Wie kocht man sich ein Leben? [Depression und schale Erfolgsrezepte]

Text zum Thema Alles und Nichts...

von  ZornDerFinsternis

Es kocht. Brodelt. Der beißende Gestank von Nikotin und Whisky.Einsamkeit.
Nahe dem seelischen Gefrierpunkt. Niemandsland. Apokalyptische Szenarien von Hoffnungslosigkeit, die sich mit der Klinge von deinen Knochen schälen lassen.

Augenblicke.
Schwarz in Schwarz. Den Nebel der Verdammnis, habe ich mir selbst auferlegt. Trage ihn in blässlichen Fetzen. Blut getränkt.
Atme die Verzweiflung. Krebserregend. Betäubend.

Wohltuend zieht sich Taubheit durch meine Lungen. Zugegeben, schmecken Zigaretten schon lange scheisse. Aber das Versprechen. Wie immer. Das Einzige. "Rauchen ist tödlich."
Ich verlass’ mich drauf...
Bei dem Gedanken frisst sich ein kleines Lächeln auf meine Lippen.

Alles. Nichts. Eben das, was du brauchst. Suchen. Finden. Ebay-Kleinanzeigen für Flüchtlingsherzen.
Von gestern bis heute... ein ausgedehnter Prozess des Sterbens. Heimatlos, im Spiegelbild.
Dunkelheit schmiegt sich verächtlich an meine Knochen.
Whisky begräbt dich. Erinnerungen.
Worte. Zerfetzen. Unausgesprochen...oder nicht.

Ich rühre um. Verachtung. Hass. Selbstmitleid und Kotze.
Ein Erfolgsrezept. Vermutlich.
Du kennst das?
Entrückt. Verrückt. Bedrückt.
Epochales Trümmerwerk. Rettung für alle.
Seelisches Totalversagen.

Die Flamme ist kümmerlich erloschen. Deine.
Meine nicht. Oder doch?
Hängt da nichts mehr an diesem wertlosen Muskel in meiner Brust? Nichts, außer Tränen und (m)ein Leben?

Wertlosigkeit. Ein schales Gewürz.
Bringt den Schmerz zum überkochen.
Lähmt die Gedanken. Verschmutzt die sterbliche Hülle.
Verdirbt. Geist. Erinnerungen... "Leben".
Brennt sich in das Kochfeld ein.
Verbranntes Fleisch. Mit punktförmigen Narben übersät.
...ich bin mein eigenes Firmament.
Mein Nordstern.
Mein Niedergang...
Aufmarschieren. Still stehen.
Stilles Schweigen.

Draußen tanzen Lichter. Zwischen Regentropfen und Ausweglosgkeit.
Ein nahezu elegantes Schauspiel.
Von hier betrachtet, sieht es ganz nett aus. Wie solche Abende nunmal sind.
Sich selbst zerstörend. Am Abgrund einer alten Welt.
DrahtseilBallarina. Mit Stacheldraht in den Herzkranzgefäßen. Unruhiger Puls.
Nichts unversucht lassen.
Letzte Hilfe leisten.
Würdevolles Sterben?

Geschmacklich liege ich immer daneben.
Ob sich das ändert? Diese Frage werde ich mir nicht mehr stellen.

Die nächste Kippe im Mund. Abscheu und Sodbrennen geben sich die Hand.
Ich kann niemandem das Wasser reichen, um den salzigen Geschmack des Lebens auszurotten.
Der Kelch zieht vorrüber.
Erinnerungsschwanger. Mit Whisky und Pillen beladen.
Deine Worte fressen sich in jede Windung meines Hirns vor.

"Zu viele Köche... "
Ach, ...ihr kennt die Scheisse ja.
Verderben.
Das ist der Zeitpunkt, wenn die Gleichung minus null ist. Eigentlich nicht möglich.
Du siehst... noch immer nicht.
Ein.
Schön aus.
Zukunftssphären.

Ich drehe die Herdplatte zurück.
Mit zittriger Hand.
Die Flasche direkt im Anschlag.
Gegenwehr.

Ich will nicht...
Straucheln.
Halt mich...
Wenn du gehst.
Ich will nicht...
Lachen.
Wenn du gehst..
Nimm’ mich.
Nimm’ mich mit.
"Egal, wo auch immer das ist.", sagt sich die Stimme in meinem Kopf bei einer Nase voll Koks.

