir schon..., als Farbe! Du hast Sie uns gewollt- oder nicht- vor Augen geführt! So profan wie es klingt: Ja, Angst ist eine Farbe (des Lebens), welche, das ist bei jeden unterschiedlich. Man sollte Sie tunlichst gesund halten. Und: Diese Farbe befindet sich in einem Spannungsfeld.

Mir kommt die Angst immer wieder mit einem Gefühl von "gefährlich nahe" und "gefährlich fern" vor und ich denke, dass alles was sich bewegt (innen wie außen), alles das, was ein Stück auf jemand- oder etwas- zugehen, oder weggehen bedeutet, Angst machen kann. Deswegen spricht man auch davon, vor Angst gelähmt zu sein, oder keine Luft zu kriegen, oder von einem Korsett der Angst (das einschnürrt), um nur einige Beispiele zu nennen.  Angst ist auch Wegbegleiter. Das sind Gedanken, die mir aus deinem Text hervorgehen. 

Und über H. Williams habe ich noch gar nicht erst gesprochen. Man merkt es seiner Stimme nur zu gut an. Mir würde noch mehr einfallen,...aber danke erstmal für die Bereicherung zum Thema. <3

 Graeculus meinte dazu am 28.12.23 um 18:13:
Wobei manche Menschen eher durch das Näherkommen, manche eher durch das Weggehen in ihrer Angst getriggert werden.
Und Ängste begleiten uns Leben, stärker oder schwächer.

Ich frage mich, wo Riemann die verbreitete Angst vor dem Sterben bzw. Tod einordnet. Das kann ja sowohl als Veränderung wie als (endgültige) Erstarrung gedeutet werden.

Eine Überraschung der Diskussion besteht für mich darin, wie einfühlsam Hank Williams beurteilt wird, während ich meine, daß die meisten seiner Lieder von anderen Künstlern besser interpretiert werden.
Manchmal hat er einen gewissen Witz in all seiner Traurigkeit, z.B. in dem Liedtitel "A Tear in My Beer" oder wenn er über seine Ehefrau die Zeile sagt/singt: "Among tigers you are the queen."

 Dieter Wal (27.12.23, 20:30)
Man dürfte wenig von diesem Essay haben, wenn man nicht mit Riemanns populärpsychologischem Klassiker der 60er Jahre eigene Erfahrungen machte. Wert im Sinn von Erkenntnisgewinn bei zunächst rätselhaften Beziehungskonstellationen ist er allemal. Und dass eine simple Typologie wie diese nicht in Esoterik abgleitet, sondern ein solides Modell für nichtpathologische Ausprägungen darstellt, entzückt, sobald man die innere Logik des Modells erfasste. Ob Riemann selbst wie Graeculus sein Buch als Beziehungsratgeber verstand?

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 23:20:
Es ist klar, daß ich Riemanns Buch nicht völlig gerecht werde. Gerne kann man meinen Essay als Anregung verstehen, sich das Buch antiquarisch zu besorgen.
Eine Typologie hat einen Vorteil und einen Nachteil. Der Vorteil besteht darin, daß einem eine Systematik klarer wird. Der Nachteil ist der, daß die Realität natürlich immer viel komplexer ist. Was ich nur knapp mit dem Hinweis auf wechselnde Phasen und Mischformen erwähnt habe.

 Graeculus meinte dazu am 27.12.23 um 23:23:
Gefunden habe ich:
- ab 8 Euro
- letzte, 41. Auflage 2017
- über 1 Million Exemplare verkauft

 Dieter_Rotmund (28.12.23, 09:33)
Ich verstehe die Anmerkung nicht.

 Graeculus meinte dazu am 31.12.23 um 17:24:
Im Text wird ein Lied erwähnt und dabei auch die nach meinem Geschmack beste Interpretation dieses Liedes: "Cold, Cold Heart" von Hank Williams, in der Version von Lucinda Williams.
Dazu habe ich in der Anmerkung die Quelle genannt (das "A Tribute to Hank Williams"-Album "Timeless" sowie einen Link gesetzt, wo man das Lied hören kann.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 06.01.24 um 16:19:
Mmmh.

 Regina (28.12.23, 10:10)
In mancher Hinsicht hat die Angst eine Funktion. Die Todesangst z.B. verhindert, dass wir absichtlich vor ein Auto laufen. Aber wo Bindungsangst herrscht verhindert sie die Liebe. 
Die Angstwissenschaft hier ist mir aber zu kompliziert.

 Graeculus meinte dazu am 28.12.23 um 18:14:
Eine lebenswichtige Funktion, die aber aus dem Ruder laufen und zur Gefahr werden kann. Vor allem in der Liebe.

