und trotzdem dreht sich die Welt weiter

Skizze zum Thema Krankheit/ Heilung

von  Muuuzi

Zwei kleine Mädchen spielen auf der Wiese. Sie sind blond. Mia hat einen Pferdeschwanz. Sie ist acht Jahre alt.
Lia hat zwei geflochtene Zöpfe. Sie ist etwas jünger. Sie streiten. Und doch lieben sie sich.
Mia sitzt am großen Apfelbaum. Sie pflückt Äpfel, beißt hinein und spuckt die Kerne auf ihre jüngere Schwester. Sie wischt sich die feuchten Kerne aus den getroffenen Stellen.
Lia regt sich auf. Sie jammert und schreit. Mia muss lachen. Das Lachen breitet sich weit um diese Landschaft aus.
Die Gegend ist sehr einsam. Es leben kaum Leute hier. Die Wälder in diesem kleinen Örtchen sind schon sehr alt. Sie beschützen die Einwohner vor der endlosen Stille, die sich manchmal unerträglich ausbreitet. Die Bäume sprechen. Sie machen Geräusche. Sie singen und lachen.
Es gibt in dieser einsamen Siedlung nur ein paar alte Bauernhäuser. Sie sind alle klein und zu einem Kreis gebaut.
In der Mitte steht ein Brunnen. Eine Feuerstelle liegt daneben. Rings um das kleine Dörfchen sind die Wälder. Ein kleiner Zaun dazwischen grenzt grasende Tiere ein. Manchmal sprechen auch sie.
Lia nimmt einen Apfelkern und betrachtet ihn. Er glänzt wunderschön. Er ist noch nass. Gerade eben geboren. Sie nimmt ihre kleinen Finger, kniet sich nieder und gräbt mit einer Hand ein kleines Loch in die Erde. Dann nimmt sie den kleinen, unschuldigen Kern und bettet ihn in das Erdloch. Sie bedeckt ihn mit Erde. Sie schaut glücklich zu ihrer Schwester, die spöttisch auf sie blickt.
Mia zeigt ihr die Zunge. Und läuft weg. Über die Felder und Wiesen. Auch sie sprechen. Reden miteinander.
Lia läuft hinter ihr. Die Sonne scheint an diesem Tag. Die Wolken singen und kommen näher. Verfärben sich. 
Die Blätter der Bäume. Die Nadeln der Feen.
Der Unterschlupf der Kobolde.
Sie lachen und kreischen. Und im nächsten Moment haben sie sich wieder vertragen.

Gelber Regen kommt und ergießt sich über ihre Köpfe. Er tropft und spielt sein Spiel.
Grüne Gräser. Goldene Felder.
Türkise Bäche. Sie fließen hinab.
Vogelrufe. Klare Luft. Frischer Wind, der ihnen entgegen weht. Der mit dem Tag eins wird. Er verschmilzt mit der Welt.
Blüten der Sonne. Pilze aus Gold.  Früchte aus Silber.
Die Sonne. Die Kugel der Schöpfung. Sie kommt aus ihren Versteck und lacht. Strahlt. Glänzt. Bis der Mond kommt und sie holt. Er nimmt ihren Platz ein.
Die Kinder schlafen. Ihre Mutter deckt sie zu. Gibt ihnen einen Kuss auf die Stirn.
Sie träumen und schaukeln zufrieden in das Zauberland ihrer Wünsche.

Mitten in der Nacht klopft es.

Ein Mann steht vor der alten Holztür. Er schaut böse. Er schaut kalt und ausdruckslos. Wütend. Das Gesicht gleicht einer Maske. Er hat einen Schnauzbart. Er ist groß und etwas dick. Er hat braunes, verschwitzes Haar. Eine Kappe verdeckt jedoch den fast kahlen Kopf.
Seine Zähne sind braun und verfault. Seine Haut ist feucht und rot.

Die Mutter öffnet die Tür.

Der Vater lebt schon lange nicht mehr. Sie sind alleine in diesem kleinen Bauernhaus. Nur die Nachbarn sind in ihrer Nähe. Eine seltsame Spannung liegt in der Luft.

