Wenn ich...

Text

von  ZornDerFinsternis

Wenn ich heute sterben müsste, um ehrlich zu sein, es wäre mir egal. Wo ich meine Zukunft; meinen Schutzengel; meine gute Fee verloren habe – weiß ich nicht mehr. Welcher Weg hinter mir liegt, welche Abgründe mich anstarrten, in welcher leeren Herzensgasse ich verloren ging... ich weiß es nicht mehr. Würde ich 20 Jahre alt werden, ich bin mir sicher, das würde reichen. Ich habe genug und doch viel zu wenig von dieser Welt gesehen. Und, ich frage mich, was es noch zu sehen geben sollte – außer Scherben. Angst, Tränen. Schmerzen.
Leere Augen liegen vor mir im See. Die Trümmer meines Herzens rufen noch immer nach mir. Deine Kälte macht mich noch immer krank. Alles ist vertraut, und doch begegnet mir bloß Fremde. Irre im Schneesturm meiner Seele umher, auf der Suche nach einer Oase, die Schutz gewähren könnte. Suchen und Finden – zwei belanglose Dinge, die irgendwie nicht ganz zusammen gehören. Findet man Etwas, etwas wirklich von Belangen, nimmt man es dir. Schmeißt es weg, wie wertlosen Dreck und du musst wieder suchen. Verbittert. Einsam und kalt. Zweifel treiben dich zur Suche an, auch wenn du eigentlich resignierst. Das Leben schubst dich mit jedem Herz- und Pulsschlag weiter durch die Nacht, in der du doch am liebsten nie mehr aufwachen wolltest. Aber im Leben geht es nun mal nicht um Gefühl, Verständnis und „Zu-Hause-Ankommen“.
Selbst das beste, schönste Buch hat eine letzte Seite. Die verzaubernste, melancholischste Musik findet in ihrem Elend ihr Ende. Genauso, spielt das Leben auf verstimmten Gitarrensaiten. Ebenso sehne ich mich nach einem Ende. Einem Schlussstrich. Einem Ausweg; einem Zu Hause. Diesen Ort habe ich nicht gefunden. Habe keine Freude mehr in mir, wenn ich in lauen Vollmondnächten durch einsame Wälder streife. Kein Lachen, wenn ich an dich; mich; an uns, denke. Zu viel ist passiert. Viel zu viel, um überhaupt sagen zu können, was das Schlimmste und was das Schönste, war.
Gewissheit ist das Wasser, das die durstigen, schwächlichen Pflanzen gedeihen lässt. Aber das Einzige, das hier, in diesem Alptraum, aus dem es kein Erwachen gibt, sicher ist, das ist der Tod.
Sollte ich heute sterben, ich würde es nicht verneinen. Hätte keine Angst, etwas verpasst zu haben. Dass ich dieses Leben „gelebt“ habe, würde ich nicht meinen, aber, es wäre auch nicht schade, wenn es hier und jetzt, ein Ende fände. Zu sagen habe ich nichts mehr. Zu sehen gibt es nichts mehr. Zu erwarten, zu hoffen – ebenso wenig.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Dieter Wal (16.08.09)
Liebe Anni,

hoffe sehr, dass du nicht wie in der Mehrzahl deiner Texte eines traurigen Tages von der Möglichkeit Gebrauch machst, dein Leben wie ein ungeduldiger Supermarktkunde beim Verlassen des Ladens in den Mülleimer zu entsorgen. Denn, Anni, dein Leben ist keine Klebefolie, kein Pappkarton, keine leere Getränkedose und auch kein zerbrochenes Glasgefäß, sondern dein einziges. Es gibt kein weiteres. Du bist einmalig. Beim Lesen dieses Textes kam mir die in Verse gesetzte Musik Else Lasker-Schülers in den Sinn. Ich hörte richtig, wie sie im Tango Mortale dazu sang.


Else Lasker-Schüler

Ich liege wo am Wegrand

Ich liege wo am Wegrand übermattet -
Und über mir die finstere kalte Nacht -
Und zähl schon zu den Toten längst bestattet.

Wo soll ich auch noch hin - von Grauen überschattet -
Die ich vom Monde euch mit Liedern still bedacht
Und weite Himmel blauvertausendfacht.

Die heilige Liebe, die ihr blind zertratet,
Ist Gottes Ebenbild . . . . !
Fahrlässig umgebracht.

Dein Text beklagt den Verlust eines Partners und zeigt starke depressive Verstimmung darüber. Das kenn ich gut. Nach 2 Monaten spätestens sollte sie überstanden sein.

Halt die Ohren steif. Und wehe dir, du hältst dich für gebrauchtes Verpackungsmaterial! :P

Hier grüßt herzlich
Dieter
Misanthrop (31) meinte dazu am 16.08.09:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Asvika (23)
(22.08.09)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram