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Short Story zum Thema Kinder/ Kindheit

von  Terminator

Ein erfülltes Leben muss überhaupt nicht lang sein. Im Kindergarten, da war dieser Junge, wenige Monate vor der Einschulung. Er mied andere Kinder, spielte Spielfilme mit Schachfiguren oder baute Wolkenkratzer aus Bauklötzen, immer allein. Bis dieses Mädchen kam, ein Jahr jünger, vielleicht eineinhalb. Es war kein besonders schönes Mädchen, nur ein niedliches und sympathisches. Innerhalb weniger Tage stellte der Junge durch Beobachtung fest, womit die Kleine gern spielte, und immer wenn sie ankam, da lag ihr Spielzeug schon. Später setzte sie sich manchmal zu ihm, wenn sie ihre Ruhe von den anderen haben wollte, aber ansonsten war sie ein fröhliches und geselliges Kind. Sie sahen sich auch nicht oft, aber wenn, dann verstanden sie sich scheinbar telepathisch. Immer wenn der Junge etwas wertvolles zum Spielen fand oder etwas Süßes bekam, gab er es ihr, ohne nachzudenken, ohne etwas im Gegenzug zu erwarten. Und irgendwann war das Mädchen weg, die Familie in eine andere Stadt gezogen.

Der Junge veränderte sich insofern, als dass er noch mehr so wurde wie früher, wobei er sich im Gegensatz zu früher nur gegenüber diesem Mädchen überhaupt verändert hatte. Aber nun hörte er völlig auf zu spielen und sah stattdessen, wo er anderen helfen konnte, zum Beispiel dem Gärtner, bei dem er nicht bloß mithalf wie ein normales Kind, sondern richtig schuftete wie ein erwachsener Mann. Wenn er nun etwas Süßes bekam, schmiss er es einfach weg. Einmal fiel ein Dreijähriger in den Teich, und der Junge sprang hinein, obwohl er selbst nicht schwimmen konnte. Das Wasser war nicht tief und so zog er das Kind heraus, wonach er mit ihm redete, aber so als hätte der Altersunterschied nicht drei, sondern dreißig Jahre betragen. Als damals das Mädchen ohne Jacke ankam und später draußen spielen wollte, es aber regnete, lief er nach draußen und zog ihr seine Jacke über. Manchmal starrte er in der Garderobe diese Jacke minutenlang an. Er wurde noch schweigsamer als er ohnehin war, und fühlte sich einmal beim Kommentar einer älteren Erzieherin ertappt, die sich laut fragte, wozu ein so junger Bengel so viel gutes Karma sammeln wollte. Die Frage blieb ohne Antwort, denn anscheinend hatte er wenige Wochen vor seiner Einschulung schließlich genug gesammelt: er stieß mit ganzer Kraft den dicken Arsch einer Oma von der Straße, die dadurch gerettet wurde, während das Auto ihn mit voller Wucht erfasste. Sein Gehirn wurde über die Straße verteilt.

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (15.01.21)
Sehr gute Geschichte!

 Terminator meinte dazu am 15.01.21:
Meiner ENFP-Muse sei dank.
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