Wäscheberge und Pfannkuchentürme

Kurzprosa zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Regina

Elsa wohnte mit ihrem Mann und drei Kindern in einem Häuschen im Grünen. Wenn ich sie besuchte, machte sie immer den Eindruck, kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Beklagt hat sie sich nie. Aber der Alltag mit den drei Kleinen erschien kräftezehrend. 

Manche Leute behaupten ja, erst ab dem dritten Kind sei eine Familie eine wirkliche. Es mag sein, dass Wäscheberge und Pfannkuchentürme die Rosinen im Kopf einer Mutter schmelzen lassen. Elsa pochte jedenfalls nicht darauf, neben der Haus- und Erziehungsarbeit ihre Selbstverwirklichung durch einen Beruf anzustreben. 

Es war klar, dass ihr Mann das Geld verdienen musste, welches zur Abzahlung der Hypothek und für die Materialschlacht benötigt wurde, die in mittelständischen Familien mit der Versorgung eines kleinen Kindes einhergeht, von der Babywippe und dem altersgerechten Kinderautositz, Fahrrädern in verschiedenen Größen bis hin zum Babyflaschenwärmer. 

Wenn der Vater der Kinder nach Hause kam, wurde er von niemand besonders überschwänglich begrüßt. Er stand dann mit stoischer Miene im Zimmer, als ob er nicht so ganz dazugehörte. Das war kein unzuverlässiger Typ, der nach der Arbeitszeit mit Kollegen abhängen würde oder auch seinem beruflichen Aufstieg auf Kosten der Familie überaus viel Aufmerksamkeit widmete. Ohne Murren hob er den Jüngsten in den Hochstuhl und half, die Essbestecke aufzulegen, wenn er darum gebeten wurde. Das Familienauto überließ er seiner Frau. Wie hätte sie anders auch Einkäufe und Arztbesuche mitsamt der Kinderschar bewältigen können? Er radelte zur Bahnstation, wo er tagtäglich mit dem Zug um die gleiche Uhrzeit in die Stadt fuhr, in der er in einer großen Firma arbeitete. Über seinen Beruf wurde ebenso wenig gesprochen wie über eventuell zukünftige professionelle Ambitionen seiner Ehefrau. Genauso pünktlich wie er morgens die Familie verließ, erschien er abends wieder. Und am Wochenende gibt es in einem Eigenheim mit Garten immer Arbeit zu tun. 

Die beiden verrichteten ihre Pflicht, die sie sich selber auferlegt hatten. Uneins erklärten sie sich damit nicht. Aber die Atmosphäre in ihren Räumen fühlte sich genauso schwer an wie der aus frischer Kuhmilch hergestellte Porridge im Magen lag. Diese Leute lebten im Wohlstand. Die Kinder würden alles bekommen, was ihrer Entwicklung förderlich wäre. 

Nur sah man beide Eltern niemals mit fröhlicher Miene.  

 



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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (18.03.24, 17:29)
Das ist schade. LG
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