Frühling

Gedicht zum Thema Jahreszeiten

von  Tula

Als Gott, der laue Winde nordwärts trägt,
ist er am Morgen übers Land gekommen.
Der Spross, der sich seitdem im Innern regt,
hat seinen Ruf, noch halb betäubt, vernommen.

Schon wird er ungeduldig, keimt und drängt,
meint ICH sei's, der ihn in den Kerker sperrte.
Er ahnt, das Weiß, das in den Bäumen hängt,
ist nur der Auftakt roter Festkonzerte.

Ich halte ihn … umsonst, er bricht hervor
und bleibt sogleich an allen Düften kleben.
Er schaut mich an und lacht, weil ich ihm schwor,
es könne nie mehr einen Frühling geben.


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Kommentare zu diesem Text


 monalisa (22.03.22, 08:04)
Hallo Tula,
in deinem Frühlingsgedicht ist es dir in meinen Augen hervorragend gelungen, die erneuernde und hoffnungspendende Kraft, die ihm innewohnt, trotz und gerade in diesen Zeiten zu thematisieren. Somit ist es ein Abgesang aufs Leben und Antwort auf die Frage: Darf man in diesen Zeiten noch Frühlingsgedichte schreiben?
Der letze Vers ".. es könne nie mehr einen Frühling geben" wird von der Natur selbst ausgehebelt. Es nutzt nichts, sich vor ihrer Kraft und überquellenden Schönnheit zu verschleißen, wenn sich ihr Spross im Innern regt und ungeduldig keimt und drängt und schon in der Blüte die Ernte vorausahnt.
Dieses Bild, der im Innern keinemden Hoffnung und Lebensfreude hat mich "trotz allem" erreicht, erfasst und heute Morgen beschenkt

Liebe Grüße
mona

 Tula meinte dazu am 22.03.22 um 21:29:
Hallo mona
Vielen Dank! In der Tat, die Lebensfreude sollte uns bis ins hohe Alter nie verlassen, und nach einem dunklen Winter wirkt der Frühling eigentlich (oder fast) auf jeden irgendwie Licht und Hoffnung spendend. 
Da der Frühling stets die Liebe symbolisiert, hoffe ich, dass S3 auch in dieser Hinsicht deutungsoffen bleibt. Bekanntlich ist es auch für solch einen Frühling nie zu spät  :)

Liebe Grüße
Tula

Antwort geändert am 22.03.2022 um 21:29 Uhr

 EkkehartMittelberg (22.03.22, 11:00)
Gelungen, Tula. Man sollte nichts schwören, was man nicht halten kann.
LG
Ekki

 Tula antwortete darauf am 22.03.22 um 21:32:
Hallo Ekki
Da stimme ich gern zu.
Dankend lieben Gruß
Tula

 GastIltis (22.03.22, 16:59)
Hallo Tula, ein ganz exzellenter Text von dir!

Ein Gott, der Eisen wachsen lässt,
vermasselt seine Chancen,
wenn er die Zeilen, halt dich fest,
liest, mitsamt der Nuancen,

die du, wenn auch teils ungewollt,
im Schwur zu hindern suchtest.
Du hast noch hin und her gescrollt,
bis du den Frühling buchtest!

Herzlich grüßt dich Gil.

 Tula schrieb daraufhin am 22.03.22 um 21:34:
Hallo Gil
Vielen Dank für deinen poetischen Applaus. So hat auch dich bereits der Frühling inspiriert  :)

LG
Tula

 AchterZwerg (23.03.22, 06:48)
Der junge Rimbaud schreibt in seinem Gedicht "Der Schläfer vom Tal"


...
er ist ins Gras gestreckt, unter der Wolke
bleich in seinem grünen Bett,
wo es Licht tropft
...
er schläft - lächelt wie ein krankes Kind
...
er hat zwei rote Löcher
in der rechten Schläfe
Das Gute und das Grausame am Frühling ist, dass er sich in jedem Fall durchsetzen wird; zwischen den Leichen der Soldaten wachsen Schlüsselblumen ...


Trotzdem herzliche Grüße
der8.

Kommentar geändert am 23.03.2022 um 06:49 Uhr

 Tula äußerte darauf am 23.03.22 um 21:01:
Hallo 8er
das Gedicht vom Rimbaud ist mir in der Tat in Erinnerung, viele andere nicht, aber dieses Bild schon. Wollen wir jedenfalls hoffen, dass der Frühling das Ende wenigstens dieses Krieges bringt, einigen anderen, die da ebenfalls im Gange sind, leider nicht.

LG
Tula

 harzgebirgler (26.03.22, 11:09)
es ist der lenz zum glück nicht aufzuhalten
selbst wenn unweit von uns kriegsgreuel walten.

lg
harzgebirgler
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