Enthusiasmus im Eierland

Märchen zum Thema Lebensbetrachtung

von  souldeep

Illustration zum Text
Zweenys EiLysium
(von souldeep)
.

Mit innerem Reichtum angefüllt, wie noch nie zuvor in seinem Leben,
schritt Zweeny kraftvoll aus in Richtung Wahlheimat.
Seine Veränderungen waren mittlerweile auch von außen sichtbar.

Der Eierkönig hingegen fühlte sich von Tag zu Tag elender – er konnte
nicht begreifen, wie sein unmittelbar entbundener Traum mit einem
Schlag zunichte gemacht worden war. Er fühlte sich hilflos und vom
Schicksal schlecht behandelt.
Das Noble in ihm bewahrte ihn schlussendlich vor einer existentiellen
Krankheit; er riss sich vermehrt zusammen, indem er sich die Ansprüche
seiner Untertanen an ihren Regenten und seine Unentbehrlichkeit
täglich vor Augen hielt.
Über ein Jahr war nun vergangen, seit er Zweeny zum ersten Mal
getroffen hatte. Ach, wie die Zeit verrann!

Hassel war unterdessen zunehmend stiller geworden. Im Umgang
mit seinen Soldaten gab er sich weniger herrisch, selbst wenn er die
Strenge eines Kommandanten beibehalten hatte.
Dottertechnisch fühlte er sich überwiegend einsam und blassgelb - seit der
König ihn nicht mehr ins Vertrauen zog, wenn es um strategische
Angelegenheiten im Eierland ging, erst recht.

Für Frida indessen war die Wartezeit nun doch etwas sehr lang.
Deshalb suchte sie sich hier und dort neue Aufgaben, welche ihre
gesamte Aufmerksamkeit beanspruchten.
Vom Froschklan wurde sie zur Jugendchorleiterin ernannt und übte
mit den Jungfröschen einmal täglich Lied um Lied – mit der Idee, zum
Frühlingsbeginn dann ein großes Konzert am Teich zum Besten zu geben.
Ihr Herz schlug zwar für die Musik und sie machte ihren Job wirklich gut –
jedoch in den Abendstunden, wenn die Sonne untergegangen war
und sie keinen Schlaf fand, legte sie manchmal ihren Kopf ins kleine
flauschige Bettchen, welches sie für ihren Geliebten Zweeny täglich frisch
herrichtete. Dann träumte sie mit offenen Augen in den Sternenhimmel und
weinte manch bittere Träne brennender Sehnsucht.

Ike von Ei hatte sich mit dem Dal Ei Lama geeinigt, dass er für alle verlorenen
Eier zum Sonderbeauftragten würde. So gründeten sie bald eine Institution,
wo alle ziellosen Eier sich einfinden konnten, um sich kulturelle,
sozial-emotionale und geistige Fertigkeiten anzueignen.
Ike war der Ritter der guten Nachrichten und oftmals der Retter in Not.
Seinen Dienst übte er mit Leib, Verstand und Dotter aus, was bei den Eiern
allgemein äußerst gut ankam.

Als Zweeny am Abend vor Ostern im Königreich seines Lieblingsherrschers
ankam, eilten bereits ein paar Grenzposten zur Majestät und überbrachten
die Kunde, dass ein eher ungewöhnlicher Pilgerer im Anmarsch sei.
Endlich geschah wieder etwas Außergewöhnliches im Lande! Der gesamte
Hofstaat begab sich in den Schlosspark, wo sich ihren Augen ein nie
gesehenes Spektakel offenbarte:

Die halbwüchsigen Frösche hatten sich in Gruppen auf den Seerosenblättern
drapiert, alle mit einem Gänseblümchenkranz um den Hals und sangen aus
voller Kehle und mit ganzer Inbrunst, sodass es weit über den Park hinaus
hörbar war. Das war die Hauptprobe für das morgige Osterfest; es sollte
eine Mitternachtsdarbietung im Angesicht des Vollmondes werden.
Das Bemerkenswerteste aber war, dass der Fremde sich vom Tor her
näherte und die Dirigentin des Chors sich plötzlich umdrehte, einen Schrei
von sich gab und ihre Schüler alleine weiter quaken ließ. Sie sprang in
Riesensätzen auf den Reisenden zu, welcher stehen geblieben war und
sie mit ausgebreiteten Armen  empfang. Er war kein kleines Ei mehr –
vor allem seine Ausstrahlung gab ihm eine gewichtige Note, doch Frida
hatte ihren Liebsten sofort erkannt. Die beiden umarmten sich lange und
innig und tanzten immer wieder im Kreis, während sie sich mit Freudelauten
und herzerweichenden Blicken bedachten.

