Familienblog

Text

von  minze

Über unserer Leichtigkeit des Seins lagern die Lasten des Alltags. Von der Arbeit, die es macht, ein Haus und ein Leben miteinander zu bewohnen. Von der Mühe, die die Kinder machen. Und der aufreibenden Wucht, sie zu lieben. Unsere zwei lebensbejahenden Kinder stehen auf dem Tisch zum essen. Sie bestehen auf Kuchengabeln im Saftbecher. Nachdem sie bei dir beobachten, dass du deinen Kaffee mit Kaffeelöffel in der Tasse trinkst. Sie lachen und tanzen mit vollem Mund. Vielleicht solltest du die Musik leiser drehen beim Essen. Dann Kreischen, weil Karottenraspel an der Maultasche kleben. Mein engagierter Täuschungsversuch wird aggressiv geahndet. Zum Frühstück essen sie mit dem Löffel Butter aus der Dose. Du musst lachen. Es erinnert dich an deine Kindheit. Laut tanzen ist ja eher mein Ding. Wenn ich kraftlos bin, übernimmst du. Manchmal. Oder du rastest aus. An schlechten Tagen mit dem Hinweis, dass ich wohl überfordert bin.
Gerade während der Pandemie schwanken wir zwischen Glück durch turbulenten Spaß bei unserer Familienparty plus endzeitlichem Sex versus schlichter Ermüdung. Müde will ich sie tanzen lassen, wo und wann sie wollen. Eis verteilen, Feuerwehrmann Sam Artikel im Netto kaufen und zur Butter Weißtoast reichen. Nichts mehr sagen. Du auch nicht. Du schenkst mir Wein ein. Machst den Kindern den Fernseher zu lange an. Du vergisst, die Eisverpackung in den gelben Sack zu tun.
Es gibt seit Wochen Hefezopf zum Frühstück. Ich backe. Du gibst mir Tipps, was ich besser im Haushalt machen kann. Ich bin daraufhin fassungslos und erinnere daran, wie ich meine Rolle sehe. Eigentlich. Ich kann gerade nicht arbeiten gehen. Wenn du heimkommst, trinkst du ein Bier auf der Terrasse. Dann gehe ich einkaufen. Ich erleide eine dunkle Frauenseite der Krise: das ungewollte Hausfrauendasein. Es erschöpft mich, die einzige Spülkraft zu sein. Ich trage zwar aktuell Blumenmuster aus den 60er Jahren auf meinem Nickischlafanzug, aber das geht zu weit.

Es entsteht viel Raum ohne Programm. In diesem kleinen Rahmen von uns vieren atmet das Leben laut und intensiv. Im Moment verhaftet. Ich wecke dich am Morgen und du streichelst am Abend meinen Kopf, bevor die nächtlichen Abenteuer mit den Kindern beginnen. Manchmal fehlen die Worte, aber wir flößen uns Mut zu. Stoßen darauf an, mit dem neu gelieferten Grauburgunder. Die kleinen Gesten nähren mein tiefes Gefühl. Weißt du – ich bin aufgewühlt von drängenden Impulsen, von Suchbewegungen. Ich frage mich manchmal, wohin ich mich verirren könnte. Doch trägt mich unsere Heimat.


Anmerkung von minze:

Ich habe mich lange gewehrt. Nun doch ein Covid Text. Ah!!!

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Kommentare zu diesem Text


 Teichhüpfer (30.04.20)
Wenn einer stirbt, solte nicht gelässtert werden.

 minze meinte dazu am 30.04.20:
?
PowR.TocH. (58)
(30.04.20)
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 minze antwortete darauf am 30.04.20:
Riesenbunt.danke,auch für die Empfehlung,freu mich naklar.

 Teichhüpfer schrieb daraufhin am 30.04.20:
Yo

 Dieter_Rotmund (30.04.20)
Ein bisschen arg manieriert-schwülstig. Mit "Wenn du heimkommst, trinkst du ein Bier auf der Terrasse" setzt Du zwar gute Kontrapunkte, aber so Sätze wie "Tief in mir fließt der warme Strom, der von all den kleinen Gesten genährt wird" sind einfach too much. Als wäre so ein Knast-Familienleben eine Art Epiphanie. Ehrlich ist anders.

 minze äußerte darauf am 30.04.20:
Ja es ist schwülstig.vielleicht lässt es sich etwas einfacher,direkter ausdrücken.kein eindeutiger Stil im Text.ich muss mal in mich gehen.

 minze ergänzte dazu am 30.04.20:
Inhaltlich stehe ich aber hundertprozent hinter dem Gedanken,dass in dieser familiären Isolation eine enorme Stärkung und Fixiertheit,Intensivierung blabla von/auf das wir Gefühl stattfindet.wie genau du den Begriff Epiphanie hier meinst,erschließt sich mir nicht.

 Graeculus (30.04.20)
Die Zeiten sind hart. Gut, wenn man ein Wir hat und dazu noch etwas Grauburgunder.

 minze meinte dazu am 30.04.20:
Ja! Das ertüchtigt ungemein.

 eiskimo (30.04.20)
Du lässt einen sehr nah an Euch ran mit diesem Text, und diese Offenheit wirkt, es weckt große Sympathie!
lG
Eiskimo

 Graeculus meinte dazu am 30.04.20:
Das stimmt.

 minze meinte dazu am 30.04.20:
Danke. das ist gut, wenn die Authentizität rüber kommt.
Und es berührt mich, wenn es Sympathie weckt.
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