et cetera, pp

Text zum Thema Wege

von  Elén

Illustration zum Text
(..)
(von Elén)
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Mit klirrender Frisur geht eine Frau über die Straße. Ihre Hände stecken in warmen Fäustlingen, ihr Kopf steckt unter einer Mütze und sie selbst hat sich wahrscheinlich bei Toni angesteckt und muss nun schon wieder stehen bleiben um sich die Nase zu schnäuzen. Mitten auf der Straße? Nein, sie hat ja bereits das Trottoir erreicht und kann sich ihren Atemwegen hinwenden, die kennt sie schließlich, da kennt sie sich aus! wo die Stadt so verwirrend ist und ganz anders, im bauschigen Schnee, der wohl gar nicht mehr aufhören will aus dem Himmel zu stürzen um den Dingen auf den Grund zu gehen. Wie wild gewordene Reisebustouristen, brachte mal einer, dessen Namen ich vergessen habe, den Vergleich. Wie sich die Natur wieder einmal ausdrückt, Jesus! Herta nimmt ihre Tasche, ihre Füße sind schon ganz nass, das Herz, es ist schließlich auch nicht mehr das jüngste, poltert ungelenk gegen den Filzmantel und, weil sie sich nun wirklich nicht mehr auskennt, will sie einen Polizisten fragen. Wohin.

Der untersetzte Herr Polizist mit dem apokalyptisch ovalen Gesicht, der seine Stadt kennt wie seine eigene Manteltasche, bleibt stehen. Sein Kollege bleibt auch stehen in seinen gefütterten Schuhen und horcht ein bisschen dahin, ein bisschen dorthin und macht eine Miene zum verstopften Verkehr, während er einen Topfenstrudel in seinen Mund schiebt, den er gerade ofenfrisch gekauft hat, den Strudel, den Mund nicht, den Mund gibt’s geschenkt, leider. Das ist Qualität, denkt er beherzt und schluckt sich das Gebäck in die Figur. Nun hat er sich den Staubzucker auf die Uniform gebröselt, na geh. Herta sucht die Hirschgasse, in die auch die Papierhandlung sich eingemietet hat, gewiss! Na, das ist ja schon mal was. Der Herr Beamte kräuselt die Stirn und, man kann es sehen, er stutzt seine Gedanken zurecht, sodass am Ende nur die Hirschgasse übrig bleiben kann. Ein Profi, das muss man ihm schon zugestehen. So. Er räuspert sich, na bitte sehr. Sein Funkgerät, das ihm einer an die ausgestopfte Lende gepickt hat, knistert und spuckt, während der Herr Kollege derweilen ein Schaufenster entdeckt hat, das leer steht, nein, nicht ganz, in der Mitte das Fensters hockt ein junges Häschen, das man aus dem Wald ausgesperrt hat und in der Umrahmung geometrischer Hochkultur zerschnipselt sie ein Blatt Papier mit einer Schere und mit flinken Fingen. Die Latschen sind in Wien und die Föhren in Tirol. Das war schon immer so und wird auch so bleiben. Zumindest so lang, solange der Berg nicht mit seiner Natur, die manchmal so zügellos und ungemäß ist, wieder einmal zornig wird unter einer dieser Dauerregenperioden und, affektiert alles hinunter wirft auf Häuser und Straßen und die ganze schöne Kultur mit Dreck verschmiert, sodass keiner sich mehr auskennt, weder die Feuerwehr noch das Bundesheer, was zu hoch ist, ist zu hoch. Wir sind einfache Menschen. Sauerei. Nun hat der Kollege des Kollegen aber endgültig genug von der verschnupften Herta und er will, wie sein Kollege, lieber dem Papier zusehen und sich wegträumen. Er packt die Frau Herta an den Schultern, angemessen behutsam natürlich, dreht sie zweimal um die eigene Achse, zückt seinen Zeigefinger und sagt: da! Danke.

Herta nimmt ihre Papiertasche erneut auf, die nicht leichter wird, aber schwerer auch nicht und stapft mutig wie ein Bundeskanzler die Wienzeile hinunter. Na, ein bisschen komisch kommt ihr das schon vor, da ist ja schon die Donau zu sehen und, so sie sich gut aber nicht gern erinnert, schwimmt an ihrem Haus kein Gewässer vorbei, bestimmt nicht. Hm. Sie zuckelt, bleibt stehen und guckt in den Himmel, der zwar ein Künstler ist aber ansonsten auch nicht viel zu sagen hat, was das Beispiel zur Orientierung betrifft. Sie blickt an der Stadt hoch und an den Fassaden und an dem vielen hinaus geschmissenen Geld, das hier die Regierung in Architektur investiert hat, sie streift ein paar Fenster, die ihr alsbald unbekannt vorkommen, sie klopft sich den Schnee vom Mäntelchen und weil Verzweifeln auch nichts hilft, geht sie noch einmal über eine salzige, matschige Straße mit ihren kalten Füssen und kauft sich eine Handvoll heiße Maroni an einem heruntergekommenen Kiosk, den sie glaubt, zumindest schon mal irgendwo gesehen zu haben, vielleicht im Fernsehen. Sie schnipst den Tauben eine Schindel oder eine Schale aufs Pflaster und lacht selbstvergessen aus der Mütze heraus. Jeder hat schließlich ein Recht auf Wärme und Geborgenheit, nicht wahr. Wer weg ist, ist weg. Ein für alle mal. Da geht sogar in der Frisur jäh noch einmal ein Sommer auf wie ein irres Glück, um mit Licht und Reklame durchs Haar zu stöbern

undsoweiter -

Tut mir leid. Ich würde es Ihnen sagen wenn ich könnte.



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Kommentare zu diesem Text

Balu (57)
(19.08.07)
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 Elén meinte dazu am 05.10.07:
achach :) danke.

liebe Grüsse,
Andrea
minze (21)
(19.08.07)
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 erdbeermund (16.10.07)
Lese es zum dritten Mal, gefällt mir immer noch sehr gut.

LG
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