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Text

von  Mondscheinsonate

Ein Mittfünfziger steht bei der Tür, er hat graue längere Haare, die er zu einem Zopf gebunden hat, kaut mit offenen Mund seinen Kaugummi. Die Backenknochen stechen hervor, bewegen sich im Takt des Kauens, während hinter ihm ein Mädchen ins Handy blickt, es hat eine Sonnenbrille auf. 

Ein kleines Kind streitet mit der Mutter. Sie sitzt, das Kind steht, lehnt sich an, ohne sich festzuhalten. In den Händen hält es ein gelbes Spielzeugauto. 

Heute ist die Garnitur in schwarz gehalten, alles ist still. Es wirkt wie ein Leichenzug in Richtung Simmering, Zentralfriedhof, hier geht es aber nur zum Schottenring. Der Himmel ist dunkelgrau über der Donau, überall Nebel. Ganz hinten strahlt die Sonne in einem breiten Streifen, es wirkt wie von Kinderhand gemalt.

Am Friedrich-Engels-Platz wird die Stille durch lärmende Kinder durchbrochen, sie lachen und sind fröhlich, werden vom Rest ignoriert. Der kauende Mann steigt demnächst aus, er hat den Knopf bereits gedrückt. Kurze Zeit später sehe ich, wie er über die Straße geht. 

Ein junger Mann setzt sich zu mir, er riecht nach übertrieben viel Parfüm, jedoch noch keinem Aftershave, Bart hat er noch keinen. 

Die lärmenden Kinder bringen Regenbögen in die triste Stimmung, vorbei an kahlen Bäumen, grauen Häusern, noch geschlossenen Geschäften, einer großen Apotheke, die auch noch in Dunkelheit und grau gehüllt ist, der Supermarkt daneben hat offen, Tannen, einem Basketballplatz, einer Schule, einem Eiscafe und einem Park. Da steigen Bauarbeiter in rot ein, heben sich ab, plaudern miteinander, man versteht sie nicht. 

Häuserfronten besprayt, Verkehrsschilder, eine Spielstraße und eine Sackgasse. Der Blick hinauf, keine Lichter brennen, nur die Ampel strahlt das Rot ins Auge, Lichtbrechung. Die ganze Fahrt hindurch ist es grau, grau, dunkel- und hellgrau, eine Schultasche leuchtet in neongrün. Sammelstellen für Altglas und Plastik, eine Wiederverwertung. Ein Platz mit Rosenbögen, keinen Rosen. "Umsteigen zu 5a", der Bunker, Krieg im Augarten, Glashäuser daneben, dahinter in weiter Ferne sind Kräne, es geht in die Kurve, die Straße ist belebter, auch alle in schwarz, ein Werbeplakat einer Handywerbung, der junge parfümierte Mann steigt aus, hinterlässt seine Wolke, da, eine hell erleuchtete Bäckerei, die Menschen darin suchen sich Leckereien aus, das mache ich auch gleich, aber woanders.


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Kommentare zu diesem Text


 Redux (22.11.23, 08:07)
Manchmal sind es diese Beschreibungen und Momentaufnahmen   die für sich stehen, die nicht unbedingt eine Botschaft enthalten, sondern einfach dem Leser ein Bild in die Hand drücken. Gefällt

 Mondscheinsonate meinte dazu am 22.11.23 um 08:12:
Ich habe auf Sri Lanka einmal 20 Minuten eine Busfahrt gefilmt, die Kamera auf die Straße gerichtet. Es ging langsam voran. Ich liebe diese Aufnahmen, zeigen sie doch die Wirklichkeit.
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