Er

Alltagsgedicht

von  Redux

war mein Vater.
Derjenige wusste so Alles.
Alles wusste er.
Wie man Zigaretten macht..
( tatsächlich waren diese  im erheblichen Maße ursächlich für seinen Tod)
Und Straßen. Auch Autos.
Wie Tische hergestellt werden.
( der, an dem wir damals saßen, war ein Produkt seines Onkels, Beruf: Tischler)
Ich glaube, als er mir damals die Welt erklärte,
lief sein Herz über vor Glück.
Er war ein sehr junger Vater, mein Vater, fünfundzwanzig,
er blieb nicht sehr lange so jung, mein junger Vater,
er, der so früh alt wurde und dann doch nicht richtig alt wurde
( siehe Zigaretten) aber das ist eine andere Geschichte,
er wusste von seinen Heldentaten zu berichten,
wie er mit Raubtieren kämpfte, mein Vater,
er kannte so viele große und wichtige Menschen,
mit denen er manchen Streit auskämpfte,
er, mein Vater war immer der Sieger;
eigentlich zum Schluss hin besiegte er auch mich durch die ganzen Jahre,
obwohl er paradoxerweise als geschlagener Mensch von dieser Welt trat,
schon ein kleines Häufchen Traurigkeit,
dass ich weinend auf die Kehrschaufel fegte.
Keiner weiß mehr, welch ein großer Mann er war.
Er war sehr kräftig, leider später sehr fett,
aber er trug die halbe Welt auf den Schultern.
Er saß in den Bäumen und auf den Telegraphenmasten,
er spähte in die Welt und wusste zu berichten, was vor sich ging.
Er wusste, wie man Streichhölzer macht.
Er wusste, wie man Bratpfannen macht.
Er wusste, wie man Brillen macht.
Er kannte den lieben Gott.
Er wusste, wie man Uhren macht.
Er wusste, wie man Blutwurst macht.
Er wusste nicht glücklich zu leben.
Er wusste, wie man vier Kinder macht.
Er wusste, wie man Kugelschreiber macht.
Er konnte glühende Kohlen aus dem Feuer holen.
Er konnte sehr laut brüllen.
Er hatte immer sehr großen Durst und das bittere Bier trank er in einem Zug.
Er hat mich geliebt.

 

 

 

 

 



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Kommentare zu diesem Text


 AchterZwerg (06.04.24, 07:47)
Wie anrührend! <3
Einen solche Vater wünscht sich jeder, spart man sein bitteres Ende einmal aus ... und vielleicht das nicht weniger bittere Gefühl der Ohnmacht, die ein kleines im Angesicht gelebter Übermacht empfinden kann.

Liebe Grüße
der8.

 Mondscheinsonate (06.04.24, 09:42)
Seufz, wie schön deine Zeilen sind und bittertraurig.

 Graeculus (06.04.24, 17:14)
Jeder hat einen Vater. Gut, wenn er einen guten Vater hat. Und hier, so scheint es, war das der Fall.

 TassoTuwas (07.04.24, 10:44)
Mein Vater war ein Guter. Er erzählte und ich glaubte.
Als ich später alles genau wissen wollte, konnte er sich nicht mehr erinnern!

TT

 RainerMScholz (16.04.24, 21:46)
Mein Vater hat mir auch immer alles gezeigt, vor allem, wie gut er etwas konnte, die merkwürdigsten Sachen; wir, vielmehr er hat `mal eine Armbrust mit mir gedrechselt, mit der man jemanden hätte umbringen können; er konnte tapezieren, und hat mir das gezeigt, er konnte Autofahren, weil er das auch beruflich machte (und außer ihm konnte das niemand), er konnte Bratkartoffeln und Bohnensuppe; alles schön und gut. Was ich gelernt habe, ist, dass mein Vater das alles und noch viel mehr konnte, aber mir hat er nicht gezeigt, wie all das geht. Mein Vater war bestimmt ein großer Mann, so aus meiner Wachte, aber gelernt habe ich nicht wirklich viel, und wenn, dann dass ich nichts kann und er alles. Das war weniger, als ich dachte.
Aber er war der ehrlichste Mensch, den es gab, auch wenn ich ihn eigentlich nicht kannte und das eben glauben musste. 
Meine Großtante liebte ich wirklich.
Grüße,
R.

Kommentar geändert am 16.04.2024 um 21:49 Uhr

 FrankReich (17.04.24, 08:37)
Er hat mich geliebt.

Bei all seinem Wissen stellt sich mir allerdings folgende Frage: Woher weißt Du das? 😉

Ciao, Frank
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