Narkotika

In letzter Zeit schlafe ich so schlecht, ich weiß nicht, woran das liegen mag; unbezahlte Rechnungen, abgebrannte Autowracks, sterbende Liebschaften oder, ganz allgemein, dass die Welt zum Teufel geht. Ich habe schon alle möglichen Mittelchen ausprobiert, Tabletten, Alkohol, Fernsehnachrichtendauergucken, Yoga im Feinripp auf dem verranzten Bettvorleger oder Juli Zeh-Lesen, doch das Ergebnis war gleich Null; und so wälze ich mich in meinen Laken von der einen auf die andere Seite, starre Löcher in die Dunkelheiten der Nacht, schaue um halb drei auf den Wecker und stehe dann wie gerädert auf, wenn der Morgendämmer durch die Ritzen der Jalousien lugt, die Dohlen und Amseln in den Bäumen einen Mordslärm veranstalten und der Pendlerverkehr über den Asphalt zu rollen beginnt. Es will mir einfach nicht gelingen zu schlafen, und so vegetiere ich tagsüber mit halben Umdrehungen vor mich hin in die Welt, von der ich nicht viel mitbekomme.

Ich denke, es liegt an den Mondphasen, denn wenn zunehmender Mond ist, dann schlafe ich besonders schlecht, bin auch immer grundlos aufgeregt und bilde mir ein, Herzrasen zu haben. Dann schaue ich in den bestirnten Himmel, und da ist er, der halbe zunehmende Erdgeselle.

Und bei abnehmendem Mond, wie ich festgestellt zu haben glaube, dann schaue ich immer besonders spät noch in das stoische Rauschen des Bildschirms und die Nacht will kein Ende nehmen, und die Chipstüten, und das sinnlose Gieren in den flackernden Schimmer des offenen Kühlschranks.

Bei Vollmond ist es aber am Schlimmsten. Da lege ich mich gar nicht mehr hin. Ich bin hellwach, als wäre lichter Tag. Als wäre lichter Tag.

© Rainer M. Scholz