Weihnachtswunsch

Sie kamen überraschend in meine Wohnung. Ich hatte sie nicht erwartet Ich hatte auch keinen Platz für sie reserviert. Jetzt stehen sie in meinem Wohnzimmer, auf dem Cembalo, vor der Gitarre. Im Hintergrund ein Blütenkranz aus gewalkter Wolle auf einem Strohkranz, den ich vor Jahren geschenkt bekam.

Ich freue mich an ihrem Anblick, auch wenn ich noch nicht einmal weiß, wer sie sind. Sind sie Engel oder Könige? Oder Hirten? Tragen sie Lichter, Laternen oder einen Hirtenstab? Sind es Kinder oder Erwachsene? Eine Frau oder ein Mädchen scheint darunter zu sein. Wegen der langen Haare vermute ich das.

Die Schüler einer Flüchtlingsklasse haben sie hergestellt. Sie lernen in der Schule meiner Tochter Blech zu verarbeiten für den Sanitärbereich. Eigentlich völlig unromantisch. Aber so ganz nebenbei erfahren sie bei dieser Arbeit auch etwas über Weihnachten.

Die Figuren bringen Lebendigkeit in mein Wohnzimmer, das Licht spiegelt sich in ihrem Metallmantel. Und weil Weihnachten vor der Tür steht, sehe ich in ihnen Engel, Hirten und Könige zugleich und Männer und Frauen. Und während ich so nachdenke, fällt mir das alte Weihnachtslied ein:

„Kommet, ihr Hirten, ihr Männer und Frau‘n

Kommet, das liebliche Kindlein zu schau‘n

Christus, der Herr, ist heute geboren

Den Gott zum Heiland euch hat erkoren

Fürchtet euch nicht

Lasset uns sehen in Bethlehems Stall

Was uns verheißen der himmlische Schall

Was wir dort finden, lasset uns künden

Lasset uns preisen in frommen Weisen

Halleluja

Wahrlich, die Engel verkündigen heut

Bethlehems Hirtenvolk gar große Freud

Nun soll es werden Friede auf Erden

Den Menschen allen ein Wohlgefallen

Ehre sei Gott“

So vieles klingt bei diesen Worten gleichzeitig an, z.B. Erinnerungen, Hoffnung, Trost, Verheißung, Freude. Und all das kann jederzeit ganz überraschend zu uns kommen, wie diese Figuren zu mir kamen, und unser Leben erhellen, sodass wir wieder klar sehen. Das wäre schön.