 Pensionstarifklempner (28.12.23, 14:56)
Guten Tag. Seit dem Studium des Textes und Kommentare, weiß ich wieder, warum ich die heitere Gemütsruhe und die ataraxia liebe.
Freuen wir uns auf das Jahr des Lächelns,auf das Jahr der Heiterkeit. Aber nehmt die Angst ernst und versorgt sie mit Humor, mit Heiterkeit. Kann man sich vor Angst totlachen ?
Hallelujah summt der alte Pensionstarifklempner und Panketreidler

 Graeculus meinte dazu am 28.12.23 um 18:16:
Die Ataraxia und die heitre Gemütsruhe (ein schönes griechisches Wort dafür: γαλήνη, d.h. die Meeresstille) sind Therapien gegen Ängste. Humor ist eine andere. Danke für diese Hinweise.

 eiskimo meinte dazu am 30.12.23 um 13:23:
Für mich sind diese Hinweise auch ein Lichtblick, zumal mir scheint, dass "Angst" und die große Hingabe, mit der man sie hier für sich entdeckt, ein sehr deutsches Phänomen sind. Statt Lockerheit, Vertrauen und gesunden Menschenverstand walten zu lassen, schaudert man lieber herum: Es könnte ja alles noch schlimmer werden. Wie gesagt Schauplatz Deutschland: Im Vergleich zu den meisten anderen Ländern ein guter Lebensstandard, ein gutes Gesundheitswesen, real wenig Kriminalität, hohe Lebenserwartung....
humorvolle Grüße
Eiskimo

 Agnetia meinte dazu am 30.12.23 um 22:50:
ich lese den Text mit Interesse, Graeculus, aber er bleibt mir fremd. ich kenne diese Ängste nicht und kann auch wenig damit anfangen.
Wenn ich das so lese, bin ich jedoch ziemlich beruhigt. Muss wohl doch recht gesund sein... ;)
Ich stelle mir so ein angstbehaftetes Leben sehr anstrengend und kraftraubend vor. Macht sicher depressiv.
LG von Agnete

 Graeculus meinte dazu am 31.12.23 um 17:17:
An eiskimo:

Du denkst an "German Angst". Mag sein, daß die bei uns in einer besonderen Art ausgeprägt ist; aber Riemann schreibst von Ängsten, die mit der existentiellen Situation aller Menschen verknüpft ist: Wir wollen in Gemeinschaft mit anderen leben und zugleich unsere Selbständigkeit bewahren; wir wollen nicht in immer Demselben erstarren, aber auch Liebgewordenes behalten.
Letzteres kann natürlich auch der Wohlstand sein.

 Graeculus meinte dazu am 31.12.23 um 17:19:
An Agnetia:

Wenn Dir das vollkommen fremd ist, bist Du wohl vollkommen gesund.
Meine Lieblingsfrage in solcher Lage: Wie steht es mit dem Sterben, der großen Veränderung, die bald auf uns zukommt?

Antwort geändert am 31.12.2023 um 17:42 Uhr

 Agnetia meinte dazu am 31.12.23 um 20:02:
ich habe keine Angst vor dem Sterben, Graeculus- mein Leben war ein wildes, selbsgtbestimmtes, sinnvolles, erfülltes und wenn ich gehe, dann kann ich das zufrieden tun. Zudem: Ich wurde (und werde) geliebt, von Kind an und habe geliebt- ehrlich und aufrichtig. Das nimmt die Seele mit.
In ihr nächstes Leben. ich glaube an Wiedergeburt.
Ich habe schon so viele, Mensch und Tier, die mir viel bedeuteten, gehen lassen müssen und habe sie begleitet. 
Daraus lernte ich: Nicht der Tod an sich ist schrecklich - nur der Abschied ist es...
Dennoch wünsche ich dir ein frohes Silvester.
LG von Agnetia

 Graeculus meinte dazu am 01.01.24 um 17:46:
Wenn jemand keine Angst vor dem Sterben hat, dann hat er die elementarste aller Ängste überwunden. Das ist eine ganz wichtige Leistung.

 AlmaMarieSchneider (31.12.23, 20:31)
Die Angst vor dem ICH-Verlust erlebten Frauen ja hautnah, indem man ihnen Bildung, Selbstbestimmung und Rechte verweigerte.
In Europa hat sich vieles diesbezüglich verändert, aber es gibt noch zu viele Länder, die ihnen das verweigern, sie dafür sogar umbringen.
Für mich muss ich gestehen existierten ICH-Verlust-Ängste nie, weil ich Liebe anders interpretiere. Auf diese "Spielchen" mit Sockelheben, Runtermachen, Abhängigkeit und wenn es nicht mehr anders geht mit Gewalt, habe ich mich nie eingelassen. Gerade der Liebe wegen. Der Kinder und der finanziellen Versorgung wegen, nehmen Frauen, aber auch Männer viel hin. 
Ich bin froh, dass sich zumindest hier immer mehr Frauen (es gibt natürlich auch betroffene Männer) aus diesem Angstkreis lösen. Sie erkennen zumindest, dass es tausende Menschen gibt, die besser mit ihnen umgehen und sind diesbezüglich anspruchsvoller geworden. Was hat "Klammern" eigentlich mit Liebe zu tun? Ist es nicht eher Anspruchsdenken?

Alles Gute fürs neue Jahr

Alma Marie

 Graeculus meinte dazu am 01.01.24 um 17:51:
Ich kann Dir hier, liebe Alma, nicht zustimmen. Und zwar deshalb nicht, weil die zunehmende Emanzipation der Frauen nicht zu einer Abnahme psychischer Erkrankungen geführt hat.
Pearl hat oben schon darauf hingewiesen, daß sich die Zahl der durch psychische Krankheiten verlorenen Arbeitstage in den letzten zehn Jahren in Deutschland verdoppelt hat.

Selbst in meinem kleinen Freundeskreis gibt es drei Menschen, die an einer Depression leiden, von denen lediglich einer es dank medikamentöser Einstellung zu einem erträglichen Zustand gebracht hat.
Gerade die Depression und die bipolare Störung werden mehr und mehr zu einer Volksseuche.

Daß es Dich nicht betrifft, ist sehr gut; aber schau Dich einmal um.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 03.01.24 um 00:56:
Gerade die Depression und die bipolare Störung werden mehr und mehr zu einer Volksseuche.

Ich glaube, dass psychische Erkrankungen durch den Trend sie überhaupt behandeln zu lassen nur scheinbar zugenommen haben. Sie gab es immer in der Häufigkeit, nur die Auslöser waren andere. Wie viele Soldaten haben nach dem 2 oder 1sten Weltkrieg einen Therapeuten in Anspruch genommen? Bei wie vielen Frauen wurden früher bei häuslicher Gewalt ein Trauma als Krankheitsbild anerkannt? 
Die zunehmende Emanzipation hat zumindest bewirkt, dass immer mehr Frauen (auch Männer) ihr Krankheitsbild behandeln lassen, was natürlich in die Statistik eingeht.
Sie lassen sich von Ärzten krankschreiben (Berechtigt oder nicht). Borderline ist dafür sehr beliebt.
Echte Depressionen sind ein sehr schweres Krankheitsbild. Man sollte da nicht immer jede Verstimmung, Unlust, Launenhaftigkeit und jeden Frust mit in den gleichen Topf werfen.

Du kannst davon ausgehen, dass ich mich gerade viel mit psychischen Erkrankungen beschäftigt habe und sehr schlecht mit ihnen umgehen kann. Ich versuche mich selbst immer stabil zu halten. Von alleine passiert das auch nicht.
Mit körperlichen Gebrechen habe ich im Verstehen und Mitfühlen keine Probleme. Ich kenne selbst die Schmerzen, das nicht "mehr können".

 Graeculus meinte dazu am 03.01.24 um 22:56:
Es ist ohne weiteres möglich, daß die zunehmende Zahl von Diagnosen darauf zurückzuführen ist, daß immer mehr Betroffene sich behandeln lassen.

Ich habe nochmal darüber nachgedacht und mich erinnert an solche Fälle in meinem persönlichen Umfeld vor 40 oder 50 Jahren. Dabei handelte es sich um Suizidversuche, bei denen allerdings die Diagnose nicht "Depression" lautete. Heute würde man sie vermutlich dazu zählen.

Weiterhin habe ich überlegt, wie es damit in der weiter zurückliegenden Geschichte stand. Als erstes ist mir Johanna die Wahnsinnige von Kastilien und Aragon eingefallen. "Die Wahnsinnige" hat man sie genannt, und heute? Wikipedia sagt, daß sie an Depressionen litt.

Es gab früher - schon seit der Zeit des Hippokrates - einen anderen Begriff, der wohl in vielen Fällen (nicht in allen) das abdeckt, was man heute Depression nennt: Melancholie.

So gesehen spricht manches dafür, daß die Zahl der Fälle sich möglicherweise gar nicht so sehr vergrößert.

Verstimmung, Launenhaftigkeit, Unlust, die nur zeitweilig auftreten und wieder verschwinden, sind sicher etwas anderes.

Ich nehme an, daß auch Riemann sagen würde, daß es sich bei dieser und anderen Ängsten um etwas allgemein Menschliches, nicht bloß um einen Trend handelt.

 Aron Manfeld (05.01.24, 16:13)
John Lennon meint, wir müssten uns nicht gegenseitig töten, gäbe es keinen Verteilungskampf, der durch Ideologie ewig wirken wird.

Der Weg muss und wird zu einer Weltregierung führen, da sonst ewiger Krieg die logische Folge sein wird.

 Graeculus meinte dazu am 05.01.24 um 22:10:
Kann es sein, daß dieser Beitrag zu einem anderen Text besser paßt als zu diesem?
2.Gast (44)
(08.01.24, 13:27)
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 Terminator (12.01.24, 01:41)
"Grundformen der Angst": Im Sommer 2016 mit einem Freund ausführlich besprochen. Ich musste mich nicht lange einordnen, es war offensichtlich. Aber wer selbst nicht schizoid ist, wird er überhaupt einen schizoiden Menschen verstehen können? Ich denke, so jemand hält einem Schizoiden nach Riemann für einen Depressiven: "Wie er will keine Beziehung? Jeder will doch! Er genügt sich nicht selbst (das ist doch gar nicht möglich!) , er ist bloß schüchtern!"

 Graeculus meinte dazu am 13.01.24 um 00:00:
Wie man einen Schizoiden mit einem Depressiven verwechseln kann, verstehe ich nicht. Die simple Einsicht vorausgesetzt, daß nicht jeder so ist wie ich.
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