Das Leben ebbt ab.
Dieser Topf ist halb leer. Wie Whiskyflaschen. Herzen und glückliche Momente.
Wie Leben nunmal so ist, wenn man nicht kochen kann.
Man brennt für etwas. Jemanden.
Schwimmt mit Abscheu durch Gedankeneintöpfe und Erinnerungsgulasch.
Die Liebe gart in Jahren vor sich hin. Verdirbt.
Verliert den Geschmack.

Wie ich...
Geschmackloses Fleisch.
Filetiere meine Träume. Decke meine Schmerzen mit bunter Farbe ab.
Schmerz ist wie Öl. Vermischt sich nicht mit Wasser.
Läuft schmierig an deiner Klinge entlang.

Rot.

Ich könnte heulen... aber ich habe keine Zwiebeln mehr. Meine Seele ist leer. Ausgebrannt. Ausgelebt.

Die Geheimzutat für ein akzeptables Leben. Die warst du.
Nicht süß. Nicht salzig.
Ein wenig herb. Mit diesem Lächeln, das man sich nicht aus den Knochen kochen kann.
Das man nicht vergisst.

...aber vermisst.

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Kommentare zu diesem Text

Lance (52)
(07.01.17)
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 AZU20 meinte dazu am 07.01.17:
Stimmt. Freut mich, wieder was von Dir zu lesen. LG

 ZornDerFinsternis antwortete darauf am 07.01.17:
Awwww... So viele, liebe Worte?
So ein liebes Willkommen... ach, je :)
Vielen, vielen Dank an euch :)
Absinth (62)
(07.01.17)
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 Dieter Wal schrieb daraufhin am 07.01.17:
Was konkret hat Rimbaud mit Dekadenz zu tun? In welchem Text beschrieb Baudelaire Probleme mit dem Selbstwertgefühl in Verbindung mit Drogen?
Absinth (62) äußerte darauf am 07.01.17:
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 Dieter Wal ergänzte dazu am 07.01.17:
Danke für eine interessante Antwort. Lebensüberdruss bei Rimbaud wahrzunehmen, fällt mir schwer. Daher glaube ich, zu verstehen, weshalb die Bezeichnung umstritten sein könnte.

https://de.wikipedia.org/wiki/Dekadenzdichtung

Zu Baudelaires Werk passt der Begriff Dekadenzdichtung durchaus.
Absinth (62) meinte dazu am 07.01.17:
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 Dieter Wal meinte dazu am 07.01.17:
Bitte die Autoren und Buchtitel. Ich sammle, was ich finden kann, von und über Rimbaud. Danke!
Absinth (62) meinte dazu am 07.01.17:
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 Dieter Wal meinte dazu am 07.01.17:
Danke.

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 07.01.17:
Ich danke dir ganz herzlich :)
Besonders für deine Zeilen, deine Mühe und für die tollen Empfehlungen, die sich aus eurer Diskussion ergeben haben :)

 Dieter Wal (07.01.17)
"Die Geheimzutat für ein akzeptables Leben. Die warst du.
Nicht süß. Nicht salzig.
Ein wenig herb. Mit diesem Lächeln, das man sich nicht aus den Knochen kochen kann.
Das man nicht vergisst.

...aber vermisst."

Morbidität als Stilmittel. So gesehen scheint eine getrennte moderne Variante Mary Shelleys am Werk, die noch keinen Frankenstein schrieb und keinen Tod Percy Bysshe Shelley beklagen muss. Sie scheint allerdings einen Menschen verloren zu haben, den sie liebte. Und darin liegt für eine aktuelle Trennung anfangs eher kein allzu großer Unterschied. Die emotionale Temperatur zwischen kurz vor 0 und 100 ° C: wie funktioniert das praktisch?

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 07.01.17:
Lieber Dieter :) .
ich danke auch besonders dir für deine Zeilen :)
Allerdings muss ich dich leider enttäuschen... wie das wirklich funktioniert, kann ich nicht sagen. Es scheint jedenfalls möglich zu sein, denn ich lebe ^^

 princess (03.03.17)
Liebe Anni,

zugegeben: Würde ich mir ein Leben nach Rezept bruzzeln wollen, so wäre ich eher skeptisch mit deinen Kochzutaten. Aber darum geht es ja gar nicht.

Dein konzentrierter Blick in Innenwelten lässt Bilder entstehen, so klar und deutlich, als hättest du sie extra für mich gemalt. Ich verschlinge Bild für Bild, Szene für Szene, neugierig und unaufhörlich gespannt auf das, was mich als nächstes erwarten wird. Hier lese ich sie wieder, die Meisterin der Grautöne im Regenbogen.

Liebe Grüße
Ira
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