Brief vom 18.November (eine Geschichte für Dich)

Brief zum Thema Suche

von  GillSans

Mein Lieber,

ich möchte Dir heute eine kleine Geschichte erzählen.

Es ist die Geschichte von Ask und Embla.

Vor langer Zeit, als es noch keine Menschheit gab, fanden die Götter zwei Schwemmhölzer am Strand.
Noch lagen sie ohne Bewußtsein und Bestimmung im Sand.  Doch als die Götter ihnen Ausdauer, Mut, Kraft, Leidenschaft,  Liebe, Lust, Neugier und nicht zuletzt den Lebensatem einhauchten, erwachten sie zu Mann und Frau.
Ask liebte Embla mit all seiner Kraft. Embla liebte Ask mit all ihrer Leidenschaft. Und so pflanzten sich die beiden fort.
Es vergingen viele tausend Jahre. Die Götter hatten sich längst zurückgezogen. Sie waren mit ihrem Werk zufrieden.
Doch hatten sie nicht bedacht, dass im Laufe der Zeit, der eingehauchte Lebensatem nicht mehr im Gleichgewicht lag. Ask und Embla waren längst glücklich gestorben. Ihre Brut jedoch pflanzte sich weiter fort. Manch einer hatte zu wenig Mut. Manch eine zu wenig Leidenschaft. Bei vielen mangelte es an aufrichtiger Liebe. Andere wiederum waren der Neugierde müde geworden.
So geschah es, dass die Kinder von Ask und Embla große Probleme bekamen. Sie machten sich das Leben schwer. Beschuldigten, ja beschimpften sich oft. Waren neidisch aufeinander, oder eifersüchtig. Verliebten, stritten und trennten sich doch. Es gab sehr wenig wahre Liebe auf der Welt. Ask hasste Embla mit all seiner Kraft. Embla hasste Ask mit all ihrer Leidenschaft. Natürlich gab es auch einige wenige Asks und Emblas, die einen ausgeglichenen Lebensatem hatten.
Das merkten nach abermals vielen tausend Jahren auch die Götter und beschlossen etwas dagegen zu tun.
Odin hatte eine Idee. Wir trennen sie voneinander. Auf der Nordhälfte der Welt sollen die Männer leben. Auf der Südhälfte die Frauen. Die anderen Götter hielten das für einen ausgereiften Vorschlag. Allerdings hatte niemand von ihnen dabei bedacht, dass sich so Asks und Emblas nicht mehr fortpflanzen konnten. Auch kannten sie die Sehnsucht der Menschen nicht.

Nun lebten Mann und Frau also in verschiedenen Welthälften. Frauen im Süden, Männer im Norden. Da sie nicht unsterblich wie die Götter waren, wurden sie immer weniger.
Natürlich bemerkten das die Götter nach einiger Zeit und berieten sich abermals.
Wieder war es Odin, der einen Vorschlag machte:  "Die Menschen haben kein Gleichgewicht mehr in ihrer Seele. So ist es an der Zeit, dass sich die passenden finden müssen, bevor sie ganz austerben.
Ask mit wenig Kraft muss Embla mit viel Mut finden. Embla mit wenig Leidenschaft braucht einen Ask mit viel Ausdauer. Wisst ihr was ich meine?"
Lodur nickte und antwortete: "Es ist eine Art Puzzelspiel!"

Seit dieser Zeit herrscht eine große Suche auf der Welt. Ask sucht Embla. Embla sucht Ask.
Die Götter haben Zeit.
"Ask und Embla müssen sich eben die nötige Zeit nehmen." waren die letzten Worte von Odin. Die Götter haben sich zurück gezogen. Vielleicht schauen sie in ein paar tausend Jahren nochmals bei uns vorbei?

Mein Lieber und so suchen wir, ohne müde zu werden. So ist die göttliche Bestimmung.

Ich wünsche Dir für heute eine angenehme Nacht.

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Kommentare zu diesem Text

chichi† (80)
(18.11.07)
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 GillSans meinte dazu am 18.11.07:
Sie schauen vorbei, mit sicherheit....und wenn nicht ist das auch egal, hauptsache wir haben unser bestes getan.
Dir auch schöne Sonntagsgrüße, oder besser einen schönen Wochenanfang. Gill
Anima D. (39)
(18.11.07)
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 GillSans antwortete darauf am 18.11.07:
Ja, das wäre es, wenn sie ihre Bestimmung doch nur wiederfänden.
Danke Dir für Deinen schönen Kommentar und wünsche Dir einen schönen Restsonntag, die Gill
shadowhunter (28)
(18.11.07)
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 GillSans schrieb daraufhin am 18.11.07:
Danke. Ask und Embla sind germanisch Adam und Eva. Wusste ich vorgestern auch noch nicht. Liebe Grüße und danke Dir, dass du mal wieder bei mir vorbeigeschaut hast.
Gill

 Prinky (18.11.07)
Ahhh, da ist sie wieder. Die Märchenerzählerin. Aber das ist nicht abwertend. Ich findes es bezaubernd. Für mich bist du die neuzeitliche, (wenn es eine Frau gewesen wäre), H.C.
Andersen. Klasse!
So ein dickes Märchenbuch, vollgepackt mit solch herrlichen Kurzgeschichten, wäre absolut dein Metier.
Weißt du, ich glaube,- Gerda hat recht. Es ist kein direktes Märchen, aber es ist wundervoll darin verpackt. Eine Geschichte, die du herrlich erfrischend mit unserem Briefwechsel kreuzt. Na dann, auf unser beider Erfindungsgabe.
Micha

 GillSans äußerte darauf am 18.11.07:
Micha, ich bin gespannt, was das noch so gibt.......aber leider streikt die Bahn - mein breif wird wohl erst morgen oder übermorgen bei dir ankommen....hehehe, wie gut dass man nun einen Vorwandt hat, wenn briefe nicht zur rechten Zeit ankommen.
Nein....er kommt, ich brauche nur diesmal ein wenig mehr Zeit für meine Antwort.
Liebe Grüße, Gill
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