Von einem, der auszog, sich zu erneuern

Kurzgeschichte zum Thema Veränderung

von  EkkehartMittelberg

Bei der morgendlichen Rasur schaute er etwas länger hin und fand sich öd und fad. Wie sollte es auch anders sein? Immer dieselben Kneipen, immer dieselben Gespielinnen und Kumpels, immer derselbe Urlaubsort, immer dieselbe Musik. Er begann zu altern. Routine nistete in seinem Hirn und seinem Herzen.

Es gab nur eine Lösung. Er musste an die frische Luft. Aber wo würde er sie finden? Richtig, auf einer Kreuzfahrt. Es würde frischen Wind an Bord geben, Länder und Menschen würden wechseln, er wäre ständig herausgefordert. Geld hatte er genug. Daran sollte es nicht liegen.

Er entschloss sich zu einer Weltreise, die ein Vierteljahr dauern sollte.

Bald befand er sich in einer bunten Tischgesellschaft von Globetrottern, die mit immer neuen Anekdoten aufwarten konnten. Er wollte nicht zurückstehen, kramte in seinen Erinnerungen und da er ein guter Erzähler war, erheiterte er die Gesellschaft mit erotischen Anekdoten aus seiner Jugend. Nein über Langeweile hatte er nicht zu klagen. Aber nach einigen Wochen merkte er, dass sich sein früheres Leben wiederholte. Es war jetzt zwar angenehmer mit den wechselnden Orten und der permanenten Heiterkeit. Doch er spürte, dass er auf dem spiegelglatten Meer der Oberflächlichkeit dahinsegelte. Die Routine stellte sich wieder ein, es war eine Routine de luxe.

Er hatte Zeit genug zu überlegen.

Auf jeder Insel wurde er von bedürftigen Kindern angebettelt, deren Schicksal er mit kleinen Almosen nicht verändern konnte. Ihm schwebte vor, auf einer dieser Inseln eine Schule zu gründen, einheimische Lehrer anzustellen und die Kinder im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten auszubilden zu lassen. Nun lagen Monate angestrengten Nachdenkens vor ihm, denn diese Ausbildung sollte ja ein Curriculum haben, das die Kinder befähigte, in ihrem Lande oder in anderen Ländern ihren Lebensunterhalt zu verdienen.




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Kommentare zu diesem Text


 franky (30.11.23, 08:53)
Hi liebe Ekki 

Wenn einige zu den gleichen Gedanken  kommen würden, gäbe es ein winzigen Teil mehr Fortschritt. 

Grüße von Franky

 willemswelt (30.11.23, 08:57)
hallo,Ekki,wenn das stupide Kreuzfahrterlebnis zu solch einer Änderung im Leben führt,werden die Fahrten sogar zu einem wertvollen Schritt-einen Morgengruß,Willem
Agnete (66)
(30.11.23, 10:54)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.11.23 um 11:45:
Hallo Monika,
deiner Kritik stehe ich diesmal verständnislos gegenüber, weil du flüchtig gelesen hast.
"Kann er das überhaupt finanziell?" Am Ende des 2. Ab schnitts habe ich erwähnt, dass er Geld genug hat. "Daran sollte es nicht liegen."
Ich erwähnte, dass er einheimische Lehrer anstellen will. Also braucht er persönlich keine Ausbildung.
Das selbstironische Kerkeling-Zitat leitet erlebte Rede ein, also seine Gedanken.
LG
Ekki

Antwort geändert am 30.11.2023 um 11:46 Uhr
Agnete (66) antwortete darauf am 30.11.23 um 12:50:
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 30.11.23 um 14:48:
Nein, er musste kein Großkonzernbesitzer sein. Du warst viele Jahre im Ausland und weißt, wie günstig auf exotischen Inseln Grundstücke zu erwerben sind und wie niedrig dort die Löhne für Lehrer sind.  
Er war drei Monate unterwegs, Zeit genug zum Nachdenken
 und wenn jemand zu diesem Beschluss kommt, ist er kein Gutmensch, sondern ein guter Mensch.
LG
Ekki

 Dieter Wal äußerte darauf am 05.12.23 um 14:51:
Der tolle Film- Titel von Hape-Kerkeling passt hier stilistisch überhaupt nicht, denn der Prot ist kein Junge.
@Ekki:


Seh ich wie Bgrete. Doch kann man einen solchen Titel, wenn einem nix Besseres einfällt, durchaus zitieren. Nur ergibt das Zitat hier in meinen Augen als Anspielung keinerlei Sinn.

 AZU20 (30.11.23, 12:02)
Hoffentlich war das Nachdenken erfolgreich. LG

 AchterZwerg (30.11.23, 13:56)
Lieber Ekki,
mir fehlt hier etwas. 
Mindestens ein Satz im Sinne von: Am nächsten Tag mietete er ein Haus an oder dgl.
So wirkt derText unvollständig auf mich und ich denke: Und? Wie weiter?

Herzliche Grüße
Piccola

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 30.11.23 um 14:58:
Liebe Piccola.
,
ich habe diesen Text bewusst als Kurzgeschichte bezeichnet und nicht als Erzählung. Der Ausgang von Kurzgeschichten ist bekanntlich offen, Erzählungen verraten ihn.
Für mich ist es klar, dass er seinen Vorsatz umsetzt, weil er zugleich human und vernünftig ist.

Herzliche Grüße
Ekki

 uwesch (30.11.23, 19:42)
Das scheint mir eher eine Träumerei zu sein. Typische KreuzfahrtenteilnehmerInnen sind wohl kaum derartig offen für solche Projekte. Davon habe ich noch nie etwas gehört. Und wenn ist das doch allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein.
LG Uwe

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.11.23 um 20:20:
Interessant, Uwe, woher weißt du, wie typische Kreuzfahrtenteilnehmer reagieren? Hast du schon welche gemacht? 
Bitte aufmerksam lesen: Ich habe geschrieben, dass er vor dieser Reise immer an demselben Urlaubsort war, also kann er kein typischer Kreuzfahrtenteilnehmer gewesen sein. Sein Projekt kann gar nicht typisch sein, weil es ja dem Überdruss an Oberflächlichkeit laut meinem Text entspringt.
Das mit dem "Tropfen auf dem heißen Stein" weise ich total zurück. Was kann ein Einzelner mehr leisten als der Protagonist? Was wenn nicht Schulbildung kann Menschen auf solchen Inseln helfen?

 Saira (01.12.23, 02:55)
Lieber Ekki,
 
es scheint, als habe der Protagonist bisher immer nur an der Oberfläche gelebt.
 
Als er die Kreuzfahrt antrat, freute er sich zunächst über die viele Abwechslung, aber auch hier begegnete er nach einiger Zeit der Routine. Er nannte sie die Routine de luxe. Der Protagonist suchte nach dem Sinn des Lebens, nach einer Aufgabe, die ihn erfüllte, nur war er sich dessen noch nicht bewusst. Während der Kreuzfahrt lernte er auf den Inseln viele bedürftige Kinder kennen.
 
Sein Blick auf das Leben veränderte sich. Er erkannte die Chance, durch sein Wirken und seine finanziellen Mittel, seinem Dasein endlich einen Sinn zu geben.
 
Eine gelungene Kurzgeschichte!
 
Herzliche Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.12.23 um 09:21:
Vielen Dank, Sigi. Es hat lange gedauert, bis jemand diese Kurzgeschichte wirklich verstanden hat.

Herzliche Grüße
Ekki

 lugarex (17.12.23, 10:49)
erzählung ist super!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.12.23 um 14:04:
Danke, dein Kompliment freut mich, Luga.

LG
Ekki
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