Unterm Nordstern, gleich, jenseits der Regenbogenbrücke

Text zum Thema Schmerz

von  ZornDerFinsternis

Unter dem Nordstern werden wir uns wiedersehen. Nach 973 Vollmonden, in eisigen, schlaflosen Nächten. Blut hat unsere Wege gezeichnet. In den knochigen Bäumen haben wir unser Versprechen in Runen geschrieben. Mit dem Tosen des Sturmes sind wir wiedergekehrt. Mit Axt und Schwert in den Händen. Unschuld mit Blut vergossen. Vom kalten Stahl unserer Tränen zu Grunde gerichtet. In die Schlacht gezogen, von der wir immer schon gewusst hatten, das es unsere letzte sein wird. Und die Wolken verdecken für uns den Mond. Das Unheil, das hinter uns liegt. Geistige Irrwege haben wir durchschritten, Liebe und Geborgenheit zurückgelassen. In Schnee und Eis keimte Wiedersehensfreude – auch, wenn dieses kränklich, blasse Licht, nie unsere Einsamkeit erhellen konnte. So schlugen unsere Herzen doch weiter in ihrem Schlaf, verschüttet unter Traumes Trümmern und Schneelavinen.  Einzig, weil wir wussten, dass wir für die Ewigkeit sind. Rabenkrächtzen erklingt leise aus den verschneiten Wäldern, um uns. Die Spuren im Schnee sind nur für die Dauer eines Augenblickes beständig. Anders, als dieses Band, das uns verband. Das uns, die langen Jahre der Seelenwanderschaft, beisammen gehalten hat. Uns, auch heute, nach endlos scheinenden Stunden und Jahren des Schmerzens, der Trauer und Einsamkeit, verbindet. Die Schwärze im Innern des Herzens wuchs mit jeder Träne, die Narben für die Ewigkeit geschnitten hat. Und heute, habe ich keine mehr, um die Freude über unser Wiedersehen, begießen zu können. Meine Stimme kann sich nicht mehr daran entsinnen, wie sie deinen Namen aussprechen soll. Auch das alte, verstümmelte Herz in meiner Brust, kann sich nicht erinnern, wie es einstmals war, als es dich liebte. Der Schnee in meinem Haar fühlt sich unendlich weich und sanft an – so, wie damals deine schützende Umarmung. Ich halte den Atem an, als könnte ich so die Wächter der Zeit dazu zwingen, das Stundenglas einzufrieren; das alte Leiden anzuhalten und mich zwischen Zeit und Jenseits existieren zu lassen. Bilder von längst vergangenen, vergessenen, glücklichen Tagen überkommen mich. Durchströmen mich. Fast so, als würde wieder etwas Derartiges wie „Leben“, in mich zurückkehren. Aber das ist nicht möglich. Seit euer Weg sich von mir entfernte, habe ich alle Brücken von und zu mir, abgebrannt. Mich im Schutze der Nacht zu einem Wanderer gewandelt. Im Stillen, war der Schmerz nicht so schwer zu tragen. Die Einsamkeit wog nicht so tonnenschwer, wie die Tatsache, dein Lächeln, nie mehr wiedersehen zu dürfen. Nach diesen nun bald 19 Jahren Wanderung, habe ich endlich die Lichtung im Nordmannswald gefunden. Die Einsamkeit wird hinter mir zurückbleiben, und sich in das Herz und die Gedankenwelt eines anderen einnisten. Ich habe keine Schuld, weil ich nie etwas wie „Unschuld“ besaß. Liebe konnte ich keine mehr vergeben, denn meine Liebe, warst nur du. Letzte Worte, werde ich niemandem zukommen lassen, weil die Augen und Ohren der anderen, bloß blind und taub waren. Ich habe unser Versprechen über all die lange Zeit hinweg, nie vergessen. Es ist immer irgendwo, tief in meinem Innern gewesen, auch, wenn ich dort für mich, schon lange Zeit, gestorben bin. Am Firmament kreischt der Nordstern in hellem Goldglanz. Und in meinem Geiste, malt sich der letzte Sommer vor der Eiszeit meiner Seele. Die Blumen tragen ihren lieblichen Duft bis hierher an mich heran. Deine Augen strahlen heller und schöner, als der hellblaue Sommerhimmel. Das Gefühl von Kälte und Angst, habe ich in deiner Nähe; in deinen Armen, nie gekannt. Und, ich sehe dich lächeln. Deine Stimme spricht wortlos zu mir. Lege das Schwert nieder, in den bleichen Schnee. Ziehe die Stiefel aus, die mich jahrelang durch den Dreck des Daseins trugen. Knie mich vor dir in das weiße Meer. Richte meinen Blick zu dir auf. Habe ich doch mein Leben lang, nie, zu jemand anderem aufgesehen, als zu dir. Durch die Wolken dringt weiches, wärmendes Licht. Ich schließe die Augen. Will kein Bild dieser in Scherben liegenden Welt, mehr in meiner Erinnerung tragen. Keinen, dieser vielen, unsäglichen Schmerzen mit zu dir nehmen. Nur mein Herz, das lasse ich zurück. In einer blutigen, kleinen Pfütze, neben meinem leblosen, schneebedeckten Leib. Du lächelst aus Walhalls Pforten zu mir hinab. Dein wärmendes Antlitz habe ich so sehr gemisst. Du breitest deine Flügel aus und wir kehren zurück. Zurück in eine Zeit, die ich längst vergaß. An einen Ort; in ein Leben, das so unsagbar schön und freudvoll ist. Wir ziehen mit den Gefallenen ein. Ins Land der Asen. Jenseits der Regenbogenbrücke, finden unsere Herzen wieder zusammen – „Ich habe dich jeden Tag mehr geliebt. Mit jeder Stunde, endlos mehr vermisst.“

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Kommentare zu diesem Text


 Mac (06.02.10)
dunkle mystik. hat eine faszination auf gewisse menschen. auch auf mich. deshalb gerne gelesen. lg mac

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 06.02.10:
Uiii...dankeschön ^^ Hier freut mich dieser Kommentar ganz, ganz besonders :) Vielen Dank. Freut mich sehr, dass du hier "Gefallen" gefunden hast (zumindest an diesem Text) :)
LG, Anni
blaubeermund (26)
(07.02.10)
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 ZornDerFinsternis antwortete darauf am 12.02.10:
Ich danke meinem schwarzen Nachtschattenschmetterling von Herzen.
Drück dich und gib auf dich Acht, Liebes. Anni
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