Alle 2 Definitionskommentare von gitano

09.06.22 - Kommentar zur Definition " Epos": "Hallo Alpha, ich möchte anmerken, dass Epen NICHT zwingend in sich reimenden Versen geschrieben sind (werden müssen) Im Gegenteil: die Antiken Epen, die Du als Beispiele nanntes sind fast alle in nicht reimenden Versen geschrieben: Illias, Odysse, (Homer) Messias (Klopstock / Johann Heinrich Voss) sind antiken nicht reimenden Versmaßen des Distichon bzw. Hexameter geschrieben. Dantes Göttliche Komödie ist weitgehend gereimt, Nibelungen wohl auch. Fazit. Es ist kein Merkmal eines Epos gereimte Verse aufzuweisen! Das ist irreführend. Weiterhin könnte man ergänzen... Epos gehört zu den ERZÄHLENDEN Dichtungsarten bzw.  Epen haben erzählenden Charakter. Sie berichten oft von Vorgängen, Heldentaten "epischen Charakters" als als bedeutend und wichtig zu erzählen. (damit die Menschheit daraus lernt). Laut einigen Definitionsversionen im www  und in der Printliteratur wird der Begriff heute auch auf erzählende Literatur (mit einem "imaginären" Erzähler) sowohl in Prosa als auch in Versform angewandt. (was ich persönlich etwas verwirrend finde...) Beste Grüße aus dem Bücherregal gitano"

