Null zu Null

Kurzgeschichte zum Thema Du und Ich

von  redangel

es bleibt unentschieden. ich verstehe nicht viel von diesem spiel, deshalb hast du mich auch nicht damit treffen können. auch ich habe dich nicht getroffen. wir haben beide keinen abgekriegt, keinen treffer meine ich. somit hat auch niemand etwas gewonnen. einsatz haben wir beide von anfang an gezeigt. hart gekämpft, fast verbittert, besonders gegeneinander. jeder wollte etwas für sich. jeder seinen sieg über den anderen erzwingen. dabei haben wir uns nichts geschenkt. null zu null. das gegnerische, das tor verfehlt. zu wenig kampfgeist, das kannst du mir nicht vorwerfen. ich habe dich oft frontal, direkt angegriffen. eben so gut ich es konnte. aufs ganze gespielt, volles risiko eingegangen. äußere und innere verletzungen mit einkalkuliert. du, es war mir zu diesem zeitpunkt alles andere ganz egal. deckung, es gab mir doch keiner eine. ich habe trotz alledem wenigstens versucht fair zu bleiben. keine größeren fouls, keine faulen tricks. und fast keine angriffe unter der gürtellinie. nun, weit bin ich damit nicht gekommen. nicht weit genug über deine mittellinie. nicht annähernd in deine richtung. du, deine abwehr war zu stark. oder meine kondition zu schwach. ich hatte nicht genug kraft, null ausdauer. es fehlte mir bisher sonst nicht daran. manches davon hätte ich mir vorher entsprechend antrainieren müssen. aber da gibt es diese grenzen. ich habe meine deutlich erkannt. trotzdem ein paar kunsttücke einstudiert. sie haben mir nur zum teil etwas genützt. denn du hast sie schon gekannt. schon lange, bevor ich dir etwas vorführen konnte, gekannt. das habe ich natürlich nicht wissen können. ich dachte, das mit mir wäre etwas neues für dich. unser spiel ging unentschieden aus. null zu null. nicht zuletzt gerade deswegen. vorerst ist es beim null zu null geblieben. du hättest mich nicht berühren dürfen. handspiel ist nicht erlaubt. gut, es hat keiner gesehen. ich habe mich nirgendwo beklagt. wo kein kläger, da auch kein schiedsrichter. du hast so getan, als wäre nichts gewesen. von wegen, es gibt sie, die ausgleichende gerechtigkeit. wer glaubt denn heute noch an so etwas? null und nichtig. es gibt siege oder niederlagen. punktgleichheit zählt nicht, sie erfordert eine entscheidung. gegengewicht, du vielleicht habe ich zu viel gewicht. dir gegenüber. was wäre denn, wenn wir gleich stark wären? so unterschiedlich wir auch rein äußerlich sind. so unterschiedlich im auftreten, so unterschiedlich unsere spieltechnik ist.
würde das bedeuten, unser spiel könnte
nie anders enden, nie anders ausgehen als null zu null? würde es bedeuten, ich ziehe an meiner seite des seils immer genauso stark, wie du es an deiner seite tust?
würde es bedeuten, ich ziehe dich nicht auf meine seite? du bringst mich nie auf deine? wir überschreiten sie nie, die entscheidende linie, keiner von uns?
ich kann es dir leider auch nicht leichter machen,weil ich nicht loslassen kann. sonst würdest du fallen. ich würde auch hinfallen, wenn wir beide plötzlich gleichzeitig losliessen. absichtlich losliessen. ich will dich nicht fallen sehen. willst du es denn bei mir? anscheinend sind wir doch gleich stark. und es steht unentschieden zwischen uns.
null zu null.

(c) redangel

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