Eine glückliche Kindheit (2)

Erzählung zum Thema Glaube

von  Bluebird

Im Sommer 1964 wurde ich dann in die nahegelegene Dorfschule geschickt. Viel ist mir vom ersten Schuljahr nicht in Erinnerung geblieben. Lesen und Schreiben, auch einfach Rechnen konnte ich schon. So saß ich oft in dem riesigen Klassenraum und blickte verträumt aus dem Fenster hin zur großen Wiese und den riesigen Kastanienbäumen, die es hier zahlreich gab.

An irgendwelche Mitschüler oder Lehrer erinnere ich mich gar nicht. Lediglich daran, dass wir aus der großen Pause in Zweierreihen in die Klasse geführt wurden. Und wir auf der großen Wiese einmal mit der ganzen Klasse ein lustiges Laufspiel spielten.

Vielleicht lag mein unterschwelliges Desinteresse auch daran, dass mir Elmar, mein bester Freund und Spielkamerad, abhanden gekommen war. Plötzlich war er verschwunden. Weggezogen! hieß es lakonisch aus dem Munde meiner Oma.

Ich vermisste ihn wirklich schmerzlich. Es gab genug Kinder in der Nachbarschaft, mit denen ich spielen konnte. Aber es war irgendwie nicht dasselbe. Mein kindliches Glücksgefühl hatte einen ersten Dämpfer erhalten. Aber dann kamen die ersten großen Schulferien und mein Glücksgefühl erreichte bislang nicht gekannte Dimensionen.


Jene sechs Wochen verbrachte ich bei Verwandten auf dem Lande. Genauer gesagt bei Onkel Willi und Tante Maria, die auf einem geerbten Bauernhof, wunderschön eingebettet in eine großartige Naturlandschaft, lebten.

Etwa gleichen Alters wie meine Großeltern, waren sie von ähnlicher Einfachheit und Herzensgüte, so dass ich mich sofort sehr geborgen und geliebt fühlte.


Selbst nach so vielen Jahren könnte ich alles noch in groben Zügen malen. Den würzig stinkenden Hühnerstall, in den ich zusammen mit Tante Maria jeden Morgen ging und wo wir die frischgelegten Eier in einen mitgebrachten Korb packten. Den Zwinger vom Schäferhund Hasso, der Onkel Willi auf´s Wort genau gehorchte. Die große abschüssige Wiese hinter dem Bauernhaus mit den vielen verschiedenen Obstbäumen, wo sich die Rehe aus dem nahegelegenen Wald  frühmorgens und abends von den am Boden liegenden Früchten ernährten.

Kurzum, es waren meine ganz persönlichen sechs Wochen im Paradies. Die liebevollen Verwandten und dieser tiefe Einklang mit der Natur – dieses glückliche Leben im Hier und Jetzt - sprengten einfach jeden vorstellbaren Rahmen. Mir ging es wie Petrus auf dem Berg der Erscheinung: „Herr, hier ist gut sein. Lass uns hier Hütten bauen und bleiben!“


Ich wollte nie wieder dort weg, aber das Schicksal hatte mit mir – leider oder Gott sei Dank – andere Pläne.




Anmerkung von Bluebird:

Ich habe ja schon anderer Stelle berichtet, wie ich seinerzeit konkret (1985) zum christlichen Glauben gefunden habe:  hier. Nun soll es darum gehen, das Ganze in eine etwas komplexerem Rahmen darzustellen.

Einen Vorgeschmack kann man hier bekommen:  Mein Weg zum Glauben

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Kommentare zu diesem Text


 remmaker (17.07.23, 12:25)
Es gelingt Dir gut, die ländliche und paradiesische Umgebung zu beschreiben. Da kann man von Sehnsucht erfasst werden.
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