10.08.18 - Kommentar zur Definition " Sonett": "Ich gebe einfach mal einige Inhalte aus der Fachliteratur wieder-ohne Klugscheissen zu wollen, sondern lediglich weil ich mich aus Liebhaberei zur Form viele Jahre geschichtlich damit befasst habe Die vierzehn-zeilige Form ist lediglich die Form, die sich durch die häufigste Nutzung / Veröffentlichung unter vielen weiteren Formen des Sonetts (z.B. Doppelsonett, Schweifsonett...u.v.a.m.) behauptet hat. Und auch von der vierzehnzeiligen Form gab es in Italien viele Varianten und Spielarten, die sich u.a. in anspruchsvoller Reimstellung unterschieden. Siehe dazu: "Topik des Sonetts"(Gattungslehre) Thomas Borgstedt, (2009) Walter de Gruyter Verlag ab Seite 200 und "Sonett-Idealität und Sonett-Realität" Peter Weinmann (1989) Reihe Romanica Monacensia Gunter Narr Verlag Tübingen....sowie diversen Veröffentlichungen zur "Sizilianischen Dichterschule". (z.B. "Die Sizilianische Dichterschule des dreizehnten Jahrhunderts" Adolf Gaspary, Berlin 1878, Hardt, Manfred: Geschichte der italienischen Literatur. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Düsseldorf u. a. 1996. dort das Kapitel über die Sizilianische Dichterschule und den dolce stil nuovo). Die Konzeption des Sonetts wird der Sizilianischen Dichterschule zugeschrieben, einer Gruppe von Hofbeamten am Hofe des Stauferkaisers Friedrich II. in Palermo, die zu einem Großteil eine juristische Ausbildung hatten.. Eine Ableitung aus der Altitalienischen "Canzone" oder "Stanze"oder Strambotta" nebst einigen arabischen Einflüssen wird vermutet-konnte aber bisher nicht sicher nachgewiesen werden. Die oft genannte Zuschreibung auf Giacomo da Lentini lässt sich nicht beweisen -zumal immer wieder neue ältere Texte auftauchen. Die neue Form erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit und brachte somit viele Varianten hervor (siehe oben). Die am häufigsten verarbeiteten Themen der Texte waren Liebe, Religion, Philosophie und Lehrinhalte. Wegen der Beliebtheit der Form gab es eine rasche Ausbreitung über Sizilien hinaus- zunächst in die großen Zentren des Handels und Wissens wie z.B. Padua, Venedig, Bologna, Genua...Dante, Petrarca, Guinizelli u.a. konzipierten dann den Publikums-gefälligeren "dolce stil nuovo"(süßer neuer stil), der eine deutliche Abkehr vom Stil der Sizilianischen Dichterschule bedeute (Anmerkung: und dies bemerkt man auch in den Texten). Während die Sizilianische Schule noch sehr der Troubadur-Tradition verhaftet ist und versucht auch weltliche Probleme tiefsinnend zu erörtern, möchte der "dolce stil nuovo" dem Publikum gefallen. Dazu veränderten einige Dichter auch die früher gebräuchlichen Reimstellungen und die Art Inhalte aus Sichtweisen zu erörtern. In der Fachliteratur und den darin zitierten Poetiken aus den frühen Dichtungszeiten Italiens wird das Sonett fast ausschließlich als zweiteilig benannt. Genaue Untersuchungen dazu hat Weinmann (1989 siehe oben) anhand von originalen Handschriften in Italien angestellt. Das Innere Wesen des Sonetts des frühen Italiens entspricht NICHT der These von A. Schlegel (These-Antithese-Conclusio)-zumal an die Form gebunden. Im Gegenteil: es zeigt sich sehr variabel und beweglich. Ein disputierbares Thema wird unter mehreren Aspekten oder auch reflektiv erörtert /disputiert. Gemeinsam allen Sonetten ist eine hohe Inhaltsdichte, die Schlüssigkeit der codierten und erzählerischen Bedeutungsebene, eine hohe Sprachfertigkeit die sich auch in geistiger Beweglichkeit der Argumentation zeigt. Der innere Spannungsaufbau geschieht durch die Verschiedenheit der Argumente in der Disputation - oder reflektiv im Gegensatz von Wunsch und Wirklichkeit. Die Conclusio ist meist-aber nicht immer Auflösung der Spannung. Manchmal werden in ihr auch neue spannende Fragen aufgeworfen. Sehr häufig trifft man in der Conclusio epigrammatische Züge /Wendungen an - aber eben nicht festgeschrieben und durchgängig. Häufige Mißverständnisse zur Form entstehen weil: Vers ist nicht immer gleich Zeile und die Veröffentlichungsschreiber der Sonette (später Drucker) waren nicht die Autoren und schrieben die Texte nach Layoutaspekten - und nicht nach dichterischen Gliederungen (vergl. Weinmann) Die typische Versform des frühen italienischen Sonetts ist der Endecassillabo (elfsilbig, weibliche Endung), der in den erweiterten Formen durch den Settenario (siebensilbig, weibliche Endung) ergänzt wird. Erst die Ausbreitung der Form über Italien hinaus brachte andere Formen hervor - teils Traditionsbedingt, teils auch tonal-sprachlich bedingt. Z. B. in Frankreich in Verbindung mit dem Alexandrinervers, der damals besonders in der Theaterdichtung sehr populär war. Die immer weitere "Variätät und Wandlung" des Sonetts ist vor allem durch die Ausbreitung in verschiedene Kulturräume /Sprachräume geschehen. So finden wir in spanisch-sprachigen Sonetten Süd-und Mittelamerikas nicht selten 18 silbige Zeilen, in Frankreich den Alexandriner, der ebenso im barocken Deutschland oft Verwendung fand. Eine besonders amüsante- und leider sehr selten erwähnte Spielart des Sonetts- sind die frühen burlesken Texte aus Italien. Die mit großem Formkönnen, Sprachwitz und einer guten Portion Dreistigkeit Zeitgeschehen, Personen, oder Dogmen persiflieren. Manche zeitlos gut, dass man noch heute herzlich dazu lachen kann. Z.B. wenn ein Cecco Angiolieri den großen Dante angreift oder sich über sein Schicksal als Ehemann vs. Lebemann beklagt: Auch in diesen Texten finden man vieles, was das Sonett als "Königin der Dichtung" ausmacht - und es gibt leider viel zu wenig Literatur dazu - und viel zu wenige gute zeitgenössische Texte. Eine recht umfangreiche Literaturliste zum Thema mag ich hier nicht tippen...auf Anfrage kann ich aber gern Tips geben. Viele der relevanten Bücher sind leider vergriffen und nur in Bibliotheken einsehbar bzw. zu hohen preisen im Antiquariatshandel erhältlich."

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