Die unglaubliche Stille der Worte mitten im Satz

Kurzprosa zum Thema Wahrnehmung

von  DanceWith1Life

In einem Land
nicht hier, nicht dort,
nicht bei uns
und nicht an einem anderen Ort
gibt es den Wunsch zu leben.
Und alles zurückzugeben,
was dort empfunden.

Die Pflanzen reckten sich in den Himmel und grünten sich, so grün wie sie es gar nicht besser sein konnten. Die Winterschläfer fingen an die Kälte abzuschütteln, mit kleinen unmerklichen Bewegungen, Saite für Saite aus der Starre zu klimmen, ganz sacht, damit nicht gleich die halbe Welt aufwacht, denn für alles gab es noch eine eigene Zeit.
Meine Zeit, flüsterte das Eichhörnchen und putzte sich die verkrusteten Augen, dann aß es noch schnell die letzten Vorräte und huschte nach draussen.
Wollte die Sprache der Menschen die Bewegungen dieses Eichhörnchens beschreiben, es gäbe Pausen, mitten im Wort und einen Sprung da und dort und wieder lauschen, knuspern und Bäumerauschen, und schnell weiter und ungeachtet Punkt und Satz, zum nächsten sicheren Ast, und das alles ohne Hast und dennoch unglaublich flink.
Wollte der Dichter Versmaß dem Lauf dieses Wesens gleichen, es müsste sich ausserhalb des Schrittes verändern und dennoch dem Rhythmus entsprechen, und Wachsamkeit bis in die Ohrenspitzen, egal ob rennend, kletternd oder sitzend, vorausdenkende Vernunft weit hinter sich lassen, so augenblicklich sprungbereit, das ist nicht zu fassen.
Doch wir reden von Kunst.
Wir reden von Technik.
Wir reden über all diese kindischen Sachen, mit einer lustigen Freude und einem Schalk im Nacken, der sich ständig selber beißt.
Kein Tier würde so etwas machen.
Und dann diese seltsame Stille mitten im Satz, dafür gibt es gar kein Wort, wo war ich letztes Jahr, wo bin ich jetzt, und die Suche nach Nahrung zieht mich von Ort zu Ort.
Hat das Eichhörnchen all das im Winterschlaf geträumt?
Von den Fingerspitzen bis ins Herz rennt es den Durst und Hunger entlang, bis es findet, wonach es gesucht.
Manch ein Geräusch hält es augenblicklich, so etwas kann kein Choreograph nachmachen, die besten Tänzer würden zu Boden sinken und wie Dilettanten lächeln.
Ein Blick genügt und nichts passiert.
Und immer noch passiert nichts.
Unglaublich Wachsames Nichts.
Dabei hätte es in unserer Welt noch nicht einmal Kaffee gekocht, es wäre immer noch auf dem begehrtesten Weg zum Bäcker.
Das Badezimmer wurde allerdings in Zunge und Pfoten installiert und die Reinlichkeit, bei jedem gesunden Tier, ist vom Feinsten, und das ohne Eau de Cologne und Watte und Spiegel.
Was ist es denn, was wir in der gleichen Zeit machen.
Und wissen wir schon, worüber wir dann beim Spazieren gehen lachen?
Hat unser Herz die Witterung erkannt im selben Augenblick?
Wer bin ich hier, wenn dieses Hier von solch einer Vollendung ist?
Und was machen wir nur für komische Sachen?
Dennoch, flüstert mein Herz, auch für Menschen gibt es ein Frühlingserwachen.

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Kommentare zu diesem Text


 Mondgold (10.08.08)
Von den Fingerspitzen bis ins Herz... man sieht förmlich das Ohrenspitzen. Bei so viel Achtsamkeit, muss ich mir um Deinen "persönlichen" Ausdruck keine Sorgen machen )
Sehr, sehr gerne mit Dir "gereist" LG Mondgold
Schrybyr† (67)
(18.07.13)
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Schrybyr† (67) meinte dazu am 21.07.13:
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