Einbahnstraße

Text

von  ZornDerFinsternis

Das Blau des Himmels, blass und kalt. Kälter, als Mona Lisas Lächeln. Winter frisst sich den Weg direkt in mein Herz, und ich frage mich, wozu ich am Leben bleiben sollte. Habe ich doch nie etwas erreicht. Keine Liebe gefunden, die ich zu halten, verdient hätte. Das Gefühl, am Leben zu sein, habe ich schon lange nicht mehr. Zweifel, Ängste, Vorwürfe – mehr bleibt hier nicht. Zeit und Elend laufen endlos. Nur das Leben, nimmt ein Ende. Nur die kalte Nacht, ist hier, in meiner Welt, beständig. Dein Lachen verirrt sich nicht mehr zu mir. In dieses tiefe Loch, irgendwo hier draußen, in Einsamkeit und Kälte. Atmen ist sinnlos. Jeder Schritt auf etwas zu – 100m davon weg. Jeder Schnitt, eine kleine Befreiung aus Alltagsängsten, Stress und dem Scherbenhaufen meiner Kindheit. Jedes Wort von dir, keines davon, hatte etwas mit Liebe zu tun. Deine strenge Hand, dein bitterkaltes Lachen – ein Alptraum, der mich noch heute einschließt. Stehe an der Einbahnstraße des Lebens. Erfolg oder Niederlage. Scheinbar hat das Schicksal für mich, Zweiteren auserkoren. Wünsche und Träume, habe ich mit 12 aufgegeben. Habe immer schon gewusst, dass ich es zu nichts bringen werde. Die Bestätigung habe ich: rot auf weiß. Schnitte und Narben – endlos viele. Und doch nicht genug. Wenn ich auf meinen Lebensweg herabschaue, bleibt nichts als Verachtung, Hass und Ekel. Kein weiteres Gefühl; kein anderes Empfinden, kann ich an mich vergeuden. Ich weiß, dass ich wiederwertig, bedeutungslos und nichtsnutzig bin – kein Wunder, dass ich nicht deine Tochter bin, und war.  Keine Frage, dass man mich hassen muss – ich habe das verstanden, wann wird es die ganze Welt verstanden haben? Neben mir läuft die Zeit, tickt und rennt – gnadenlos. An mir läuft das Leben vorbei, wie ein Eilzug, und es kümmert mich nicht. Es kümmert mich nicht, dass ich am Bahnsteig stehen bleibe. Mit meinen Ängsten, Sorgen und Schmerzen. Ich habe auch auf jemand anderen gesetzt – ich halte genauso, wenn nicht noch weniger, von mir, als du es tust. Was am Leben so schön sein soll, frage ich dich – aber am meisten, richte ich diese Frage, an mich. Wie soll ich lachen, wenn alles nur zum verzweifeln ist? Wer holt mich hier raus, aus diesem Gedankenirrenhaus, aus dieser lebenslänglichen Strafe „Leben“? Wer bringt mich „nach Hause“; schenkt mir das Gefühl, dass ich etwas; jemand bin, außer dem, was alle Welt sieht; was ihr aus mir gemacht habt? Wie kann man jemanden „mögen“, „lieb haben“, „lieben“, der sich selbst am meisten verabscheut? Wird es jemals so ein Wesen; so einen Menschen geben, der sieht, was hinter mir liegt? Der mich Lächeln sieht, auch, wenn ich dann schon Vergangenheit sein werde? Meine Welt liegt in Trümmern, Blut und Geschrei. Jeden Tag bewegen mich dieselben Bilder. In jeder Nacht begegnen mir eure Gesichter. Das kaputtgefetzte, dunkelblaue Auto. Eure weitaufgerissenen Augen. Und es bleibt nichts Schönes mehr. Keine Freude in euren Augen – nur die Angst. Die Kälte, die euch zugedeckt hat. Kein Atmen, und auch kein Lachen mehr – eisige Stille. Nur ein Foto bleibt. Eine alte, graue Eintrittskarte. Nur die Erinnerung malt blass unsere Geschichte, auf die leere Leinwand – und keine Farbe erstrahlt. Kein Lächeln zeichnet mich. Da sind nur diese Schmerzen. Diese Angst. Die Schuld – mehr nicht. Zwei Leben – ausgelöscht. Zwei Engel, zu „Gott“ zurückberufen. Ein kleiner Grabstein. Dafür, eine viel gewaltigere, größere Lücke, die zwischen uns klafft. Die mein Herz zerreißt, und den Himmel nur noch weinen lässt. Dein Geburtstag rückt näher. 23, kein Alter, um zu sterben – 20, ebenso wenig. Ihr seid weg, und ich komme mir noch immer hilflos vor. Noch immer einsam. Kalt. Verloren. Es wird nicht aufhören, das weiß ich. Egal, wie oft man es dreht und wendet, am Ende kann man nichts ändern. Nichts mehr tun. Nichts mehr erreichen. Ich habe euch geliebt. Und jeder Tag ohne euch – ein Alptraum, ein gottverdammter Alptraum. Genau wie der Tag, an dem das passiert ist. Kann mich nicht mehr erinnern welcher Tag der Schlimmste war. Der, an dem man mir sagte, dass ihr nie mehr wieder kommt? Oder der darauf folgende, an dem ich endgültig, alles, verlor. Mein Lachen für immer begraben, meine Hoffnung in den Selbstmord getrieben, und meine Augen in Leere versanken? Ich hasse dich. Abgrundtief. Was du getan