An der Wegscheide

Persiflage zum Thema Ehrlichkeit

von  loslosch

Hic locus est, partes ubi se via findit in ambas (Vergil, 70 v. Chr. bis ~19 v. Chr.; Aeneis). Hier ist die Stelle, wo sich der Weg gabelt (wörtl.: in zwei Teile teilt).

In der Aeneis, dem Gründungsmythos des römischen Reiches, ging es um den Weg zum Elysium (Insel der Seligen) oder den zum Tartarus (Unterwelt). Hier ist die Weggabel, wo es Richtung Himmel oder Hölle geht. Hier geht es ums Ganze. In Sachen Aberkennung der Doktorwürde des Barons zu Guttenberg geht es ebenfalls ums Ganze: Die Universität Bayreuth prüft jetzt die Frage der Fälschungsabsicht des Barons, nachdem der Doktortitel wegen vielfältiger, nicht dokumentierter Textübernahme bereits aberkannt wurde. Nach Überzeugung von Professor Oliver Lepsius hat der Doktorand zu Guttenberg absichtsvoll plagiiert angesichts der Vielzahl nachgewiesener Plagiate über die Länge von hunderten von Seiten hinweg. Zitat: "Wie kann jemand etwas tun und nicht wissen, was er tut?"

Hier ist Professor Lepsius ein Lapsus unterlaufen. Abgefüllt (mit Alkohol) oder zugedröhnt (mit modernen Drogen) kann dem Baron dieses vermeintliche Kunststück durchaus gelungen sein. In einer Art innerer Abwehrhaltung hätte dann der Verteidigungsminister an seiner Doktorarbeit laboriert.

Ganz übel für den Baron könnte die Sache enden, wenn sich wie der deus ex machina urplötzlich ein Ghostwriter outete, Selbstanzeige erstattete und all seine Einkünfte nachversteuerte. Googleberg alias zu Guttenberg hätte dann, im Nachhinein betrachtet, sogar wahrheitsgemäß behauptet: Ich hatte keine Täuschungsabsicht, die hatte der Ghostwriter. Aus der Flickaffäre seligen Angedenkens ist die analoge Einlassung bekannt: Mein Steuerberater hat das ausgefüllt. Ich habe im Vertrauen auf die Richtigkeit nur unterschrieben.


Anmerkung von loslosch:

Fertiggestellt am 28.2.2011. Darauf mein Ehrenwort. Doch was ist dieses noch wert nach Uwe Barschel und Baron zu Guttenberg?

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Kommentare zu diesem Text


 Bergmann (02.03.11)
Der Abgang war unwürdig: Immer noch nichts kapiert, die eigene Schuld noch nicht akzeptiert, statt dessen Vorwürfe und das dumme Gerede vom Herzblut. Die Krullsche Dimension steckt noch tief im Wort. Symbolisch trat der Minister ab, indem er die Treppe hinaufstieg. Aber die (vielleicht unbewusste) Symbolik entspricht nicht dem Bewusstsein und der Lage. Ich fürchte, die nötige Reifung wird lange dauern, wenn sie überhaupt gelingen kann in der populistischen Besoffenheit, in der sich der Narziß befindet.

 loslosch meinte dazu am 02.03.11:
Ja, Felix Krull lässt grüßen. Ein Hochstapler kann nicht reifen, nur seine Verführungskünste verfeinern. Lothar

 Didi.Costaire (02.03.11)
Hallo Lothar,
mit der Einstellung dieses Textes warst du, ganz ähnlich wie Herr von und zu, etwas zögerlich, so dass sich die erste Hälfte ein wenig wie die Zeitung von vorgestern liest.
Wenn jemand eine Steuererklärung von einem Dritten machen lässt, ist es noch nicht zwingend ein Täuschungsversuch. Die Doktorarbeit von jemand anderem schreiben zu lassen, wäre es schon. Gemeinsamkeiten zur Flick-Affaire sehe ich eher darin, dass Guttenberg vielleicht einen "Blackout" hatte - bzw. mehrere.
LG, Dirk

 loslosch antwortete darauf am 02.03.11:
Im Forum schrieb ich: zG ist ein Hochstapler. Kohl hatte auch mal einen Blackout. So nannte es Geißler. Schon war er weg als CDU-Generalsekretär.

Auch die Granden von CDU und CSU haben gemerkt, dass zG hochstapelt. Die saturierte Angie inzwischen als letzte. Lothar

 EkkehartMittelberg (02.03.11)
Bergmann hat von der Krullschen Dimension gesprochen. Er tut dir damit verdiente Ehre an. Ich halte deine Persiflage, gleichgültig, wann verfasst, für ein Glanzstück.
Ekki, alias Felix, der "Schmeichler" vom Dienst

 loslosch schrieb daraufhin am 02.03.11:
... was ist das Ehrenwort noch wert ...

konterst Du mit "Felix", der Schmeichler. Ein Felix ist mir lieber als ein Karl Theodor. Und danke, Ekki. Lothar
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