Teil 13

Roman

von  AnastasiaCeléste

Ave hatte förmlich darauf gewartet, als sein Bruder wenige Stunden später an seine Tür klopfte. Als Asher eintrat und die Tür wieder hinter sich schloss, traf ihn der gereizte Blick seines großen Bruders, wie ein Stromschlag.
„Willst du dich jetzt hier verstecken, oder wie ist dein Plan?“, fragte Asher und versuchte ihm dabei genauso kalt zu begegnen. Ave, der auf seiner Fensterbank saß, um dem Rauch seiner glühenden Zigarette ein möglichst kurzen Fluchtweg zu bieten, brach den Blickkontakt. Er sah aus dem Fenster und bemühte sich ruhig zu bleiben. „Ist dir mal der Gedanke gekommen, die Frage, warum sie noch hier ist?“ Asher wusste nicht worauf sein Bruder hinaus wollte. Ave sah ihn eindringlich an. „Sie gehört Corvin. Sie ist eines seiner Mädchen. Und keines von ihnen hat das Hotel jemals lebend verlassen, jedenfalls ist keine von ihnen nach ihrem Verschwinden wieder aufgetaucht.“ Er legte eine Pause ein, damit Asher darüber nachdenken konnte. „Kommt dir das nicht auch komisch vor?“ Ave alarmierte diese ganze Sache aufs äußerste. Er hatte gelernt vorsichtig zu sein und machte auch in diesem Fall keine Ausnahme.
Der Jüngere setzte sich auf die Bettkante. „Sie hatte Glück, sie hatte einfach wahnsinniges Glück!“ Ave lachte bitter auf: „Glück? Asher, du glaubst doch wohl nicht, dass Corvin halbe Sachen macht! Wenn er jemanden loswerden will, dann macht er oder lässt er es richtig machen. Auch wenn er anfangs spielt und seine Opfer quält, wenn er es beenden will, dann tut er es auch. Ich rede hier von Hinrichtungen, Kopfschüssen, damit er sicher gehen kann, dass die leblosen Körper am Boden auch wirklich nicht mehr aufstehen. Das hat er mich selbst gelehrt!“
Asher schluckte schwer. Diese Einblicke in die Welt seines Bruders jagten ihm immer wieder Schauer über den Rücken. „Ich, ich weiß es nicht, Ave. Keine Ahnung, warum sie jetzt hier steht. Vielleicht ist er schwach geworden. So was passiert auch mal so einem Boss.“ Ave schüttelte den Kopf. Er konnte diese Naivität nicht fassen.
„Corvin wird nicht schwach! Dieser Kerl besitzt keine menschlichen Züge. Er giert nach der Macht, die ihm das Gefühl gibt Gott zu sein, wenn er über Leben und Tod bestimmt.“ Mittlerweile war er lauter geworden. Er schnippte wütend die Zigarette aus dem Fenster und ging einen Schritt auf Asher zu. „Ich bin fasziniert von deiner Gutgläubigkeit, kleiner Bruder. Aber verdammt, du darfst niemandem trauen, auch keiner verängstigten, jungen Frau!“ Asher zog seine Stirn in Falten. „Was willst du damit sagen? Meinst du sie ist eine Spionin, oder was? Meinst du, sie hat sich dieser Verletzungen selber zugefügt, oder das freiwillig über sich ergehen lassen, um uns hier eine Falle zu stellen? Das ist doch nicht dein Ernst!“ Asher  machte keinen Hehl daraus, dass er diesen Gedanken lächerlich fand.
Ave hatte die Arme verschränkt und überlegte. Er rief sich selbst zur Ruhe und sprach diesmal leiser: „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht was ich von der Sache halten soll. Es ist bloß sehr merkwürdig. Es gibt da so viele Ungereimtheiten. Gerade weil ich weiß, wie Corvin arbeitet. Er ist genau und vor allem tödlich. Und genau das ist es was ich fürchte. Was glaubst du wird passieren, wenn er irgendwie mitbekommt, dass sie noch lebt?“
Ave sah nun ernsthaft besorgt aus. „Er wird nicht zulassen, dass sie ihm entkommen ist, einfach so, ohne eine guten Deal. Also wird er sie suchen lassen und ich will gar nicht darüber nachdenken, was geschieht wenn er rauskriegt, wo sie ist.“ Er sah seinen Bruder auf der Bettkante eindringlich an und seufzte: „Glaub mir, ich gönne ihr dieses Glück hier zu stehen. Niemand hat es verdient, so zugerichtet zu werden. Aber ich kann nun mal nicht darüber hinweg sehen!“ „Das verstehe ich!“, meinte Asher geduldig und war froh, dass sich sein Bruder wieder gefasst hatte. „Aber was hast du vor zu tun? Sie rausschmeißen? Sie hat weder Angehörige, noch eine Bleibe oder gar eine Ahnung, was draußen vor sich geht. Sie war jahrelang eingesperrt da drin!“ Ave nickte. Er rang mit sich selbst. Er wollte diese Mädchen nicht vor die Tür setzen, aber sein Warnsystem konnte er nicht einfach ausschalten.
Eine Weile herrschte Ruhe zwischen den Brüdern.
„Wirst du nachher mit uns zusammen essen?“, fragte Asher leise. Ave nickte erneut.

