Jürgen war schon immer ein Arschloch

Alltagsgedicht

von  Redux

Jürgen war schon immer ein Arschloch.
Als wir in den Sommerferien am alten Tümpel,
den es jetzt nicht mehr gibt, Frösche fingen,
war genau er es, der so manches Tier
zum Froschweitwurf missbrauchte.
Und wenn es mal zu einer Auseinandersetzung
mit jüngeren Schülern kam, dann suchte er sich die,
die am kleinsten und verängstigten waren, heraus
und vermöbelte sie...
Jürgen war schon immer ein Arschloch.
Schon als Arschloch kam er auf diese Welt.
Sein Vater war Viehhändler und ein Arschloch,
der die Bauern der Umgebung regelmäßig über den Leisten zog.

Und natürlich bekam sein Arschloch-Sohn Jürgen Birgit.
Das liebste Mädchen der ganzen Schule.
Das liebste Mädchen der ganzen Welt
zur Frau, so ein Arschloch.
Und jetzt ist dieses Arschloch Versicherungsvertreter
und bescheißt die Leute von vorn bis hinten.
Das wird er sein Leben lang so machen
und schließlich wird er als Arschloch von dieser Welt gehen,
so wie er als Arschloch auf diese Welt kam.

Allerdings glaube ich nicht- und das ist genau das,
worauf ich eigentlich hinaus möchte-
ich glaube nicht, dass er grundsätzlich böse ist.
Klar, er ist Arschloch durch und durch,
aber vielleicht nicht einmal ein böser Mensch.
Und wenn er mal irgendwann seine Arschloch-Augen zumacht,
wenn alles gegessen sein wird,
dann,
und das ist vielleicht auch meine Hoffnung,
wird ein Gott ihn sicherlich nicht verstoßen.
Wenn es denn ein Oben, ein gutes, ein gerechtes Oben,
überhaupt ein Oben gibt,
dann ist das auch gleichzeitig meine Hoffnung.

Nur möchte ich dann diesem Arschloch nicht wieder begegnen.
Und wenn es dann doch so kommen sollte,
könnte ich das alles nicht verstehen und einordnen,
wenn ein Arschloch wie Jürgen
oder Massen von anderen Arschlöchern da herumlungern sollten
und ihr schäbiges Sein dort fortführen sollten.

Vielleicht ist er ja eigentlich kein richtiges Arschloch.
Vielleicht in den Augen seiner Birgit und der drei Kinder
ein ganz ganz Lieber, der im Garten Frösche züchtet,
und vielleicht bin ich es ja, der in den Augen vieler Anderer
das Riesenarschloch schlechthin bin,
mit dem man gerade nicht-
mit jedem anderen schon-
aber gerade mit dem nicht-
in den Himmel kommen möchte.
Jedenfalls gibt es hier unten jede Menge Arschlöcher.
Und der Jürgen gehört dazu.
Vielleicht auch ich.
Aber Jürgen ganz sicher.
Denn Jürgen war schon immer ein Arschloch.


Vielleicht ist das ein richtig kreuzdummer Alltagstext,

ein richtig winziges proletarisches Traktätchen,

um seinen Frust auszukotzen über die Welt

und das Leben, das niemals zu verstehen ist.

Genau das ist es.

Und vielleicht sehen Jürgen und ich uns wieder.



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Kommentare zu diesem Text


 BeBa (28.04.24, 00:52)
Gefällt mir. Einmal abgerechnet mit der Vergangenheit und mit sich selbst.  ;)

 Redux meinte dazu am 30.04.24 um 17:10:
Ja, so könnte man sagen. Und nachdenklich dabei geworden.

 AchterZwerg (28.04.24, 07:35)
Ja, ja,
Arschlöcher gibt es einfach zu viele! :D

 Redux antwortete darauf am 30.04.24 um 17:10:
Du sagst es. Und man hat den Eindruck, dass sie niemals aussterben.
Krakel (36)
(28.04.24, 10:10)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Redux schrieb daraufhin am 30.04.24 um 17:11:
Altersmilde?

 Regina (28.04.24, 10:40)
Manche scheinen in der Tat die Kriminalität gewissermaßen im Blut zu haben. Verständige Eltern und eine sehr gute Erziehung könnten solche Neigungen mildern.

 Redux äußerte darauf am 30.04.24 um 17:11:
Da bin ich absolut bei dir. Ja, sozusagen das Fundament.

 TassoTuwas (29.04.24, 12:54)
Ich überlege ernsthaft was schlimmer ist, ein Arschloch zu sein oder ein Niemand  :( ?

LG TT

 Redux ergänzte dazu am 30.04.24 um 17:12:
Beides schlimm. Und beides gleichzeitig ....lassen wir das....
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