Eine Geburt im alten Rom

Tagebuch zum Thema Zeitreise

von  AlmaMarieSchneider


Die Münze



Der Sommer verabschiedete sich langsam und damit auch die unerträgliche Hitze. Marcus Julianus war zu seiner Einheit nach Syria zurück gekehrt. Ich befand mich in einem, mit feinen Schnitzereien verzierten Holzkästchen, auf dem kleinen Tischchen in Lavinias Schlafraum. Lavinia war die Schwester von Marcus Julianus und wurde als 16 jährige mit Claudius, einem älteren, durchaus ansehnlichen Mann aus reichem Haus, verheiratet. Sie erwartete ihr erstes Kind. Ich und weitere 49 Silberdenare waren das Geschenk ihres Bruders zur Geburt. Lavinia litt wie viele Schwangere unter morgendlicher Übelkeit. Einreiben mit Olivenöl, fasten und ein Brei aus Dinkelmehl mit Hahnenhoden sollten ihr helfen.


Der Herbst färbte bereits die ersten Blätter ein als plötzlich bei Lavinia die Wehen einsetzten. Um mich herum kam große Hektik auf. Eine Hebamme, begleitet von einem Arzt, kam ins Haus und Senait, die äthiopische Sklavin lief ständig aufgeregt hin und her. Lavinia lag auf einer Liege und stöhnte leise vor sich hin. Senait schleppte Tücher und Wasser herbei, das sie ständig warm halten sollte.

Die Frauen fingen an zu beten, erhofften sich von Juno, Diana und Lucina Hilfe für Lavinia und die Geburt. Die Sterblichkeitsrate war sehr hoch, bei Frauen sowie den Kindern.

Wildschweinmist wurde gekocht und mit Honig und Mehlbrei vermischt und warm in ein Tuch auf Lavinias Unterleib gelegt. Ein altes Hausmittel, das auch der Arzt empfahl um den Uterus zu öffnen. Verkrampfungen sollten gelöst werden.


Es dauerte Stunden, als plötzlich der Schrei eines Säuglings den Raum durchdrang und er war auch von mir im Kästchen zu hören. Ein kräftiges Kind, ein Junge, wie ich erfuhr. Das gibt ein Fest und wir Denare tragen dann maßgeblich dazu bei.


Der Kleine wurde gewaschen und gewickelt und von der Hebamme aus dem Raum zu seinem Vater getragen. Es war plötzlich ganz still. Alle schauten Claudius an.

Wird er das Kind auf seine Arme nehmen? Damit würde er den Kleinen als seinen legitimen Sohn anerkennen. Claudius streckte seine kräftigen Arme aus und die Hebamme legte ihm das kleine Bündel hinein. Der Kleine bekam nun eine kleine Kapsel geschenkt und ein Amulett um den Hals gehängt, das er bis zu seiner Mannwerdung tragen wird.

Essen und Wein wurden aufgetragen und die Ankunft des neuen Familienmitgliedes gefeiert. Natürlich endete alles wieder in einem Trinkgelage.


In 9 Tagen wird er seinen Namen bei der rituellen Waschung bekommen, es werden den Göttern Opfer gebracht und es wird ein Fest geben zu dem alle Familienmitglieder eingeladen sind.


Lavinia wird sich erholt haben und ihr Geschenk im Holzkästchen ausgeben.




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Kommentare zu diesem Text


 Regina (28.12.22, 07:17)
wieder Infos aus dem römischen Alltag, die das traditionelle Lateinbuch nicht lieferte.

 uwesch meinte dazu am 28.12.22 um 10:05:
Jetzt weiß ich nach dem Lesen dieser Begebenheit warum der Lateinunterricht so langweilig war.
Diese sehr anschauliche Erzählung ist viel spannender.
LG Uwe

 AlmaMarieSchneider antwortete darauf am 28.12.22 um 14:21:
@ Regina
Herzlichen Dank liebe Regina für Deinen Kommentar und Deine Empfehlung. Die Römer passen nicht in ein Lateinbuch. Die hängen immer an den Seiten etwas heraus.

