Glücklichenparadox gelöst

Interpretation zum Thema Leben/Tod

von  Terminator

Aus Beobachtung, Erzählung und Erfahrung weiß ich, dass glückliche Menschen sich weniger als unglückliche um ihr Leben sorgen, während unglückliche Menschen sich im Leben mehr Sorgen machen und auch mehr Angst vor dem Tod haben. Der, dem es gut geht, müsste doch das Leben mehr schätzen und den Tod mehr fürchten als jemand, der "eh nichts zu verlieren hat"? Doch dem ist nicht so. Das ist scheinbar ein Paradox.

Glück ist ein positives Gefühl. Es wird nicht als Abwesenheit von Unglück erlebt (wie Schopenhauer behauptet). Leben und Tod gehören zusammen, das Gegenteil beider ist das Nichts (Gumiljows weise Einsicht). Wer glücklich ist, dessen Glücksgefühl überträgt sich auch auf die Wahrnehmung der eigenen Sterblichkeit, und der Tod erscheint nicht mehr als Bedrohung des mit dem Leben verbundenen Glückszustandes. Der Glückliche nimmt das Leben wie es kommt, er ist ja zufrieden damit. Glücklichsein ist kein Abstraktum, das sich über eine bestimmte Jahreszahl an Lebenserwartung erstreckt, sondern etwas Konkretes, das im Jetzt erlebt wird. Daher gibt es bei glücklichen Menschen keinen Erlebnismaterialismus und auch keine Sorgen um die Zukunft. Ich bin jetzt glücklich; sterbe ich heute, so sterbe ich so glücklich, wie ich gerade bin.

Unglück ist ein negatives Gefühl. Es ist die leidvolle Abwesenheit von Glück, das man begehrt und sich vorstellt. Unglückliche haben die Sorge, das erhoffte Glück nie zu erleben und auch die Angst, dass ihr Leben endet, bevor sie Glück erlebt haben. So klammern sie sich an das Leben und fürchten den Tod. Oder sie klammern sich an den Tod als das Versprechen eines glücklichen Jenseits und hassen das Leben, können es aber nicht beenden, weil sie nicht sicher sind, ob etwas nach dem Tod kommt, und was das sein wird. Sterben, ohne gelebt zu haben, ist keine glückliche Aussicht; aber auch das Weiterleben im unglücklichen Zustand macht nur Angst und Sorgen.

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Kommentare zu diesem Text


 Thal (12.08.21)
Zum Ende hin erscheint es dann noch : "Sterben" als Unterscheidung zwischen Leben und Tod an sich, ob mit oder ohne Glück - dieser Vorgang ist grausig für Alle. Da wird kein Unterschied gemacht. Selbst der Weiseste, Glücklichste oder Erhabenste kackt im wortwörtlichsten Sinne dabei ab- es ist die absolute Entwürdigung und ob es damit aufhört den letzten Atemzug gemacht zu haben wage ich hier deutlich zu bezweifeln...
edit: .. in sofern kein Paradox.
Und woher deine Beobachtungen usw. usf. stammen, dass Glückliche sich weiniger Sorgen im Leben machen als Unglückliche , würde mich ja hier mal im Konkreten echt interessieren... für mich ganz persönlich jetzt mal klingt das Alles nach Spinnerei. sry.. Yo, peace

Kommentar geändert am 12.08.2021 um 05:13 Uhr

 Terminator meinte dazu am 12.08.21:
Selbst der Weiseste, Glücklichste oder Erhabenste kackt im wortwörtlichsten Sinne dabei ab- es ist die absolute Entwürdigung
Kommt darauf an, wie man den letzten Weg antritt. Wenn man sich erbärmlich ans Leben klammert oder den körperlichen und geistigen Verfall zulässt, ohne vorher die Reißleine zu ziehen, dann war man eben nicht weise, glücklich und erhaben.

und ob es damit aufhört den letzten Atemzug gemacht zu haben wage ich hier deutlich zu bezweifeln...
Hier hängt es von der Qualität des Glücklichseins ab. Der glückliche Bösewicht muss natürlich Angst vor dem Danach haben, der glückliche Gute (dessen Güte, wie bei Stoikern, Konfuzianern und Kantianern, einen Gutteil zum Glücklichsein beiträgt) macht sich weniger Sorgen.