hast, das hast du bis heute nicht begriffen. Hast nie verstanden, dass du mir damit wehtust. Dein hämisches Grinsen und dein verfluchtes „Ich liebe dich“. Deine rauen Hände packen mich. Grob wirfst du mich aufs Bett. Ich weine – und du siehst es nicht. Ich will gehen – und du lässt mich nicht. Ich weine. Zwingst mir deine bitteren Küsse auf, drückst mich fest auf das harte Bett. Starrst mich unmenschlich an – von „Liebe“ keine Spur. Von „Gewissen“ und „Gefühl“, auch nicht. Meine Hände hältst du fest umklammert. Schweigend flehe ich dich an. Weine. Erwider keinen deiner Küsse. Zornig gräbt sich dein Blick in die Leere meiner Augen. „Lass mich…bitte.“, für mehr reicht meine Kraft, und meine Stimme, nicht. Du lachst. Versuche zu schreien, aber kein Laut bricht hervor. Fange an zu zittern – mir ist kalt. Das schwarze T-Shirt, liegt irgendwo zwischen Kippenschachteln, Staub und CDs auf dem Zimmerboden. Du schreist mich an. Schreist und brüllst – und nichts davon, kommt bei mir an. Das kränkliche Weiß der Wände, bohrt sich in das blasse Blau meiner Augen. Habe aufgegeben. Aufgehört mich zu wehren. Liegst auf mir. Küsst mich. Überall. Deine Hände sind grob und eisig. Hass spielt mit Verlogenheit, in deinen großen, braunen Augen. Ich will etwas rufen. Aber kann nicht. Eine Hand auf meinem Mund, die andere, irgendwo weiter weg. Du atmest schnell. Ich könnte kotzen, wenn dein Schweiß auf meine Haut perlt. Dein Geruch in meine Nase zieht. Zwischendrin keuchst du ein verlogenes „Ich liebe dich.“. Und ich weine immer noch. Irgendwann; nach einer gefühlten Ewigkeit, ist es dir egal. Zu langweilig. Springst auf. Packst meinen Kopf. Zerrst mich an den Haaren vom Bett. Finde mich am kalten Zimmerboden wieder. Wage keinen Blick in deine Augen. Der Fußboden verschmilzt mit der Leere meiner Augen. Das Herz in mir, ich glaube, es schlägt nicht mehr. Ich weine. Schmeißt mir meine Sachen hin, als wäre ich der letzte Dreck. Ich schweige, versuche mich wieder zu finden – weiß nicht mehr, wo ich mich verlor, und wann ich mich je wiederfinden würde. Deine Hand landet in meinem Gesicht. Schmerz empfinde ich nicht. Keine Gefühle regen sich. Nur leises Weinen. Greifst nach meinem Kopf, zerrst ihn hoch – muss dir in die Augen sehen. „Schlampe“. „Miststück“. „Ich will dich nie wieder sehen“. Mehr hast du nicht zu sagen. Im Reden warst du nie sonderlich gut. Drückst mich mit dem Gesicht dicht an die Scherben einer leeren Whisky-Flasche. Ich atme nicht mehr. Weine nicht mehr. Alles ist egal. Das Leben liegt weit hinter mir – ich bin schon längst gestorben. Du schreist. Tritte ins Gesicht. Ich weiß nicht, wie viele. Es ist auch egal. Was noch kam – ich erinnere mich nicht mehr. Weiß nur, dass ich dich nicht mehr lieben kann. Kein Vertrauen mehr in die Welt; das Leben; die Menschen, habe. Schließe alle Gefühle weg. Wenn ich mich an den schönsten Tag, in diesen 18 Jahren, erinnern soll, dann ist es mit voller Gewissheit, der, an dem ich mit 13 zum ersten Mal versucht habe, all diesem Elend ein Ende zu setzen. Sterben – mehr wünsche ich mir nicht mehr. Lachen – mehr hatte ich nie gewollt. Bis zu dieser Woche, im Frühjahr, vor zwei Jahren. Nur Hass und Angst sind geblieben. Hass, der nur mir gilt. Angst, weiter zu versagen – noch mehr Elend und Schmerzen zu erblicken. Das Messer, heilt meine Wunden nicht mehr. Kein Blutstropfen, kann mich mehr wärmen. Selbst mir Schmerz zuzufügen, um das alles zu vergessen, ist sinnlos. Ich kann nicht mehr. Jeden Tag, die gleichen Bilder. Ein Gruselkabinett, genau in meinen Gedanken. Ob sich jemand für dies „interessiert“, weiß ich nicht – und es kümmert mich auch nicht mehr. Das alles, das ist kein lebenswertes Leben mehr. Komme mir vor, wie lebendig begraben. Wie von der Vergangenheit versklavt und gefoltert. Ich kann nicht mehr. Nicht mehr weiter. Nicht mehr zurück. Die Narben; die Erinnerung – für immer in mein Herz; meine Gedanken gefetzt. Ich steige aus. Halte die Welt an, um auszusteigen. Vielleicht, wird es dort, besser sein. Nicht so kalt, grausam, einsam und verlogen. Hier werde ich nichts vermissen – meine Zeit ist um. Mein Spiel gespielt – und – verloren. Ich hoffe nicht, dass ich dich wiedersehen werde…

XYZ

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Kommentare zu diesem Text

Asvika (23)
(25.09.09)
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