Dir ein gutes neues Jahr und liebe Grüße
Alma Marie


@ uwesch

Auch Dir herzlichen Dank lieber Uwe und ein gutes neues Jahr.
Liebe Grüße
Alma Marie

 Regina schrieb daraufhin am 28.12.22 um 14:42:
In den neueren Lateinbüchern gibt es ein bisschen was über Tavernen und Märkte, in den alten war nur Grammatik und was zum Übersetzen.

 AlmaMarieSchneider äußerte darauf am 28.12.22 um 14:45:
Ein bisschen mehr Mühe könnte man sich schon mit den Lateinbüchern geben. Danke für diesen Hinweis Regina.

 Saira (28.12.22, 07:33)
Liebe Alma Marie,
 
mir gefällt deine Zeitreise. Ich bin gespannt, was die Münze noch alles erleben wird.
 
Liebe Grüße
Sigrun

 AlmaMarieSchneider ergänzte dazu am 28.12.22 um 14:15:
Liebe Sigrun,

ich freue mich über Dein Lob und Deine Empfehlung.
Dir ein gutes neues Jahr und herzliche Grüße
Alma Marie
amalfi99 (69)
(28.12.22, 09:31)
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 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 13:44:
Lieber amalfi99,
selbstverständlich. Ich werde die Geheimnisse der alten Römer ausplaudern. Es wird ein rauschendes Fest werden. Mal sehen, ob ich auch ein Rezept der Geburtstagstorte auftreiben kann.

Ein Lächeln
Alma Marie

 TassoTuwas (28.12.22, 10:15)
Hallo Alma Marie,
so war es wohl schon immer.

Man spricht nicht über Geld, man lässt Geld sprechen!

LG und ein gutes neues Jahr
TT

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 13:38:
Lieber TassoTuwas,

das trifft es auf den Punkt.  :D
Danke auch für Deine Empfehlung. Ich freue mich und wünsche Dir ebenfalls ein gutes neues Jahr.

Liebe Grüße
Alma Marie

 AZU20 (28.12.22, 11:22)
Lieber das als Lateinunterricht. LG

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 13:48:
Lieber AZU20,

dabei will ich doch diese Sprache in einem Kurs wieder auffrischen, sozusagen als "Kopfübung". Mit den Gelenken habe ich es ja nicht so.
Ich freue mich auch über Deine Empfehlung und wünsche Dir ein gutes neues Jahr.

Herzlichst
Alma Marie

 Quoth (28.12.22, 12:43)
Hätte es das Fest auch gegeben, wenn es ein Mädchen gewesen wäre?
Schöne Einführung in das römische Biedermeier! Die Rezepte für Heilmittel sind abenteuerlich! Wovon alles der Denar was versteht, sogar die Sterblichkeitsrate Gebärender und Neugeborener ist ihm geläufig!
Wie erbaulich ist sie doch, die gute alte Zeit! Gruß Quoth

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 13:59:
Ja, Geld sitzt halt in allen Ritzen und bestimmt den Lebensstandart und in manchen Ländern ob man überhaupt leben darf.
Das Fest für ein Mädchen wäre auch gleichermaßen ausgefallen (so zumindest meine Informationen). Mädchen konnten genauso wie Jungen das Schulsystem nutzen, Berufe lernen (Arzt, Hebamme, Händlerin waren es hauptsächlich). Der Geldbeutel bestimmte ob und wie lange.
Sie wurden allerdings sehr früh verheiratet und damit war es dann vorbei.
Dir einen herzlichen Gruß und danke für Deinen Kommentar.
Liebe Grüße
Alma Marie
Jarina (33)
(28.12.22, 12:44)
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 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 14:12:
Danke liebe Jarina. Diesen Film habe ich auch gesehen. Übrigens habe ich als Kind schöne Kieselsteine gesammelt. Tausende von Jahren wurden sie vom Wasser geschliffen, damit sie ihre Schönheit erhalten. Die können auch einiges erzählen.

