Dazwischen

Gedicht

von  miljan

Nun zieht es mich aufs Neue in die Welt hinaus,
doch stehe ich in diesem Leben, dieser Stadt
und diesem Haus und all das fordert meine Treue,
weshalb es meinem Wunsch nicht stattgegeben hat.

So fließt die Zeit mir unablässig durch die Finger
und mit den Jahren werden meine Möglichkeiten
ganz anders als die Sehnsucht sie zu überschreiten
zu meinem Unbehagen Tag für Tag geringer.

Gern gäbe ich dem Leben eine neue Richtung,
doch fürchte ich andauernd, dass mir dies misslingt,
so stehe ich schon viel zu lange Zeit umringt
von Alltagsdingen und alltäglicher Verpflichtung.

Ich wäre nicht der erste, der aus guten Gründen
die großen Augenblicke mehrheitlich verpasst,
ich möchte nicht verbrennen, aber mich entzünden
und suche den mir grad noch möglichen Kontrast.

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Kommentare zu diesem Text


 idioma (11.11.17)
Wieder ein wunderschöner sehr anrührender Gegensatz
zu den vielen Spaßtexten auf KV. - - -

Ausnahmsweise hab ich 2 kleine Veränderungsvorschläge :

"Nun zieht es mich aufs Neue in die Welt hinaus,
doch stehe ich in diesem Leben, dieser Stadt, (hier Komma)
IN diesem Haus und all das fordert meine Treue,
weshalb es meinem Wunsch nicht stattgeben hat."

- das vermeidet das zweifache "und"
außerdem bezieht sich das "es" dann eindeutig auf "all dies"........

"So fließt die Zeit mir unablässlich durch die Finger
und mit den Jahren werden meine Möglichkeiten
IM GEGENSATZ ZUR Sehnsucht sie zu überschreiten
zu meinem Unbehagen Tag für Tag geringer."

- denn das ist ja nicht nur ganz anders, sondern ein echter Gegensatz, ein Dilemma..........

???
idi

 idioma meinte dazu am 11.11.17:
und ;
stattGEgeben.......

 miljan antwortete darauf am 11.11.17:
Vielen Dank für deinen Kommentar und deine Beschäftigung mit dem Gedicht! Beide Änderungsvorschläge würden das Gedicht nicht schlechter machen; allerdings werde ich dennoch bei meiner Version bleiben. Das doppelte "und" in Vers drei finde ich nicht schlimm, mehr noch: es verstärkt meines Erachtens die Aufzählung, jenes "all das", und verdeutlicht damit die Verstricktheit des LyrIchs. Aber das ist wohl eine persönliche Präferenz. Man könnte es aber genauso gut auch so machen wie von dir vorgeschlagen. Den Vorschlag mit dem Gegensatz finde ich sehr gut, auch seine Umsetzung würde dem Gedicht nichts nehmen und auch in diesem Fall scheint es mir eher eine Frage der persönlichen Präferenz zu sein, welche Variante einem mehr liegt. Ich finde den "Gegensatz", einfach vom Wort her, ausdrucksstärker als das "anders"; es ist schließlich ein, auch stark betontes, Substantiv. Gleichzeitig mag ich das, für mich subtilere und weichere, "anders". Den Fehler in Vers 4 habe ich eben korrigiert. Ich danke dir für deine Anmerkungen und Anregungen; dass ich einen Vorschlag nicht übernehme, heißt schließlich nicht, dass er mir nicht hilft, das, was ich da geschrieben habe, nochmal zu reflektieren. Wenn dir auch in Zukunft Änderungsideen zu Gedichten von mir einfallen, also nur immer raus damit.

Liebe Grüße,
miljan

 idioma schrieb daraufhin am 11.11.17:
Ja, "Gegensatz" wäre schon ein hartes Wort in diesem Gedicht !
Stattgegeben ,
idi
:-)

 GastIltis (11.11.17)
Da- heißt noch lange nicht inzwischen.
Der erste Schritt, kontrastreich oder nicht,
den musst du tun, verlier nicht dein Gesicht.
Die Treue kannst du anderen auftischen!

Es eilt! Die Zeit kennt kein Verweilen.
Das Sein erschöpft sich und Verschiednes mit.
Es gibt den Goldnen und manch andren Schnitt;
Doch nützt es nichts, sich fest zu keilen.

Es gibt das Dürfen, Können, Müssen, Sollen.
Du könntest hangeln, laufen, fahren, gehn.
Behaglichkeit, OK, sie mag bestehn.
Es sei, du gibst die Richtung vor im Wollen,

vielleicht versuchst du es in Intervallen,
mit kleinen Schritten, immer nach und nach.
Inzwischen hörst du auf dich selbst, wirst wach:
dein lodernd innres Feuer zeigst du allen!

Gruß Giltis.

Kommentar geändert am 11.11.2017 um 11:44 Uhr

 idioma äußerte darauf am 11.11.17:
voll Bewunderung
und voll Scham des Haarspalters zwischen wahren Dichtern
idi

 miljan ergänzte dazu am 11.11.17:
Scham ist nicht notwendig, idioma, und niemand lernt gut zu schreiben, wenn er nicht ein paar Haare spaltet; das Bedürfnis, etwas besser zu machen als es bis dato ist, ist ja Voraussetzung persönlicher und literarischer Entwicklung.
Ich freue mich, Giltis, dich offenbar zu einem eigenen und meines Erachtens gelungenen Gedicht inspiriert zu haben. Die Schwierigkeit, ein solches Gedicht zu schreiben, scheint mir darin zu bestehen, es nicht zu sehr nach Julia Engelmann klingen zu lassen. Es gibt genug Ratgeber- und Wohlfühlliteratur zum Glücklichsein, die sich dadurch hervortut, die realen Widersprüche kurzerhand in einem "alles ist möglich, wenn du es wirklich willst" oder einem "jeder ist seines Glückes Schmied" aufzulösen, wohl dem Leitspruch des Neoliberalismus. Ich glaube, man muss diese Widersprüche aushalten, muss die eigene Begrenztheit und die eigene Ohnmacht auszuhalten lernen, ohne sie deshalb zu affirmieren. Ich hoffe, mir ist dies in meinem Gedicht einigermaßen gelungen und danke dir noch einmal für die intensive, lyrische Beschäftigung mit meinem Text.

 GastIltis meinte dazu am 11.11.17:
Hallo miljan, was den ersten Absatz betrifft, stimme ich dir zu. Zu Julia Engelmann musste ich nachlesen. Bringt also nichts, mich dazu zu äußern. Dass mich deine Texte beschäftigen, ja. Liegt wohl daran, dass ich sie gut finde. Wahrscheinlich für meine Verhältnisse zu gut. LG von Giltis.

 EkkehartMittelberg (11.11.17)
"Nur die Lumpe sind bescheiden" (Goethe). Aber wenn man den Kontrast sucht, der einem gerade noch möglich ist, hat das nichts mit Bescheidenheit zu tun, sondern mit der Einsicht, dass es niemandem etwas bringt, wenn man verbrennt.
LG
Ekki
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