"How was the Hippo?"

Groteske zum Thema Abenteuer

von  pentz

„Wussten Sie, dass Nilpferde mehr Menschen töteten als Löwen?“
Dabei war der Löwe bekanntlich das gefährlichste Tier auf Erden.
„Vorsicht vor Hippos des Nachts! Achten sie beim nächtlichen Toilettengang auf herumgrasende Nilpferde auf dem Zeltplatz!“ Mein Touristenbuch war sehr hilfreich.
Konnte ich nachts nicht aufstehen, um zu fäkalieren, würde ich das Zelt nass machen. Andererseits lief ich Gefahr, über so ein Monstertier zu stolpern. Jeder kennt die Bilder, wie weit sie ihre Mäuler aufreißen können. Zwar stand sein Pflanzenfressertum im Widerspruch dazu, wer weiß aber? Und versperrte man einem Nilpferd den Weg zum See, gerieten sie in Panik. Unter deren Bäuche mochte ich jedenfalls nicht geraten. Ich einen Stoß versetzt, flöge durch die Luft, um auf diesem harten, kantigen Boden hier zu zerschellen wie ein Ei und plattgetreten zu werden wie Pfannkuchen.
„Haben Sie ein Lampe?“
„Ja, habe ich. Eine Stirnlampe!“ Der diensthabende Offizier des Nationalparks rümpfte die Nase.
Ein erfahrender Safarireisender warnte mich dagegen. „Nur nicht die Hippos anleuchten!“
Dies entgegnete ich dem Einheimischen.
Dieser lachte hellauf und alle anderen um ihn stimmten ein Lied an, schien es mir: „Der Hippo kommt des Nachts!“„The Lion sleeps tonight!“/“Der Löwe schläft des Nachts!” Ich weiß nicht mehr, ob ich träumte oder wachte, jedenfalls musste ich im Zelt hier inmitten um mich äsender Flusspferd-Hypermonster schlafen.
Die Angst hatte mir jedoch nicht den Verstand geraubt.
Ich traf Vorbereitungen.
Zunächst erkundete ich die Verhaltensweisen des Flusspferdes, dieses Riesenungeheuers von einem lieblichen Tierchen. Das lustige Winken mit seinem Ohrwarscherl, desgleichen die schnaubenden Nüstern beim Auftauchen. Stundenlang saß ich auf der Bank am Ufer, Auge in Auge mit ihm. Selbst als er seinen bizarren Kampflaut ausstieß und lostrompetete, blieb ich cool. Nur einmal sprang ich auf und versteckte mich hinterm Baum, sah ich doch einen nackten Hintern mit langem Schwanz, der dem eines Löwen glich. Nur ein Warzenschwein.
Zweitens errichtete ich mein Zelt unmittelbar neben der Toilette, zwar mit einigen leicht vorstellbaren Nachteilen verbunden, aber Nummer eins war Sicherheit. Je kürzer der Weg bis zur Toilette, desto besser.
Völlig beruhigt war ich, als ich beim letzten Toilettengang auf einen Soldaten mit Maschinengewehr stieß. Ich freundete mich sofort mit ihm an. Er versicherte mir, auf mein Zelt ein besonderes Augen zu werfen. Beruhigt konnte ich mich niederlegen.
Am nächsten Morgen lebte ich noch. Tatsächlich, meine Glieder waren alle noch dran, keine Schürfwunden schmerzten, keine Beule verunzierte meinen Körper. Ich rieb mir die Stirn, um mich zu erinnern. Warst Du nicht nachts einmal auf der Toilette und doch ist Dir nichts passiert? Erstaunlich.
Ich kroch freudestrahlend aus meinem Zelt und daneben stand der Soldat und fragte schmunzelnd: „How was the Hippo?“/“Wie war der Hippo?“
„Well, ich habe überlegt. Und warum? Ha, weil ich den Hippo in die Flucht schlug!“
Der Soldat lachte. „Wie hast Du das geschafft?“
„Weißt Du mein Freund, ich ging aufs Klo. Ich rannte, weil ich Durchfall hatte. Vorher schon ließ ich die Hosen runter. Als ich mich auf die Schüssel setzen wollte, kam ich auf dem Rücken eines Hippos zu sitzen. Er wurde wild. Er lief rückwärts aus der Toilette, ich obenauf. Wie ein Pferd, ist ja auch ein Pferd, lenkte ich ihn dort- und hierhin, ohne verletzt zu werden. Es war wunderbar! Ich liebe Pferde!“
Einem Soldaten konnte man nichts vormachen. Er lachte herzlich.
Ich machte mich erst einmal frisch und sauber auf der nahen Toilette. Sowie ich aus dieser trat, stand der nächste Einheimische da, um sich seine ausgeliehene Matratze übergeben zu lassen.
„How was the Hippo?“
Seine blendend weißen Zähne funkelten im Morgenlicht wie Diamanten.
„Well, ich schlug ihn in die Flucht. Als er auf mich zurannte, da machte ich einen Satz in die Luft, drehte mich ein paar Mal um mich selbst und kam mit meinen Beinen auf seinem Hals hernieder und ritt mit ihm durch den Busch. Erst als er mir versprochen hatte, mich in Ruhe zu lassen, ließ ich ihn los.“
Auch er lachte.
Diesmal war ich vor anderen Biestern auf der Flucht. Ich musste von hier weg. Schleunigst.
Ich hatte zwanzig Kilometer bis zum Grenzzaun zu überwinden.
Der Torwärter zum Nationalpark rief mir nach: „How was the Hippo?“

copyright werner pentz

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(14.09.15)
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 Dieter_Rotmund (15.09.15)
Bin kein Alt-Grieche wie Graeculus, deshalb keine Verständnisprobleme diesbezüglich. Mich stören die Schlampigkeiten, z.B.

"mit einigen leicht vorstellbare Nachteilen verbunden"

und

"um sich seinen ausgeglichenen Schlafsack und Matratze übergeben zu lassen"

Ansonsten gerne gelesen! Eine Art afrikanischer Münchhausen.
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