Herzliche Grüße
Alma Marie

 Graeculus (28.12.22, 14:54)
Bei Folge 2 wird mir klar, daß Dein Episoden-Roman einen didaktischen Akzent setzt und seine Leser über verschiedene Aspekte des Lebens im antiken Rom informiert, verknüpft durch eine Münze. Das hat seinen Wert, indem es Interesse an dieser so lange zurückliegenden, aber nicht in jeder Hinsicht fernen Zeit weckt.

Genuin literarische Elemente, z.B. die Spannung, treten demgegenüber zurück.1 Was sein kann, aber nicht sein muß. So könnte Claudius die Annahme des Kindes verweigern. Warum?, fragt sich der Leser. Auch das könnte auf irgendeine Weise mit Geld zu tun haben. Eine Herausforderung für die Phantasie der Autorin, ein Spannungselement für die Leser.
_____
1 Natürlich mit Ausnahme der Entscheidung, die Geschichte aus der Perspektive einer Münze zu erzählen - was in dieser Episode nicht so recht überzeugt, denn die Münze liegt in einem Kasten und ist nicht nur visuell von den Ereignissen getrennt.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 15:14:
Natürlich könnte Claudius die Annahme des Kindes verweigern. Aber Lavinia ist sehr jung und ich bin für "ein Fest" feiern. Welche Rechtsprechung im alten Rom damals herrschte wäre dann zu ermitteln. Was passierte dann mit Lavinia? War es überhaupt klug (es handelt sich um einflussreiche Familien) hier das Kind nicht als legitim zu erklären?
Als Münze im Kästchen war das "ich" natürlich dabei. Das Kästchen stand ja mit im Raum.
Herzlichen Dank auch für Deine Empfehlung und liebe Grüße
Alma Marie

 Graeculus meinte dazu am 28.12.22 um 15:22:
Das stimmt! Literarische Entscheidungen (das Kind akzeptieren --> Fest feiern vs. das Kind nicht akzeptieren --> Skandal) haben auch mit dem Geschmack des Autors zu tun. Ähnlich wird es sich beim Geschmack der Leser verhalten, also ob sie eher auf Happy End, Komödie oder Tragödie getrimmt sind.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 16:05:
Mit der Tragödie möchte ich mir noch etwas Zeit lassen. Die Münze verlässt ja das gehobene Umfeld und taucht ein in die Tiefen des Volkes, der römischen Völker.

 harzgebirgler (28.12.22, 15:31)
:) :) 
überaus spannend derart teilzuhaben
an der antiken geburt eines knaben
zumal münzen die beieinander liegen
leider weder junge noch mädchen kriegen. :D 

herzliche grüße & guten rutsch!
harzgebirgler

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 16:09:
Ich beklage das auch mit dem Münzen-Nachwuchs. Freue mich aber über Deine Empfehlung und wünsche Dir ein gutes neues Jahr,

Herzlichst
Alma Marie

 EkkehartMittelberg (28.12.22, 18:02)
Liebe Alma Marie,
du darfst auf die Texte zum römischen Alltagsleben, die du hier veröffentlichst, stolz sein. Ich habe an vier verschiedenen deutschen Universitäten Latein studiert und nur an einer etwas über die Religion der Römer erfahren. Man war damals einseitig auf die römischen Schriftsteller fixiert.
Unser Wissen über das römische Alltagsleben ist immer noch sehr gering. Du trägst dazu bei, auf unterhaltsame Art eine große Lücke zu schließen.
Herzliche Grüße
Ekki

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 28.12.22 um 18:10:
Lieber Ekki,

Dein Lob erfreut mich sehr und ich danke herzlich dafür, auch für Deine Empfehlung und Lieblingstext. So fern waren sie uns gar nicht, die "alten" Römer.

Ein Lächeln und ein gutes neues Jahr

Alma Marie

 Teichhüpfer (01.01.23, 21:19)
Was aus der Frau wurde, ist nicht bekannt.

 AlmaMarieSchneider meinte dazu am 01.01.23 um 21:24:
Ja doch, es geht ja weiter mit der Geschichte.
Herzlichen Dank fürs Lesen, Kommentieren und Empfehlen lieber Teichhüpfer.

Dir ein tolles neues Jahr und liebe Grüße
Alma Marie
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