Wir führen eine Mahrtenehe, von Sonntag bis Freitag. Wenn Sie das Wort jetzt noch nicht gegoogelt haben, verrate ich Ihnen am Ende, was das ist. Ich wusste es auch nicht.
Randalf ist so abergläubisch. Samstags bleibt er nie zu Hause, weil er sich vor der schönen Melusine ängstigt. Da kocht ihm seine Mutter Blumenkohl mit harten Eiern. Bei uns gibt es dann die schöne Melusine, ein Auflaufgericht aus Blumenkohl, Tomaten, Petersilie und Hackfleisch, vegetarisch, mit Sojahack.
Eine Mahrtenehe ist die Verbindung eines überirdischen Wesens mit einem menschlichen Ehepartner. Die Melusine, die auch als Dämonin bezeichnet wurde, heiratete ihren Ritter nur unter der Bedingung, dass er sich an Samstagen nicht bei ihr aufhalten würde. Da blieb sie nämlich in ihren Zimmern, weil ihr Unterleib sich vorübergehend zu einer Schlangengestalt verwandelte. Ihr Ehemann sollte diese ihre wahre Gestalt nicht sehen, brach er das Tabu, musste er sterben. Wenn der Unterleib einer Frau nicht so funktioniert wie es dem Standard entspricht, bekommen Männer es sowieso mit der Angst zu tun. Oben wie Blumenkohlröschen und Cocktailtomaten, fürchtet er unten das Hackfleisch, zu dem er werden könnte, wenn er mit der Zaubergestalt der Melusine konfrontiert wird. Aber Ehen mit Nebenabsprachen gingen auch damals im Mittelalter daneben und eines Tages besuchte er sie doch am Samstag und fiel augenblicklich tot um. Die Melusine ist eine alte mythische Figur, die den Dichtern schon viel Stoff lieferte und Adelsgeschlechtern die Behauptung, sie seien halbgöttlicher Abstammung, aber heute wird die schöne Melusine hauptsächlich gegessen. Solange seine Mutter für Randalf kocht, mag er mit seinen Ängsten klarkommen.