Am folgenden Tag wurden die Vorbereitungen für die Jahrtausendfeier
vorangetrieben – ein jeder half mit. Zweeny und Frida tauschten das Jawort
und eine Woche lang schwelgte das Eierland in einem rauschenden Fest.
Der König, außer sich vor Freude und Glück, behielt bis Schlag Mitternacht
am ersten Abend seine Überraschung für sich: Er krönte Zweeny zu seinem
Prinzen und leiblichen Erben!
Für diesen begann die beste Zeit seines Lebens; er war eine wichtige
Persönlichkeit für alle, auch für die ganz einfachen Eier im Land. Denn er
hielt immer am selben Tag am Teich ein Treffen ab, zu welchem jeder
willkommen war. Dort verkündete er seine Erkenntnisse, die er im
Laufe seiner Pilgerreise gewonnen hatte.
Miteinander wurde dann ausgiebig diskutiert und philosophiert.

Selbst der König nahm oft an diesen Treffen teil – und nicht selten saßen
sie in kleinen Gruppen bis tief in die Dämmerung, während Frida manchmal
dazu ein Nachtständchen im Mondenschein zum Besten gab.

Eines wurde allen klar:
Ein verlorenes Ei war nicht von Haus aus verloren, sondern lediglich ungenau
in der Zugehörigkeit und mindestens so viel wert, wie jedes andere Ei;
es kam auf das Dotter an!
Und das ließ sich ja im Laufe eines Lebens vielerlei wandeln. Manch ein Ei
wurde während seines Daseins am Ende mit einem goldenen Dotter gesegnet –
und das wurde durch eine leuchtende Aura von außen wahrnehmbar.
In diesem Sinne wurde zu jener Zeit der Begriff „Enthusiastische Eier“
als gänzlich neue Sorte erfasst: Die gotterfüllten Eier, jene mit der wertvollen
Seele, welche in harten Schalen beschützt wurden.
Bis heute kennt man dieses sinnvolle Bild…


.


Anmerkung von souldeep:

.

Hier bedanke ich mich mit ganzem Dotter
für die treuen LeserInnen, die sich dem
eierigen Vergnügen über all die Kapitel
hingegeben haben und wünsche einfach
FROHE OSTERN und buntes Erneuern
allerseits.
:)

.

Und hier geht es zur vorherigen Episode:
 Ende gut Eier gut (GillSans)
Und hier zum Anfang der Geschichte:
 Der Eierkönig

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Kommentare zu diesem Text

Balu (57)
(22.03.08)
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 souldeep meinte dazu am 23.03.08:
oh, gebeutelter bär - das wollt ich nicht, dass ihr euch
quält wegen einiger zeilen aus dem eierlande...

:)))
balu, das war wieder so ein hammer-kommentar, dass
ich am besten aufs maul sitze und das geniesse, was
du hier zurückgefüttert hast. ich hab herzlich laut gelacht
beim ersten lesen - auch dafür dank ich dir!

pssst...das andere bild ist noch geheim - es wird dann im
büchlein veröffentlicht.
:)))

ostereiergrüsse dir,
kirsten voller dank
myrddin (47)
(23.03.08)
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 souldeep antwortete darauf am 24.03.08:
ach, Ralph, eigentlich ist es schade, dass es vorbei
ist...
aber es war so ein spass und eine echte herausforderung.
das kann ich sicher auch im namen von Gill sagen.

hab dank für dein begleiten und das zurückdenken, ich
freu mich wirklich sehr!
von herzen
dottergelbe grüsse zurück
Kirsten

 GillSans (26.03.08)
Liebe Kirsten,
leider bin ich nicht eher dazu gekommen hier zu kommentieren:
was ein wunderbares Eierende, das du da gezaubert hast.
Es hat wahnsinnig Spaß gemacht so rumzueiern ))))
Liebe Eiergrüße, Ines

 souldeep schrieb daraufhin am 26.03.08:
da mag ich dir ein bisschen eierige langsamkeit
wünschen, meine liebe, damit das leben wieder
jenen schritt bekommt, wo du dich umsehen
kannst und dich freuen!

danke für dein teilen und ganz dotterige grüsse,
Kirsten
:)))
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