Der tölpelhafte Landmann

Satire zum Thema Dummheit

von  loslosch

Rusticus exspectat, dum defluat amnis; at ille labitur et labetur in omne volibilis aeternum (Horaz, 43 v. Chr. bis ~17 n. Chr.; Epistulae). Der Bauer wartet, bis der Fluss abfließt; aber der fließt und wird, sich dahinwälzend, in alle Ewigkeit weiterfließen.

Wenn heute über die Bauern gelästert wird, klingt es anders: Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln. Oder, leicht verfremdet: Das maximale Volumen subterrarer Agrarproduktivität steht in reziproker Relation zur intellektuellen Kapazität ihrer Produzenten. Am bekanntesten wohl: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Selbst die Anrede "du Bauer!" gerät zu einer veritablen justiziablen Beleidigung. Bei Horaz klingt das, sogar in der Übersetzung, nachdenklich bis poesievoll.

Wirklich? Dem Zitat geht voraus: Vivendi qui recte prorogat horam, rusticus exspectat ... Der Bauer, der die Stunde für das richtige Leben aufschiebt, wartet ...

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Kommentare zu diesem Text

AronManfeld (43)
(02.06.13)
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 loslosch meinte dazu am 02.06.13:
horaz hat es lyrisch ausgedrückt.

 TrekanBelluvitsh (02.06.13)
Horaz kannte unsere wahnwitzigen Flussbegradigungen eben noch nicht. Denn dann wäre das ein Lob gewesen. Oder: "Der Mensch begradigt, wartet und ist dann verblüfft, dass er nasse Füße bekommt." Eine selffullfilling prophecy kann man nämlich auch bauen...

 loslosch antwortete darauf am 02.06.13:
daraus demnächst ein neuer text von TB.

im corpus iuris civilis steht schon: wer aber an einem flussufer baut, verschafft sich kein eigentum. überschwemmungen sind uralt, heute nur viel dramatischer.

 EkkehartMittelberg (02.06.13)
Ich konnte nie verstehen und kann es immer noch nicht, warum heute noch viele dem Berufsstand des Landwirts respektlos begegnen. Sofern er nicht ein Agrarkapitalist ist, der arbeiten lässt, also einen kleinen oder mittelgroßen Betrieb bewirtschaftet, versteht er viel mehr als andere von verschiedenen Handwerken und zunehmend mehr auch von angewandter Betriebslehre.
Wenn ich schon pauschalieren würde, spräche ich heute eher von klugen als von dummen Bauern.
Ich verstehe dich so, dass du es mit Horaz hältst: nachdenklich.

 loslosch schrieb daraufhin am 02.06.13:
ich hatte auch die unsitte im visier, dass sentenzen im netz verstümmelt angeboten werden. horaz hat sicher gekonnt formuliert. durch den unterschlagenen vorspann bleibt dem leser zunächst verborgen, dass horaz kritik am landmann übt. sehr sachlich ging cicero 60 jahre früher mit dem agronomen um. siehe s. 151f. der aphos. so viel werbung musste jetzt.
(Antwort korrigiert am 02.06.2013)
Graeculus (69)
(02.06.13)
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 loslosch äußerte darauf am 03.06.13:
klug paart sich selten mit gutmütig, raffiniert aber oft mit dumm. die weißen konquistadoren waren katholisch!
(Antwort korrigiert am 04.06.2013)
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