Das erste ärztliche Gebot

Erörterung zum Thema Krankenhaus

von  loslosch

Primum non nocere (nach Renzo Tosi, Dizionario delle sentenze latine e greche, Mailand 1997, spätlateinischen Ursprungs, auf Hippokrates, 4./5. Jh. v. Chr., zurückgehend). Zuallererst keinen Schaden zufügen.

Wer wollte dem widersprechen. Und doch wird in der modernen Medizin beinahe stündlich gegen dieses Gebot verstoßen. Ein betagter, an chronischer Herzinsuffizienz leidender, inzwischen moribunder Patient wird aus dem vertrauten häuslichen Umfeld ins nächstgelegene Krankenhaus verbracht. Das berüchtigte Wundliegen, verursacht durch unterlassenes Wenden des Schwerkranken, ist der äußere Anlass für die Einweisung. Im Hospital "lebt" der Patient noch 36 Stunden.

Eine an Demenz leidende 90-Jährige kann sich nach einem Sturz im Pflegeheim nicht mehr aufrichten. Das nahe gelegene Krankenhaus, in gleicher Trägerschaft wie das Altersheim, veranlasst de arte medica eine Tomografie. Die verwirrte Patientin stirbt bei der ärztlichen Anweisung "bitte ausatmen; jetzt nicht mehr atmen".

Nur ein kleiner Ausriss. Medizinisches Fachpersonal vermöchte Litaneien zu schreiben.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(23.07.14)
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 loslosch meinte dazu am 23.07.14:
nicht sua sponte, aus eigenem antrieb, sondern auf "befehl". die dame hatte als 70-jährige berichtet, sie habe bei einer röntgenaufnahme nach luft gehechelt, weil die MTA das kommando "und jetzt weiteratmen" unterlassen habe. das thema ist hier ein anderes: die med. überversorgung!

bei primaten in tiefer trauer ist übrigens der tod durch atemstillstand sua sponte dokumentiert.

 TrekanBelluvitsh (23.07.14)
Solange Steuergelder z.B. zur Rettung von sogenannten 'systemrelevanter' Banken in Milliardenhöhe 'benötigt' wird? Solange Krankenhäuser privatisiert werden, weil die freie Wirtschaft ja alles sooooo viel besser kann? Nun, da bleiben Krankenhäuser und ihr Personal nun einmal auf der Strecke. Aber keine Sorge: Sollte die Kanzlerin einmal stationäre Betreuung benötigen, wird für sie alles getan werden. Im Grundgesetz steht ja auch nur: "Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich." Von dem medizinischen System ist da keine Rede...

 loslosch antwortete darauf am 23.07.14:
du hast das thema erweitert. ausgangspunkt ist die in meinen augen manchmal kontraproduktive med. hilfe.

 niemand schrieb daraufhin am 23.07.14:
@ Trekan
was Du schreibst unterzeichne ich gerne!
Im Zuge der Privatisierung und Ökonomisierung
begehen die Krankenhäuser aber auch oft eine Art Betrug
an den Krankenkassen, weil sie schwarze Zahlen schreiben müssen. Ich bin nach einem schweren Unfall, ein Jahr später zwecks operativen Entfernung eines langen Nagels im Bein zu einem Beratungsgespräch geladen worden.
Habe die Beratung dann ordnungsgemäß überstanden
und bekam dann einen baldigenTermin zur Operation, wartete am selbigen Tage sehr lange, was ja nicht schlimm war, fand ich, aber dass ich an dem Tage der Operation haargenau die gleiche Beratung, wirklich haargenau, mit gleicher Ärztin etc. nochmal mitmachen musste, war schon seltsam. Ein Schelm, der da nicht an eine Doppelabrechnung denkt. Und noch etwas, zum ersten Beratungstermin brachte ich vom behandelnden Arzt eine ambulante Einweisung, was ja nicht unlogisch ist, Beratung eben, aber man verlangte von mir eine stationäre Einweisung (zur Beratung=lachhaft) ansonsten müsste ich 300,- Euronen aus der eigenen Tasche berappen. Das ist doch ein Witz. Ich musste sie in der Tat nachreichen. Mit schmerzlichen Grüßen, Irene

 loslosch äußerte darauf am 23.07.14:
ist der tatbestand des betruges erfüllt?

denkste! vor gericht würde das krhs argumentieren, man habe auf nr. sicher gehen wollen.

ein arzt hat bei meiner 92-jährigen mutter binnen eines jahres 42 EKG gemacht - mit dem transportablen gerät im altenheim. würde die staatl. beihilfestelle ihn wegen betruges verklagen, würde er dartun, er habe eine lange statistische reihe für eine solide diagnose benötigt. (das wissen habe ich von einem beihilfesachbearbeiter.)
holzköpfchen (31)
(23.07.14)
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 loslosch ergänzte dazu am 23.07.14:
im falle des totkranken 86-jährigen mit einer langen anamnese (2 infarkte lange vorher) hatte der hausarzt wohl keine wahl, weil die betagte ehefrau keinen sterbenden zuhause erleben wollte.

im falle der 90-jährigen war osteoporose diagnostiziert. sie ist wohl auch unter schockzustand gestorben. die medizin wirkte hier als ungewollte sterbehilfe. erlösung von schwerer demenz.
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