Aufpassen!

Text

von  Mondscheinsonate

, sagte Leo als ich über die zusammengeschobenen Schneemassen kletterte, die Autos waren eingeklemmt, tatsächlich, so viel Schnee gab es schon lange nicht mehr und mancherorts sah man die Hausmeister die ganze Nacht Schnee schieben, so auch in meiner Straße, Günther fluchte dabei, wir lachten, ich sagte: "Leo, ich habe ihn noch nie arbeiten gesehen." 

"Kleines, magst du eine heiße Tasse Tee? Wo sind deine Handschuhe?" Ich sagte, dass ich keine habe, da zog er seine aus und gab sie mir. Es waren große Lederhandschuhe mit Lammfell darin. "Aber, da wird dir kalt!" Er schüttelte den Kopf, schüttelte sich jedoch. Es begann wieder zu schneien, wir stellten uns in den Vorraum. "Wenn es schneit, dann verdeckt es das Böse," sagte ich, "es ist alles friedlich." Leo sagte, er mag das auch. 

Ich sollte mich irren, die Macht des Alkohols verdeckt gar nichts. 

Michael kam zwei Stunden später und wir hatten es lustig, wie eigentlich immer. Um dreiviertel eins, das Lokal war bummvoll, öffnete sich die untere Tür, zwei kamen heraus und stritten, es dampfte Zigarettenrauch und Hitze nach. Leo flüsterte: "Michael, gehen wir raus." Zu mir sagte er: "Du bleib bitte drinnen." Ich folgte und setzte mich auf den kleinen Holztisch und baumelte mit den Füßen. Die zwei Streithähne gingen raus, Leo stand zwei Meter von der Tür entfernt und Michael parallel dazu, dazwischen die Betrunkenen und ein Schneegestöber. Ich sah nur Schatten in der Dunkelheit. Tatsächlich, Leos Gefühl täuschte sich nicht, die zwei gingen plötzlich mit Fäusten aufeinander los, der eine überraschte den anderen mit einem Schlag mitten auf die Nase. Leo stürzte sich auf den näher bei sich Stehenden, Michael nahm den anderen, plötzlich änderte sich die Gegnerschaft, beide kämpften plötzlich gegen Leo und Michael und obwohl Michael ziemlich kräftig und stark war, hatte er durch die dicke Lederjacke Probleme, sich ordentlich zu bewegen und Leo, der groß war rang mit dem anderen bereits am Boden, wobei der Kontrahent mit den Füßen seinen Erstgegner trat, alles in allem eine schreckliche Katastrophe. Ich sprang auf, lief hinunter, öffnete die Türe, drängte mich durch hunderte Leute, fand Markus, der gerade Bier zapfte und Dino, der Wein einschenkte und zupfte beide wild an ihren Shirts, ganz aufgeregt war ich, da wussten sie Bescheid, denn ich war stets eine Ruhige. Es spielte Suzie Quattro, dröhnte. Beide ließen die Getränke stehen, drängten mich zur Seite, durch die Menschenmassen und liefen hinaus, ich hinten nach, hatte mehr Probleme durch die Tanzenden zu gelangen. Als ich oben war, öffnete ich (verbotenerweise) die Tür, in dem Moment flog der große Leo auf mich, ich fiel um, er landete weich auf mir, ich hart auf den Boden. 

Ich hatte unzählige Kilogramm auf mir, atmete schwer, der Rücken tat mir weh. Leo rollte sich auf die Seite, da sah ich in sein Gesicht, es war blutig. Ich schwieg, es krampfte mir das Herz zusammen. Markus und Dino sowie Michael und der aufgestandene Leo, der mich hochzog, die Tür öffnete und hineinstieß, mit bösem Blick und blutverschmiertem Gesicht ansah, so böse wie nie, konnten die beiden Wildgewordenen am Boden fixieren, jedoch Markus war so wild geworden, dass Dino ihn mit einem ausgestreckten Arm signalisierte, dass er weggehen soll. 

Anrainer hatten die Polizei alamiert, die Funkstreife kam mit Blaulicht um die Ecke, sie öffneten die Türen und sprangen heraus, fragten allerhand und nahmen Personalien auf. Die Streithähne wurden auf freiem Fuß angezeigt und zogen ihres Weges. Markus rauchte sich eine Zigarette zur Beruhigung an, Dino, der Grieche (wir sagten:"Die Schönheit, der Koloss von Rhodos") ging zu Leo, sagte: "Das sieht übel aus." Ich hörte es, kam mit dem Verbandskoffer heraus. Michael hatte eine aufgeplatzte Lippe, hielt sich Taschentücher vor den Mund, Leo schien eine gebrochene Nase zu haben, der Platz war voller Blutspritzer im weißen Schnee. Leo hatte Schmerzen, drehte sich zu mir, fragte: "Alles okay?" Ich hatte Schmerzen, sagte, dass mir alles weh tut, ich fiel mit dem Rücken auf die Stufe. Leo schüttelte den Kopf, sagte: "Komm, wir fahren ins Böhler." (Unfallkrankenhaus) Leo und ich fuhren mit dem Taxi mitten in der Nacht ins Spital. Dort mussten wir lange warten, wir saßen auf den Kunststoffsitzen und ich lehnte mich an ihn, schlief ein. 

Seine Nase wurde gerichtet, sie war wirklich gebrochen, ich kam ins Röngten, ich hatte Prellungen und eine Gehirnerschütterung. Das war mir seit damals eine Lehre, nicht zu nah an Schlägereien zu gehen. 

Ein paar Tage später sah ich Leo an, lachte, sagte: "Du siehst aus wie ein Boxer nach einem Kampf. Warum bist du nicht in Krankenstand geblieben?" 

Er winkte ab. Es schneite wieder. Er sah mich an, sagte: "Ich hab was für dich!" ging zu seinem Auto, öffnete die Türe, kramte im Handschuhfach und brachte mir schöne neue schwarze Damenlederhandschuhe. "Damit dir nicht kalt ist." Da weinte ich. Das war so lieb. 

Die Handschuhe habe ich noch immer, trage sie nie, dafür sind sie mir zu wertvoll, überhaupt jetzt, wo Leo nicht mehr lebt. 

(Ich ließ sie manchmal zuhause, da gab er mir stets lachend seine. Das war schön.)


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