Einladung zum Sonntagsessen

Kurzprosa zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Regina

Etwas seltsam berührte es mich schon, als eine Bekannte mich zum Sonntagsessen in die Villa eines Ehepaares einlud, das verreist war. Aber ich nahm die Einladung in das Haus, das unserem gegenüber lag, an und lagerte mich neben dem Weg zwischen den Gebäuden, um zu warten. Als die Frau und der Mann mit dem Auto ankamen, fuhr sie haarscharf an mir vorbei. “Da hättest du mir jetzt beinahe mein Ohr abrasiert”, meinte ich. 

Die Tür des Hauses wurde von einer mir unbekannten Frau geöffnet, die sich als die Kinderfrau der etwa Dreijährigen entpuppte, mit der sie allein geblieben war. Das Kind sei zur Erschöpfung anstrengend, war die erste Mitteilung, die sie uns machte. Im Wohnzimmer, das in einem antiken Stil eingerichtet war, erklang aus dem Radio Flötenmusik mit Schlagzeug und ich dachte, so etwas würde ich auch gern mal spielen, Flötenpop. Hätte ich etwa meine Flöte mitbringen sollen, um vorzuspielen? 

Meine Überlegungen wurden jäh unterbrochen, als meine Bekannte mich fragte, ob ich Schlüssel für zu Hause mitgenommen hätte. Daran hatte ich in der Tat nicht gedacht, weil meine Schwester daheim geblieben war. Aber nun eilte ich zurück. Zum Glück war die Schwester nicht weggegangen. Als sie mich einließ, bemerkte ich, dass das Kind und seine Betreuerin mir gefolgt waren. In unseren Kinderzimmern lag das Spielzeug auf dem Boden herum und die Kleine begann sofort, sich darüber herzumachen. Meine Schwester aber wollte jetzt mit mir zusammen Brot frühstücken, was ich wegen der Essenseinladung ablehnte. Ich bot ihr aber an, mich zu begleiten. Sie ginge nur mit, wenn es Pilze zum Mittagessen gäbe, forderte sie. Ich fand, dass wir aus Höflichkeit keine solchen Ansprüche stellen sollten. 

Die Kinderfrau ihrerseits machte keinerlei Anstalten, unser Haus wieder zu verlassen. Offensichtlich genoss sie es, dass ihr Schützling vorläufig beschäftigt war. 

Durch das Verhalten dieser Personen fühlte ich mich daran gehindert, der Einladung auf angemessene Weise zu entsprechen. Hätte ich wohl das Kind und seine Betreuerin rauswerfen und meiner Schwester gehörig Bescheid stoßen sollen?



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