wie im film

Text zum Thema Trennung

von  makaba

Ich schaue dich an. Lange. Du merkst es nicht. Eigentlich merkst du selten mal etwas.

Die Musik im Hintergrund dröhnt laut, so laut in meinem Ohr, zu laut für meinen Kopf.

Ich könnte mitsingen, denn sie ist bewusst ausgewählt. Soll dir was sagen. Ich überlege tatsächlich ob ich mitsinge, aber es würde in ein Schreien ausarten. Und das ist schon viel zu oft passiert. Deine Aufmerksamkeit würde ich eh nicht mehr bekommen. Dein Focus ist nicht bei mir. Er war es glaube ich eh nie.

Du packst deine Sachen in die blaue Reisetasche. Langsam, so langsam, viel zu langsam für mein Herz.

Ich sitze am Computer und stelle die Musik zusammen. Hintergrundmusik für diese Szene, wie im Film. Zugegeben, eine low-buget-production. Gedreht in schlecht beleuchteten Hinterhöfen in Frankfurt Oder, Neubausiedlung. Wieder der Gedanke mitzusingen.

Jetzt bist du bei deinen Shorts angelangt. Ich zähle still mit, denn die Playlist ist schon lange fertig. Ich habe den Bürostuhl, den mir meine Familie zu Weihnachten geschenkt hat, etwas gedreht. So kann ich dich besser sehen. Und besser zählen. Mit jeder Handbewegung in den Schrank setzt mein Herz einen Moment aus. Oder rutscht es tiefer? Ich weiß es nicht. Mir fallen nur blöde Metaphern ein, von wegen Herz zerspringt in tausend Teile, die Seele stirbt mit jeder Shorts… Aber das klingt wirklich zu Hollywood. Und irgendwie fühlt es sich auch so nicht an. Es ist viel ernster, nicht so unfreiwillig komisch. Es ist einfach nur ein Schmerz. Tief drinnen. So, dass einem unwillkürlich eine Träne aus den Augenwinkeln rollt und man vergisst für einen Moment zu atmen. Das hat mit dem Zerspringen eines Organs nichts zu tun. Oder doch?

Das nächste Lied beginnt. Sagt man heutzutage noch Lied? Ist es nicht eher ein Song? Ich versuche mich mit dem Für und Wider dieser Bezeichnungen abzulenken. Du bist bei den Socken angelangt. Deine hässlichen Tennissocken, die nie richtig weiß wurden, vom vielen Fußballspielen und den komischen Schuhen. Wieder eine Frage, mit der ich mich gedanklich beschäftige, während ich die Tränen wegwische. Warum heißen die Dinger Tennissocken?
Onkel Google, frag ich jetzt aber nicht, denn du packst zu viele ein. Das ist keine wirkliche Begründung, aber, man ey, pack sie wieder aus! Bitte!

Das nächste Lied, der nächste Song. Du bist fertig mit packen. Jetzt guckst du mich an. Ich kann nicht mehr. Ich muss wegsehen. Die Tränen, ich kann nichts dagegen tun und ich mag sie dir nicht zeigen. Die Wortleichen in meinem Mund stapeln sich. Ich kann nicht schlucken, möchte laut schluchzen. Du drehst dich um.

Und gehst. Im Hintergrund spielt die Musik.
Wie im Film.

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Kommentare zu diesem Text

Zweifler (58)
(07.09.10)
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Leyla (29)
(07.09.10)
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Samhain (23) meinte dazu am 29.09.10:
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managarm (57)
(07.09.10)
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EliasRafael (50)
(07.09.10)
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 Martina (10.09.10)
Hmm....manchmal wünschte man...es wäre auch nur ein Film....und man selbst nicht der Hauptdarsteller.
Du kannst solche Szenen richtig gut beschreiben....
Lg Tina.

 princess (14.10.10)
Weisst Du, dass ich allen Ernstes einen saumäßig schweren Bauch bekam, während ich die Geschichte las? So spürbar bringst Du es rüber, dieses doofe Gefühl. Bäh...
Klasse Text!
Lieber Gruß, Ira
Herr_Beil (49)
(30.10.10)
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paris (30)
(27.01.11)
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 makaba antwortete darauf am 27.01.11:
vielen dank. auch wenn das ja irgendwie nicht so toll ist, also, das gefühl. ;)
lg makaba

 Dieter_Rotmund (12.08.19)
"low-buget-production" ?
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