Und woher deine Beobachtungen usw. usf. stammen, dass Glückliche sich weiniger Sorgen im Leben machen als Unglückliche , würde mich ja hier mal im Konkreten echt interessieren...
Z. B. zittern Glückliche nicht um ihre Gesundheit; ich kenne keine glücklichen Hypochonder, unglückliche aber jede Menge. Sehr einsichtsreich philosophiert darüber auf Russisch der theologisch studierte Johann Sebastian (firstcynical), Youtube. Und zuletzt, aber nicht zulitzt, meine eigene Erfahrung: in den 20-ern war ich unglücklich, habe den Tod herbeigesehnt, und mich doch nicht getraut, ihm selbst entgegenzukommen, da ich mich unbewusst ans Leben klammerte, das mir ja noch was schuldig war. Heute ist das anders, und anscheinend geben mir die Erfahrungen anderer glücklicher Menschen recht. Oberflächliches Glücklichsein genügt nicht, so meine Vermutung; damit man sorgenfrei lebt, muss man tiefenglücklich sein.

 FrankReich antwortete darauf am 12.08.21:
Zumindest beginnst Du jetzt zu differenzieren, im Text tatest Du das jedoch noch nicht. Der Versuch, alles auf einen Nenner bringen zu wollen, ehrt Dich zwar, doch offensichtlich verdrängst Du dabei, dass "Glücklich sein" nicht nur von "Glück haben" abhängt, sondern auch von individuellen Umständen abhängig, bzw. eine subjektive Einschätzung ist.
Ich habe mich mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt, denke allerdings, dass es an der Art und Weise liegt, in der sich ein glücklicher Mensch um sein Leben sorgt, er legt wahrscheinlich den Focus auf das Wesentliche, woraus ich wiederum schließe, das ein philosophischer Standpunkt allein nicht ausreicht, um dem Phänomen des Glücklichseins auf die Spur zu kommen.

Ciao, Frank

 Terminator schrieb daraufhin am 12.08.21:
Mit "Glück haben" hat die Differenzierung zwischen intrinsisch erreichtem und extrinsisch (konsumistisch) bewirkten Glück nichts zu tun.

das ein philosophischer Standpunkt allein nicht ausreicht, um dem Phänomen des Glücklichseins auf die Spur zu kommen.
Was??? Du brichst den Text auf Dritte-Klasse-Lesebuch-Niveau runter, damit bist du nicht annähernd bei einem "philosophischen Standpunkt" angekommen. Gerade banal-alltäglich-lebensweltliche Standpunkte sind fürn Aarsch, da das Wesentliche beim Glücklichsein damit nicht vestanden wird.

 Thal äußerte darauf am 12.08.21:
Das sind alles nur wüste Pläne, stolöze Vorhaben, nichtige Begrifflichkeiten, z.B. "Erhabenheit, Weisheit, Glück, Unglück..." von denen man sich im Prozess als aller erstes löst. Und nebenbei mal würde kein Weiser die Weisheit für sich beanspruchen und sich gerne als 3. Klässler empfinden wollen wenn denn das so gewollt werden würde.. denk ich.
Das Ding ist: Paradoxen lassen sich nicht lösen und dass Glückliche sowie Unglückliche gleichermaßen am Leben hägen und den Prozess des Sterbens nicht freiwillig durchlaufen ist nicht paradox, sondern menschlich.

 Terminator ergänzte dazu am 12.08.21:
Dass Glückliche und Unglückliche gleichermaßen am Leben hängen, stimmt halt nicht. Glückliche leben grammatikalische Steigerungsform von gern, aber hängen weniger am Leben als Unglückliche. So wie Genusstrinker den Alkohol mehr genießen, aber nicht so daran hängen wie Alkoholiker.

Unfreiwillig sterben: auch das ist unterschiedlich. Nicht jeder entscheidet sich für Lebensverlängerung um jeden Preis. Nicht jeder ist verzweifelt, wenn er den Freitod wählt. Wer glücklich ist, entscheidet sich eher für einen selbstbestimmten Lebensabschluss, wenn ein qualvoller Tod im Alter oder durch Krankheit abzusehen ist.

 Thal meinte dazu am 13.08.21:
Mir scheint bei der ganzen Sache, dass du davon ausgehst Sterbende oder sich bereits im Übergang Befindliche könnten noch bewusst Entscheidungen fällen bzw. könnten den Verlauf des Hinübergleitens durch ihre Prägung, ihren Lebensstil odG beeinflussen. Dem wird es so aber mAn nicht sein. Das ist ja das Verheerende daran...
Trotz All dem ist es immer eine Freude Gedanken, Ansichten , links und kleine Jokes mit dir in die Cloud zu jagen. Sowas habe ich hier mitunter am Gernsten getan xD

 Augustus (12.08.21)
Wo vor fürchtet sich der Besitzer des positiven Gefühls oder des Glücks. Die unglücklichen begehren ausserdem das Glück des glücklichen an sich zu reißen. Der glückliche stellt beispielsweise eine Armee auf. Die Armee baut sich aus den zuvor unglücklichen Menschen auf, die nun glücklicher sind. Sie stehen auf der Seite von dem, der das Glück besitzt. Die arme Masse dagegen ist unglücklich und will nicht nur dem anderen das Glück entreißen, sondern sich gleichzeitig ihr eigenes Glück zurecht vermehren.
Wenn alle nach Glück streben wird es Kriege geben. Vllt nicht hier, aber woanders in der Welt. Das nennt man Abwesenheit vom Unglück, das aber bedingt ist durch das Glück.

 Terminator meinte dazu am 12.08.21:
Das Glück des Anderen kann man nicht an sich reißen, und auch nicht das Leben eines Anderen leben; versucht man es dennoch, nimmt man sich selbst immer in dieses fremde Leben mit und macht es zu seinem eigenen, mit all dem Unglück, dem man in ein fremdes Leben entkommen wollte.

Beispiel: ich kuschele mit einer Mieze. Jemand ist neidisch und erschießt mich, aber meine Mieze will nicht mit ihm kuscheln, weil sie ihn nicht liebt. Und sie wird ihn niemals lieben, und der pornographisch anspruchsvollte Zwangssex wird ihm niemals das Gefühl geben, das ihm ihre Liebe gegeben hätte. Doch ihre Liebe gehört mir, auch wenn ich tot bin und er lebt und die Mieze hat.

Wenn alle aktiv nach extrinsischem/konsumistischem Glück strebeten, gäbe es permanent Krieg aller gegen alle. Die meisten streben zwar nach so einem oberflächlichem Glück, aber passiv, sie erhoffen es feige, wollen nicht darum kämpfen, sondern es erschleichen. Die wenigen, die aktiv darum kämpfen, geraten in die Falle der Suchtkrankheiten. Denn äußeres Glück währt nicht lange und wirkt wie eine Droge. Das eigene Innere, das Selbst, wird zerstört/wird transzendenzunfähig (narzisstisch), wodurch die Fähigkeit, innerlich, dauerhaft glücklich zu sein, verloren geht.

Mit 22 hatte ich mir selbst das Dogma oktroyiert: ohne Miezen kann ich nicht glücklich sein (und damit das Glück ein echtes Plus, und nicht bloß der Lohn harter Arbeit ist, darf ich es nicht aktiv erstreben, sondern die Miezen müssen mich suchen und glücklich machen; wenn das erlebte Glück das Leid der Kindheit und Jugend aufgewogen hat, verzeihe ich der Welt und nehme am Leben wieder teil - und bin bis dahin in einem permanenten Protestzustand gegen das Leben) . Aber es geht nur so: erst das Glücklichsein, das nur von Innen kommen kann, durch harte spirituelle Arbeit erreichen, und dann, glücklich, zu den Miezen gehen und das Glück mit ihnen teilen.

 Augustus meinte dazu am 12.08.21:
Welche Pflanzen aus dem Nährboden des Unglücks gedeihen, können unterschiedlicher Natur sein. Neid, Mord, Raub, Eifersucht, Reichtum etc. Also jedes Streben aus dem Unglück heraus nach Glück. Denn umgekehrt strebt der glückliche Mensch nicht weiter nach Glück, er strebt dem Unglück nur gegen. Der Reiche, der immer reicher wird bspweise rührt nicht aus dem Unglück heraus, glücklich zu werden, sondern sein Streben ist bloß nicht mehr unglücklich zu werden.

Der, der nicht nach irdischen Glücksgütern strebt hat es natürlich am schwersten glücklich zu werden; denn ihn interessiert die Materie, die verschiedene Gesichter annimmt nicht, ihn interessiert die Idee dahinter, die Blaupause des Gottes, darunter auch die Liebe zählt. Jedoch wied in aller Regel vom Menschen der geringste Widerstand zum Glück zu gelangen gewählt, also über die irdischen Güter.

Antwort geändert am 12.08.2021 um 12:03 Uhr
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