Hinterm Pferd von Napoleon

Kalendergeschichte zum Thema Zeitreise

von  eiskimo

Pferd? Napoleon??  Sind wir jetzt in die Zeit 1796 bis 1815 gerutscht, als Monsieur Bonaparte ganz Europa durcheinander wirbelte?

Nein, es ist eine total aktuelle Ortsangabe, und meine Frau bzw. ich haben sie beide jetzt bei einem Paris-Besuch absolut zielführend wahrgenommen. Echt hinterm Pferd von Napoleon!

Dieses Pferd existiert nämlich. Es ist ein zierlicher sandfarbener Araber-Hengst, und er steht leibhaftig im Hôtel des Invalides, Abteilung „Musée de l´Armée“ …  ausgestopft. Und in den Gängen bzw. Vitrinen vor und neben ihm sind Tausende historische Kampf-Utensilien, Fahnen, Bilder berühmter Feldherren und noch berühmterer Schlachtfelder ausgestellt, diese alle übertrumpfend natürlich der große (dennoch kleingewachsene) Napoleon.

Dass wir beide, meine Frau und ich, uns beide dann hinter seinem Pferd einfinden sollten, lag an einem ganz natürlichen Bedürfnis. Ich musste relativ dringend und hatte eine Aufsichtsperson nach dem Weg zur Toilette gefragt. Und weg war ich. Meine Frau hatte dann die berechtigte Sorge, dass ich sie danach in diesem Labyrinth von Kriegsgedöns nicht wiederfinden würde, und erkundigte sich ebenfalls nach dem Klo – um es abzukürzen: Es gibt in diesem Museum nur ein Pferd, und ein paar Schritte hinter ihm befindet sich eine sehr ordentliche Toilette. Wir lachten, denn uns beiden war der Weg in militärischer Knappheit in denselben Worten formuliert worden: Derrière le cheval de Napoléon .



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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (22.09.23, 09:38)
Guter Tipp. Museumstoiletten sind meist die saubersten weit und breit.
Habt Ihr denn auch seinen Sarkophag besucht und Euch, weil er so tief unten steht, über die Brüstung gebeugt und Euch dadurch vor IHM verneigt?

 eiskimo meinte dazu am 22.09.23 um 13:43:
Der erweiterte Tipp: Manche Museen haben auch Schließfächer, da kann man bei Stadtbesichtigungen gut seinen nicht benötigten Kram ablegen.
Der Invalidendom hat uns geradezu schockiert. Unfassbar, der Pomp und der geradezu religiöse Kaiserkult ; alles völlig unkritisch, kein Wort zu den irren Opfern an Menschenleben - ich sage nur 1812, Moskau.
Nein, ich habe mich nicht verneigt, ich bin  gleich runter in die Krypta, sozusagen auf Augenhöhe mit ihm...
Witzigerweise war bei unserem Besuch auch gerade King Charles III in der Nähe. Den wollte in den Straßen dort kaum einer bejubeln.
C' est la vie.

Antwort geändert am 22.09.2023 um 13:46 Uhr

 Quoth antwortete darauf am 22.09.23 um 16:23:
Ich schicke Dir noch einen Auszug aus Stendhals Tagebuch, der Dir gefallen wird.

 Quoth schrieb daraufhin am 22.09.23 um 18:56:
Mante und ich haben keinen Sou in der Tasche. Er holte mich um halb acht Uhr ab. Wir gingen ganz einfach nach der Rue Saint-Honoré. Wir sahen sehr gut den Papst und anderthalb Stunden darauf die kaiserlichen Wagen und den Kaiser selbst. Ich dachte den ganzen Tag über dies offenbare Bündnis aller Marktschreier nach. Die Religion sanktioniert die Tyrannei, und das alles angeblich zum Wohl der Menschheit. Ich spülte mir den Mund, indem ich etwas in Alfieris Prosa las.
Stendhal, Tagebuch, Sonntag 11. Frimaire (2. Dezember 1804)

Antwort geändert am 22.09.2023 um 23:26 Uhr

 eiskimo äußerte darauf am 22.09.23 um 22:28:
Klasse! Da steht ja exakt das, was mir durch den Kopf ging!
Toll, das Du so etwas abrufen kannst, mit der exakten Textstelle!
Chapeau!

 Quoth ergänzte dazu am 22.09.23 um 23:25:
Behalte den Hut nur auf! Zitiert aus Stendhals Werken, für 99 Cent auf den Kindle ladbar.  Gute Übersetzer, aber das gibt es bestimmt auch in der Originalsprache.
Besonders "stendhalien" der Anfang: Ohne einen Sou in der Tasche schlendert der junge (syphiliskranke) Leutnant  mit seinem ebenso armen Freund durch Paris. Stendhal ist immer herzerfrischend zu lesen, nach Napoleons Tod hat er ihm übrigens sehr nachgetrauert ...

Antwort geändert am 23.09.2023 um 12:39 Uhr

 RainerMScholz (14.11.23, 21:54)
Kack nicht wo du gehst und stehst,
scheiß´ hinter`s Pferd, das versteht`s;
und wenn es austritt, so sei es drum,
so ein Gaul ist auch nicht dumm;
gib ihm etwas Hafer und Streu,
Napoleons Ross wurd´ danach treu.
Grüße,
R.

Kommentar geändert am 14.11.2023 um 21:58 Uhr
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