Letzte Worte (auf der letzten Reise eines Niemands)

Text

von  ZornDerFinsternis

Vielleicht wird mich jemand von euch vermissen, ich weiß es nicht. Es ist mir über die Jahre egal geworden. So, wie alles egal geworden ist. Es gibt keinen Grund mehr hier zu bleiben. Für mich zumindest nicht. Sicherlich habt ihr Recht, ich rede nur von mir – ich weiß, ich bin ein scheiß Egoistenschwein. Aber das ist das Resultat dessen, was das Leben aus mir gemacht hat. Sofern ich das, aus meiner Betrachtung, überhaupt noch „Leben“ nennen kann und „will“. Es ist mir einfach egal. Wenn es ein Morgen gibt, dann ist es genauso ausweglos und beschissen, die das Gestern und Vorgestern davor. Einsam und eiskalt. Ob es überhaupt Sinn macht, dass ich hier noch schreibe, weiß ich nicht. Genauso, wie ich nichts weiß. Nichts mehr weiß. Außer dem Schmerz der letzten Jahre. Der Angst. Es ist mir egal. Ich weiß bloß, dass ich – ja, schon wieder ich – dieses „Leben“ nicht mehr „will“. Nicht mehr länger aushalte. Ich steige aus. Wohin diese letzte Irrfahrt mich führen wird, weiß ich nicht. Aber das macht auch nichts, schließlich habe ich nie etwas gewusst. Egal, ob ich allein sein muss – es kann nicht schlimmer sein, als hier. Ich ertrage das Gelächter in meinem Kopf nicht mehr. Die schlaflosen Nächte, und die wenigen, in denen ich ein paar Stunden Schlaf finde, um aus Alpträumen schreiend aufzuwachen. Ich kann mich nicht mehr ertragen. Kann dieses elende Stück Dreck, das mich aus dem Spiegel anstarrt nicht mehr sehen. Dieses aufgedunsene, hässliche Kind. Kann mich nur ertragen, wenn ich mir die Arme blutig schneide, Kippen an meinen Armen ausdrücke, Unmengen rauche, oder mich einfach ins Koma saufe. Was für ein „tolles“ Leben. Und trotzdem bleiben all diese beschissenen Bilder. All diese verletzenden Worte. Ich bin einfach nie jemand gewesen. Meine Umwelt würde mein „Fehlen“ eh nicht bemerken – ich bin ja nicht mal wirklich da. Es kommt mir so vor, als sei ich von einem anderen Planeten, und wäre hier nur fälschlicher Weise gelandet. Und mit jedem Tag, der vergeht, wird dieses Gefühl stärker. Ich habe ja versucht, was dagegen zu tun. Aber auch meine Kraft, ist irgendwann am Ende – aufgebraucht. Ich sehe ja selbst, dass es so nicht weitergehen kann. Aber die Hilfe, die ich gebraucht hätte, habe ich nicht erfahren. Ich habe sie gesucht, versucht etwas zu ändern – aber bin, zum wiederholten Male, gescheitert. Scheitern, das ist es wohl. Das ist meine Lebensbestimmung. Der Grund, warum ich geboren wurde. Nur, um zu versagen und an meiner eigenen Nutzlosigkeit zu Grunde zu gehen. Ja. Und genau das, hat das Leben; habe ich geschafft. Und, ich stehe nach 6 Jahren wieder an genau demselben Punkt, an dem ich damals stand. Es gibt für mich einfach keinen anderen Weg. Keine andere Lösung. Es muss endlich aufhören – ich kann nicht mehr. Ich weiß nicht, wie oft, und, ob ich es überhaupt gesagt habe. Aber macht auch nichts mehr – mein Entschluss steht. Ich kann und will nicht mehr. Wenn ich nach Weihnachten noch sein sollte, bete ich dafür, dass wenigstens mein exzessives Rauchen Folgen hat und ich endlich verrecken werde. Es gibt keinen Grund mehr, weiterzumachen. Alles was ich kann, ist fressen, kotzen und rauchen. Antidepressiva sind nutzloser Schwachsinn. Sie helfen kein bisschen. Seitdem ich sie nehme, habe ich eher das Gefühl, dass alles noch schlimmer ist. Meine Wahrnehmung ist noch ausgeprägter. Ebenso, wie dieses Gefühl nutzlos zu sein. Ungeliebt. Wertlos. Hässlich. Ich bin nichts mehr , weil ich niemals jemand war. Ich könnte alles schönreden und so weiter, aber das tue ich nicht, denn im Gegensatz zu manch anderen hier, bin ich ehrlich. Zumindest zu mir selbst. Was weiß ich schon, ob ihr mich als aufrichtig und fürsorglich gesehen habt – wahrscheinlich (eher) nicht. Egal. Ich weiß, ich wiederhole mich. Aber das, tut das Leben auch. Die Scheiße wiederholt sich. Lichtblicke gab es keine mehr, seitdem Oma starb und alle anderen, die mir wichtig waren. Ja, nur der Schmerz, der kommt immer wieder zu einem zurück. Aber die „Hoffnung“, die ist von Anfang an verreckt. Wahrscheinlich schon gleich, nachdem ich das „Licht“ dieser Welt erblickte. Kein Wunder, ich bin weder Mensch, noch Wesen – ich bin ein Monster. Ich werde euch, und mich, vor mir schützen. Wenn ich gehe, still und unbemerkt von hier verschwinde, wird es niemandem wehtun. Vielleicht doch, ein kleines bisschen. Aber, so leid es mir tut, ich kann einfach keine Rücksicht mehr nehmen. Habe immer, die 18 Jahre lang versucht, auf alles und jeden Rücksicht zu nehmen. Und was hatte ich davon? Mein Herz und meine „Seele“ wurden getreten. Gefoltert. Zerrissen. Ich denke, ich werde so besser dran sein. Der Tod muss schön sein, wenn alle fünf, dort oben sind. Es kann nicht grausam sein. Scheissegal, welchen Schmerz ich ertragen müsste, er kann einfach nicht so beschissen grausam sein, wie dieses Leben. Ich hasse mich. Und, denkt daran: Gefühle habe ich nicht verdient, nicht einmal Hass. Bewahrt eure Tränen für euch, sie sind viel zu kostbar, um auf meine leblose Hülle zu fallen. Vielleicht weint der Regen um mich – vielleicht tut er es auch nicht. Egal. Ich werde euch in dunklen, einsamen Stunden, vom Himmel her leuchten. Als kleiner, blasser Silberstern. Funkeln. Ja, funkeln…als würde ich endlich einmal wieder lachen können. Schuld? Die trage ich. Ich allein. Macht euch keine Gedanken – es wird alles gut werden (wenn ich nicht mehr bin).


Anmerkung von ZornDerFinsternis:

" Father, father, father, father
Father into your hands, I commend my spirit
Father into your hands
Why have you forsaken me
In your eyes forsaken me
In your thoughts forsaken me
In your heart forsaken me..."

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