Ein Brief

Text

von  Mondscheinsonate

Hallo Du,


oder "Hallo Ich", je nachdem. In einem Brief sind schlussendlich nur reflexive Gedanken, die man einem Gegenüber mitteilt, so ist ein "Hallo Wir", durchaus angebracht.

Vorhin sah ich zu meiner Freude, dass die Bibliothek, die mein Team und ich damals durchgesetzt hatten, ich war Stv. Schulsprecherin, angenommen wurde, lange hat es gebraucht. Es war mein Herzensprojekt, ich spendete 400 Bücher aus meinem Bestand, auch Bibliotheken schenkten uns Bücher, so auch Verlage. Ich war damals unentgeltlich rund um die Uhr am Telefon oder Computer. Dann, endlich die große Eröffnung und ein Rückschlag. Der Großteil der Schülerinnen und Schüler waren und sind eingebürgerte Türken, die große Bibliothek blieb stetig leer. 

Auch luden wir zu Lerngruppen ein, es kam niemand. 

So kam es zur Krisensitzung und ich fischte mir einen beliebten türkischstämmigen Jungen heraus, holte ihn zu uns ins Boot, gab ihm mehr Stimme in unserem Team und siehe da, die Bibliothek füllte sich. Nein, sie griffen die Bücher nicht an, aber sie saßen darin und lernten in Gruppen unter sich. Das war immerhin eine Belebung. 

Der junge Mann ließ sich nach unserem Schulabgang zum Schulsprecher wählen, organisierte sofort einen Schulball in einem türkischen Lokal, wo kein einziger "Einheimischer" hinging, besorgte türkische Bücher, die auch gelesen wurden, organisierte eine türkische Disco, es gab kein Weihnachtsfest mehr, kein Osterfest, nichts christliches mehr.

Er hatte Erfolg. 

Ich lernte daraus, man muss sich den Markt ansehen. Es nützt kein Herzensprojekt, wenn es keine Abnehmer findet. Man muss auf die Zielgruppe eingehen. 

Aber, der Wermutstropfen war doch, dass ich umsetzte, die Bibliothek besteht noch immer. Verfeinert hatten es andere. Das freut mich doch. 

Dass die Umgebung hier seit 2021 wieder schlafen kann, verdankt man ausschließlich mir, die ich doch mit Polizei und Politikern bei 38 Grad Hitze konferierte und eine Lösung fand. Seitdem wird nicht mehr in der Nacht Fußball gespielt, die Polizei kontrolliert. 

Auch habe ich es im Alleingang geschafft, dass die Genossenschaft die Rattenboxen mit Gift entfernt, wegen der Feldhamster. Mir Zugute kam nun der Umstand, dass der Feldhamster das Tier des Jahres wurde, das konnte nicht mehr ignoriert werden. 

Wir haben so viele Freigängerkatzen, die Ratten haben es recht schwer. Außerdem sollen doch die Katzen nicht die vergifteten Ratten fressen, schlussendlich wird das dann zur "Sachbeschädigung" und verursacht Kosten. Man muss stets sachlich argumentieren, wenngleich man sagen will:"Arschlöcher!", nein, das geht eben nicht, bringt auch nichts. 

Mein Projekt "Laubstaubsauger-Einschränkung" ist da etwas Schwieriger, aber, im Laufen. Ich bin keine, die aufgibt, wenn es schwierig wird.

Außer privat, besonders wenn ich weiß, dass ich "eine von vielen" bin, dann gebe ich auf, weißt du, ziehe mich zurück, das ist so. Nein, ich bin dann nicht "weg", das ist Kindergarten, aber begebe mich ins nächste Level, auf eine neutrale Ebene. Ich bin eine Kämpferin, aber nicht, wenn man nicht gewinnen kann. "Die Schönste, Beste und Tollste" zu sein, das überlasse ich den Depperten und Gebotoxten, ich bleibe ich, das im Hintergrund. 

Du verstehst? Ja. 

Meine Energie setze ich für Herzensprojekte ein, nicht umsonst studiere ich, in Österreich wirst Du nicht gehört, wenn Du nicht mindestens ein Studium absolviert hast. Gut, ich hab dann zwei. Das geht dann. 

Gestern haben sie die Boxen weggeräumt, die Rattenbekämpfung kommt jetzt monatlich kontrollieren und sollte sich dramatisch eine Vermehrung anzeigen, werden Boxen mit der Anti-Baby-Pille für Nager, salopp gesagt, aufgestellt. 

Ich fragte:"Hat sich noch jemand aufgeregt?" Die Antwort lautete:"Niemand!" Aber, es regten sich viele auf, letztens erst drei Nachbarn im Gespräch. Keiner tat etwas, daher schritt ich ein. 

Für irgendwas muss man sich immer einsetzen, nur nicht für's Gemochtwerden, das ist absurd. Du, mein Wert ist sehr hoch, das weiß ich. 


Alles Liebe!


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