Angestrengte Moral

Glosse zum Thema Ehrlichkeit

von  loslosch

Magnus ille, qui in divitiis pauper est (Seneca, um die Zeitenwende bis 65 n. Chr.; Epistulae morales). Groß ist der, der im Reichtum arm ist

Der große Rhetoriker überzieht, wie so oft. Die korrekte Übersetzung wirkt auf den Leser abstrus. Im Reichtum arm als rhetorische Figur (Oxymoron) ist pure Effekthascherei. Der Reiche erkennt, dass Reichtum nicht alles ist. Seneca betrachtet sich am Ende eines bewegten Lebens im Spiegel. Er erkennt etwas. Es soll aber keiner merken.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (04.08.13)
Ja, dass sind schon echte Probleme...
Graeculus (69)
(04.08.13)
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 loslosch meinte dazu am 04.08.13:
seneca scheint mir an diversen stellen seiner moralepisteln peinlich! der stoiker lebte innerlich in todesangst. aber das weißt du vermutlich.

 tigujo (04.08.13)
Nun ja, ich orte ein wenig durchschimmernde Häme im Kommentar zu Senecas Schreibspruch, und dies läßt mich ein wenig zurücktreten und versuchen, seine Aussage gutgläubiger, zumindest anders zu lesen - hören konnte ich ihn ja nimmer

Es steht also von ihm geschrieben und wurde überliefert, dass jener groß ist, der im Reichtum arm ist.

Ich lese den verborgenen Inhalt so:

Bewundernswert, somit erstrebenswert, ist die Fähigkeit eines (und jedes Menschen), trotz materiellen Überflusses - ja, um Überfluss geht es wohl, wenn hier Reichtum als Worthalter steht - also trotz Reichtums "arm" zu leben.

Meine Auslegung, was hier "arm" anbelangt, so gemeinhin als eigentlich denkbar "Reicher", ist ebenfalls schlicht:

Zu leben, ohne sich und der Umgebung die üblichen Eskapaden des "Sich-ohnehin-bloß-sonstnix-Gönnens" anzutun. Und noch mehr: Bewußt der - ja nunmehr so leicht verkaufbaren - Mühsal nicht aus dem Weg zu gehen.

Also trotz leicht befehlbaren "Macht-es-mir-gschwind-und-doppelt" so zu leben im Alltag, als ob man die magischen Zaubersprüche des Geldes nicht an seiner Seite hätte.

Also, sich absichtlich und absichtsvoll nicht um diese billige Gunst zu bemühen, die Geld leider auch gewährt - einfach deswegen, da man es an sich selbst nicht mag:

Grundlose Selbstbeschränkung. Moral pur?

Warum sollte sich jemand derart dämlich verhalten - warum? Ich rätsle auch nur ummadum:

Womöglich, da es schlicht zu einfach und noch dazu viel zu einfach wäre, das Geld-Schein-Regiment.

Oder: Da zu verdammt verführerisch.
Oder: Da zu dumm machend, so mit der Zeit.
Oder: Da zu unfair, so irgendwie.
Oder:

Den ewig Armen in der Geldbörse und somit ein wenig urtümlich stark ebenfalls nach zumindest ein wenig Reichtum Dürstenden mag es suspekt erscheinen, dass jemand etwas hat, noch dazu unermesslich viel anscheinend, ohne es dann auch in vollem Umfang zu benutzen - das mag verdächtig erscheinen.

Wer es erlebt hat, die Fülle ohne sich daran zu verbrennen? Hörte es so: Wahrer Luxus ist, ihn nicht zu benutzen.

Ich halte Seneca nicht für den Prototyp eines Asketen.

Keinesfalls für einen in der Wolle gefärbten Sozialdemokraten mit ewigen Aufstiegsgelüsten, auch wenn Seneca aus Cordoba stammte

Ich halte Seneca auch nicht für einen Konservativen, welche Reichtum - oft genug - bloß verschämt aus ihrer geheimen Gelüste-Diskussion raushalten wollen, da Werte und so, auch wenn Seneca staatstreue Karriere machte.

Seneca ein Grüner? Einer, der nach erfolgtem Erfolg die Vergütung wegbiobloggisert und im Zweifel, geht es um diesmal wirklich ultimative Erkenntnis, doch eher dem Sammeln von Samen und derer Omega-6-Fettsäure das Wahre zuschreibt?

Was trieb Seneca zu diesem Spruch?
Sein stoischer Schicksalsgehorsam? War dieser stärker als die Verlockung seiner prallen Kreditkarte?

Was Seneca letzlich umtrieb und zum Spruch veranlasste, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, doch zumindest kenne ich einen Menschen, der diesem Sinnspruch - in meinen Augen - nach eine Zeitlang lebte und noch immer lebt, und deswegen schreib ich dieses Zeug hier, da ich vermute, ich weiß, was den Zeitgenossen treibt, und vermute, Senecas Spruch käme dem nahe, läse man ihn so, wie ich es tue.

