Der Lottoschein

Text

von  Mondscheinsonate

Einmal einst, da kaufte sich Frau Koppelhuber einen Lottoschein, den sie Frau Oberbauer in die Hand drückte, weil sie meinte:"Hilde, ich hab' mir gerade das erste Mal im Leben einen Schein gekauft, aber ich gewinn' eh nix, so ein Blödsinn, da hast du ihn!" 

Frau Oberbauer nahm ihn lachend an, bedankte sich, beide trennten sich. Im Hof, da saßen später die besagte Hilde, die Frau Anders, die Frau Pfenning und die Hedi, die Heimhilfe von der Frau Anders. Da kam der Daniel aus dem Haustor heraus, wir waren beide gleichalt, nur habe ich am 9.6. Geburtstag und er am 9.8., wir wuchsen zusammen auf. Er kam also heraus, wollte gerade in den Park, da sagte die Frau Oberbauer zu ihm:"Kleiner, holst du uns ein Eis?" Daniel, anders als ich, ich bekam dann sowieso auch ein Eis, er sagte:"Ich will aber auch eines dafür!" Die Oberbäurin zählte ihr Kleingeld, es ging sich keines für ihn aus, das war ihr peinlich, da gab sie ihm den Lottoschein, sagte:"Wenn'st was g'winnst, gehört's dir, aber erst, wenn du groß bist, sieh's als Vorsorge!" Daniel verzog das Gesicht, das war ihm zu wenig greifbar, steckte ihn aber ein. 

Später trafen wir uns im Park, er schlug mir den Ball mit voller Wucht ins Gesicht, dass meine Nase blutete, ich weinte, da tröstete er mich und drückte mir den Lottoschein in die Hand, sagte:"Du wirst reich und bis dahin hat's zu bluten aufgehört!", da lachte ich. Gehenüber vom Park war der Supermarkt, da kam R. heraus, sah mich bluten, ich war damals erst elf und wir verbrachten noch keine Zeit miteinander, statt einem Taschentuch hatte ich nur den, mittlerweile blutigen, Lottoschein in der Hand, es muss ein erbärmliches Bild gewesen sein. Er nahm ihn mir aus der Hand, steckte ihn ein und gab mir stattdessen ein Taschentuch, nahm mich an der Hand und führte mich nachhause zur Mama, die schimpfte, weil die ganze Kleidung, ja, das ganze Kind blutig war. 

An meinem 18. Geburtstag bekam ich von ihm ein dickes Kuvert mit vielen Tausender darin, ich zählte, es waren 15.000 Schilling und eine Quittung von der Lottogesellschaft. Ich sah ihn verwirrt an. Da sagte er:"Du hast einen Dreier mit Zusatzzahl gehabt und das kam heraus. Ich lachte vor Freude. Natürlich, bis auf mich, kannte das ganze Haus schon jahrelang die Geschichte, sie schwiegen volle sieben Jahre lang, um mich zu überraschen. Daniel, so jung er war, wollte gar nichts von dem Geld, aber ich lud ihn fein zum Essen ein, das war schön. Seitdem habe ich nie wieder gespielt, bis auf heute und gewann 1,30. Immerhin.


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