Der Mann starrt sie eine Sekunde an. Er sagt nichts. Verzieht nur angeekelt seinen Mund. Er kaut Tabak. Seine Zähne sind daher noch brauner. Er sagt nichts. Er spuckt zu Boden. Dann holt er aus und schlägt ihr mit einem großen, schweren Hammer ins Gesicht. Sie fällt zu Boden. Ein lauter Schlag weckt die beiden Mädchen auf. Das weiche, glatte Blut verschmilzt mit dem Holzboden.
Das Leuchten der Einsamkeit... Des Ungewissen. Ein Rätsel. Aber welches?
Der Himmel. Bedeckt mit Farbklecksen.
Der Künstler namens Gott hat ihn gemalt. Doch in welcher Stimmung war er?
Donner. Blitz.
Kein Regen.
Wärme. Heiße Luft. Der Nachklang der Stimmen. Geliebter Personen. Verhasster Personen. Wirklich? Unverstandener Personen.
Ein Schleier deckt sich um die Welt.
Lila. Blau. Rosa. Vermischt. Wolkendecken. Wolkentücher. Wolkenvorhänge. Schleier der Enthüllung im Dunkelblau der Nacht.
Ein kurioses Spiel. Und plötzlich vereinen sich der Mond und die Nacht. Sie küssen sich. Sie verschlingen sich.Gläser voller Wein. Stimmen von vertrauten Menschen.
Seen voller Schönheit. Flüsse voller Ungewissheit. Meere voller Weisheit.
Das Untergehen der Welt. In Frieden. In Stille. Und so wunderschön.
Und die Küsse kleiner goldener Engel. Oder sind es in Wahrheit nur die kleine Kinder? Sie laufen die Treppe herunter. Sie sehen ihre Mutter und fangen an zu weinen. Sie bücken sich über sie. Ihre Blutlache. Über ihren Körper.. Dann nimmt der Mann ihre kleinen Hände und zerrt die angstvollen Mädchen weg. Sie schreien nicht. Oder sind die Schreie im Klang des Donners untergegangen?

Gewitter. Blitze. Donner. Der Zorn der Götter. Wut. Widerstand. Gerechtigkeit. Und Unberechen...

Der Samen verwandelt sich in einen kleinen Stamm. Er bewacht drei kleine Hügel mitten auf der Wiese. Auf ihnen liegen Blumen. Jeder Hügel hat ein kleines Holzkreuz. Die Erde wird immer härter. Sie ist nicht mehr so locker, wie vor einigen Wochen.
Die Menschen aus den Bauernhäuser sind fassungslos. Sie verstehen die Situation nicht. Sie sind einfache Leute. Ihre Vorstellung ist nicht sehr ausgedehnt. Sie nagen an ihren Gedanken. Sie fragen und wissen doch keine Antwort. Sie sind traurig und wachsam.
Die schwarze Sonne wacht über sie. Sie strahlt nicht mehr.
Das Leben ist ein Rätsel.
Krankheiten werden im Menschen geboren.
Sie breiten sich aus. Wenn der Mensch es zulässt.

Er findet sich im Schoss der Wahrheit wieder und merkt, dass er ein skrupelloser Mörder und Vergewaltiger ist.
Er hat es schon immer gewusst.
Er kannte seine Schwäche. Er wehrte sich nicht.
Er hat ihr nachgegeben.
Sein krankes Hirn lacht.


Anmerkung von Muuuzi:

Ein Motiv gibt es nicht.
Denn kranke Menschen brauchen kein Motiv.

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Kommentare zu diesem Text


 franky (28.02.11)
Guten morgen liebe Steffi,

Hier stehen eine Menge von Bildern, sie verbinden Fröhliches und Trauriges, ungewaschene Mörderhände bringen Tod und Verderben. Kranke Hirne laßen keine Fröhlichkeit zu, sie wollen nur ihre Triebe befriedigen.
Du hast das pravourös durch Farben verbunden.

Herzliche Grüße

Franky

 Muuuzi meinte dazu am 28.02.11:
Guten Morgen, lieber Franky.
ungewaschene Mörderhände. wie wahr. dieser ausdruck gefällt mir.
Ich wollte die Welt und ihre natürliche Schönheit zeigen und die Hirne wahnsinniger Gestalten, die die Schönheit in Krankheit verwandeln.
Es ist nur eine Skizze. Ich muss noch vieles verfeinern.
Aber dein Kommentar lässt mich motoviert lächeln!

lg

 AZU20 (28.02.11)
Heilung- wohl kaum. Starker Text. LG

 Muuuzi antwortete darauf am 28.02.11:
Starker Kommentar. du hast recht.
Aber das wollen ja viele Leute nicht glauben!

 Dieter_Rotmund (26.10.19)
Das ist. Das ist ein Text. Das ist ein Text mit kurzen Sätzen. Ausschließlich aus. Ausschließlich aus kurzen Sätzen. Aus.
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