Drei Schwestern (gesprochen von Alcedo)

Naturgedicht zum Thema Meer

von  Erebus

Seit Stunden flaut der Wind. Vom Himmel drückt
der starre Grind, die Buckelhaut der Wolken.
Die See aus Tran ist ausgegossen, glatt.
Es hat ein dumpfer Wahn die Welt entrückt
und alle Gunst vertan und ausgemolken.

Aus einem Schlot quält sich der fette Rauch,
er legt sich ölig über Kran und Sprosse.
Die Rose dräut, der Ozean ist matt,
er schläft ganz sanft, er hebt und senkt den Bauch
und wie im Traume zuckt er mit der Flosse.

Da teilen sich die Fluten zum Geschick
des Frachters und der Mannschaft herzueilen;
drei Schwestern ruhten tief, doch nimmer satt,
im Meer, die jagen nun mit grauem Blick
daher und nichts kann ihr Verlangen heilen.

Die erste hebt das Haupt und wölbt zum Kuss
die Lippen, muss, um sich begehrt zu fühlen,
die Seelen rühren, die an ihrer statt
ein Ende spüren, muss im Speichelfluss
der kalten Zunge in den Wanten wühlen.

Die zweite eilt mit nackter Brust herbei,
von schaumbeflockten Zähnen tropft der Geifer.
Sie speit auf Süll und Schanz, durch jedes Gatt,
sie presst den feuchten Busen ins Geschrei
von Mann und Maat, und maßlos ist ihr Eifer.

Die dritte steht, bis an die Hüfte bloß,
sie weitet - um dem Schiff das Los zu wählen -
im kalten Fleisch die letzte Ruhestatt:
dem stählernen Gekreisch den nassen Schoß.
Und zwingt den alten Kahn, sich zu vermählen.

Seit Tagen flaut der Wind. Die See ist leer,
der Himmel hohl und schwer und ohne Zeichen.
Doch gestern war ein guter Tag im Watt.
Es kamen Schwestern, brachten übers Meer
den Krabben reiche Fracht und frische Leichen.


Anmerkung von Erebus:

meinen ganz herzlichen Dank an Alcedo für die gelungen Vertonung

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