Bühne

Text

von  Mondscheinsonate

Dass ich auch in einem Opernhaus üben darf, das verdanke ich einer Beziehung, die schon 33 Jahre währt, was mich gerade derart entzückte, dass ich beinahe vom Stuhl fiel. 

Ja, man muss sich etwas finden, das einen wirklich glücklich macht. Jahrelang kaufte ich sinnloses Zeug, überhäufte mein Leben, wurde immer unglücklicher, natürlich, gibt es auch Dinge, die will ich nicht mehr missen, liebe meine Uhr oder meine Kleidung, auch Bücher, jedoch manches war einfach nur Frust, sonst nichts. Ich dachte, ich heile von innen, durch Klumpert. Schwachsinn. Ich sehe jetzt, komplett glücklich, in die Dunkelheit, das Fenster ist offen, in mein Gärtchen, das bereits winterfest gemacht wurde, es regnet, ist kühl, mir ist warm, ich kann mir die Wärme leisten, habe Katzen, Bücher, Familie, alles ist gut!

Es fehlte nur an der Verwirklichung, dachte, mein einziges Glück liegt im Lernen, nein, im Spiel!

Oma kaufte mir mit fünf eine Bontempi Orgel, fürchterliches Ding, ich klimperte sinnlos darauf, bekam dann Noten für Kinder, wo die Tasten bunt auf den Seiten abgedruckt waren. Mein erstes Stück war "My Bonnie is over the ocean..."

Furchtbar, aber als ich mitbekam, dass man damit Lieder spielen konnte, war ich hochgradig entzückt. Weniger über das Notenlernen. Nie. Heute bin ich dankbar, ich bin eine gute Mathematikerin, der Zusammenhang zwischen Musikern und der Mathematik ist längst bewiesen worden. 

Am Klavier, später, der Albtraum, nämlich meiner, "Für Elise", rauf und runter. Mit 10 lernte ich Tamara kennen, sie hatte einen Flügel zuhause und da ich 99% meines Lebens zwischen 10 und 15 bei ihrer Familie wohnte, war das Thema "Wo spielt man?" vom Tisch, auch "Wer bezahlt die Stunden?" Die teilte sich R. mit E., der Mutter Tamaras. Meine Mutter bezahlte keinen Cent, damals Schilling, meinte: "Du bist nichts und du kannst nichts." Gut, sie konnte nichts wissen, sie war auf keiner einzigen Aufführung - Halt, doch, einmal, da crashte sie betrunken in den Zuschauerraum und gröhlte, dass die Versagerin da oben ihre Tochter sei. Ich habe mich, denke ich, selten so geschämt, verspielte mich und lief von der Bühne. Das Publikum war still, sie verstanden. 

Dann trat ich lange nicht auf, Emilia, damals hatte ich sie schon, musste mich nötigen, wieder, wie jetzt, mit einer Anmeldung hinter meinem Rücken. Ich weinte bei den Proben, doch da blieb sie hart, meinte: "Nichts und niemand darf einem Talent so nahe gehen, hörst du?"

Nun, das ist vorbei, diesen Bastard gibt es nicht mehr in meinem Leben, Kapitel längst geschlossen. 

Aber, ich hörte mit dem Spiel auf, das, von heute auf morgen, als ich meinen Lebensgefährten traf und es etwas Ernstes wurde. Er meinte, als ich sagte, wir hätten doch 130 qm², ein leeres Zimmer, Kinder will er keine, da könnten wir doch ein Klavier kaufen, da sagte er: "Klavierspielen sei schrecklich, nur etwas für Streber." So saß der Streber, nämlich ich, neben ihm und spielte ein Jahrzehnt Computerspiele bis ich in mein eigenes Zimmer ging, nur noch las. Die Depression begann mit seiner Aussage. 

Emilia hatte schon Recht, es darf niemand in ein Talent eingreifen, nein, man selbst darf es nicht zulassen, das habe ich getan. Es hat mich todunglücklich gemacht. 

Ja, ich mich selbst. 

Nein, aus, nie wieder. Und überhaupt, mich machen Dinge, ah, doch, mein neues Klavier, aber sonst nichts so glücklich, der Rest, den man zum Leben braucht, äußerst zufrieden. Ich verdiene selbst mein Geld und das, tatsächlich, hart seit gestern, ich bin wieder überhäuft mit Arbeit. Jeder könnte einmal überlegen, was einem wirklich fehlt, zumeist sind es nicht Dinge, die man kaufen kann (außer... ich lächle!). Und, der Menschheit mitteilen, wie arm man nicht ist und Gift sprühen, das macht sicher nichts besser. 



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Kommentare zu diesem Text


 Verlo (07.11.23, 21:30)
Mondscheinsonate:

Es hat mich todunglücklich gemacht.

Ja, ich mich selbst.
Und jetzt machst du dich glücklich!

Das kann dir niemand wegnehmen.

 Verlo (07.11.23, 22:10)
Mondscheinsonate:

Die Depression begann mit seiner Aussage.
Ich glaube, Mondscheinsonate: weil du dich von ihm hast beherrschen lassen

Damit hast du vermutlich ein Trauma reaktiviert.

Aber das Kapitel ist überstanden ...
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