Für mich geht es in Senecas Spruch nicht um späte Reue eines Überfressenen, von einem der - trotzdem allzu wenigen - absehbaren Bauchplatzer, die an Übersättigung fett wurden und dies bloß halbwegs läuternd rechtzeitig erkannt haben.

Es geht, so wie ich es lese, auch nicht um Zynismus der verblendeten Sorte, ach Leutchen, wenn ihr wüßtet, wie schwer Reichtum zu ertragen ist, wär ich bloß arm geblieben.

Für mich wirkt der Spruch Senecas nicht abstrus.
Keineswegs, Meister Lo
Und für mich ist er keine Effekthascherei, kein billiges Wortspiel, keine Oxy-Verblüffung

Ja, ein wenig Häme las ich durch, lo, und ich glaube gerne, ich irrte mich zu dieser Stunde

Trotzdem, freu mich, dass - gerade in Zeiten des instinktiven Reichen-Bashings - das Thema wieder zum Thema gemacht wurde.

Danke, lo.

Lieben Gruß
tigujo

 loslosch antwortete darauf am 04.08.13:
... Einer, der nach erfolgtem Erfolg die Vergütung wegbiobloggisert und im Zweifel, geht es um diesmal wirklich ultimative Erkenntnis, doch eher dem Sammeln von Samen und derer Omega-6-Fettsäure das Wahre zuschreibt? ...

bitte zu erläutern. in tiefer nacht wars nicht so heiß wie jetzt am mittag.

seneca wird von der forschung zu weiten teilen als opportunist eingestuft. mein eigener kl. "beitrag": seine moralbriefe sind der versuch, nero einzufangen.

seneca war am beginn der herrschaft neros der reichste mann in rom, durch schenkungen des jungen kaisers. seneca wuchsen neue einsichten zu, als er merkte, dass er in lebensgefahr war. so. lo

 tigujo schrieb daraufhin am 06.08.13:
Alles klar?

Weitaus nein:

Lo, wenn dein ursprünglicher kommentar zum spruch, der succus deines textes, der eigentliche text, mehr ist es ja nicht, was du schriebst, wenn der also bloß irgendwie so gelautet hätte, wie du es nachträglich benennend bekannt gibst, nämlich, es handle sich "deiner meinung nach" um Senecas "versuch, nero einzufangen" - glaub mir, ich hätt kein wort gesagt: Ich dreiste mich nicht an, einem Experten wie dir in die Exegese zu spucken, tat es auch nie bisher.

Doch so war er nicht, deine exegetischer Komentar, und so roch ich bloß häme, noch dazu etwas anmaßende, und dies störte mich derart, dass ich meine Irritation umschreibend zart kommentierte.

Lesen wir deinen -Text nochmal, ich zitiere:

1. "Der große Rhetoriker überzieht, wie so oft."

Dies lesend fragte ich mich insgeheim: Bist du der große Seneca-Reich-Ranicki? Dann hut ab, oder arena.

2. " Die korrekte Übersetzung wirkt auf den Leser abstrus"

Ich fragte mich insgeheim: Bist du obendrein noch der große Leser-Flüsterer?

3. " Im Reichtum arm als rhetorische Figur (Oxymoron) ist pure Effekthascherei."

Ich fragte mich insgeheim, bist du der Großerbsenzähler? Wenn ja, immerhin besser als der kleine, doch - geht es hier um Erbsen?

4. "Seneca betrachtet sich am Ende eines bewegten Lebens im Spiegel. Er erkennt etwas. Es soll aber keiner merken."

Ich fragte mich insgeheim, die erste Frage wieder - wenn auch noch bestürzter - herholend:

Bist du der große Seneca-Reich-Ranicki? Gar Psychoprofiler des alten Seneca?

Bravo - oder Diskurs-Arena.

In Summa: Es enttäuscht mich ein wenig, jetzt bloß zu vernehmen, "seneca wird von der forschung zu weiten teilen als opportunist eingestuft." Wikipedia, schau oba.

So so, und das rechtfertigt einen wenig begründeten ausritt? Ist es Ein- oder Aus-Rede: Da Seneca Opportunist, ergo loslosch bloß Henker?

So so

Subjektiv: Dein schlechtester Text bisher - meiner Meinung nach. Sorry. Obendrein riechelt er nach billiger Häme. Ich schlage vor, vergess mers einfach. Außerdem, bei der Hitz, was soll mer uns über den alten depperten Opportunisten Seneca in de Haar kriegen, lo

lg tigujo, t.t.

PS: Hitze, klar: Österreich ist hitzig im moment, 39,9 Grad offiziell. Neu-Rekord. Waldbrände, trockenheit, ernte im ofen, und in der stadt wien erst ab mitternacht unter 30, und so texte ich gerne knapp vor jetztan, wenn wieder sonnenaufgang droht, und es absehbar wieder allzu wärmlich wird

 loslosch äußerte darauf am 06.08.13:
 o mani ...

seneca ist ein beachtlicher, ja großer rhetoriker, als philosoph von trauriger gestalt.

 tigujo ergänzte dazu am 15.08.13:
Om mani...
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