Cat war nervös, als sie Richtung Küche ging. Es hing ein verführerischer Duft in der Wohnung. Asher hatte sich als Koch betätigt und einen Auflauf gezaubert. Die ganze Szene hatte etwas so normales, wenn da nicht diese innere Spannung gewesen wäre.
Ihr Blick fiel sofort auf den großen Mann. Dunkel gekleidet, muskulös und mit schwarzem langem Haar wirkte er auf den ersten Blick gefährlich. Als er aufsah trafen sie seine wilden Augen und sie wusste nicht so recht, wie sie dieses kräftige Grün deuten sollte. Er musterte sie einen Moment ausdruckslos und wendete sich dann wieder seinem Teller zu, den er kurz zuvor mit einer großen Portion beladen hat.
„Setz dich doch!“, bot Asher an und deutete auf den Platz zwischen den Beiden, Asher zu ihrer Linken, Ave auf der rechten Seite.
Niemand sagte etwas. Cat versuchte die angespannte Situation so gut es ging auszublenden, was ihr mit Hilfe des leckeren Auflaufs ganz gut gelang. Sie genoss jeden Bissen, musste hier nicht Gefahr laufen auf Entzug gesetzt zu werden. Nie wieder wollte sie um Essen betteln müssen. Nie wieder überhaupt gezwungen sein, etwas zu tun. Und vor allem, nie wieder jemandes Sklavin sein.

Einige Abende später thronte Corvin in der Privatloge seines Clubs. Während seine Gäste zu seinen Füßen ihr Dasein feierten, feierte Corvin den Abschluss seines neuesten Geschäfts. Er hatte Investiert, in seine Pläne, in seine Zukunft und in die Ausdehnung seiner Herrschaft.
Er streckte seine Fühler in wissenschaftliche Richtung und konnte es kaum erwarten, die Dinge in die Tat umzusetzen.
Er hatte einige Fehlschläge während der Entwicklungsphase hinnehmen müssen. Aber der Kollateralschaden war durchaus vertretbar.
Lange schon hatte er diese Visionen, diesen Traum von absoluter Freiheit, göttlicher Macht. Ausgelassen ließ er den Korken einer Champagnerflasche knallen und störte sich nicht daran, dass dieser perlend überschäumte und sich auf dem edlen Teppich ergoss – alles war ersetzbar. 
Er winkte das junge Ding heran, das sich schon seit einer knappen Stunde neben ihn zum Takt der dröhnenden Musik um eine goldene Stange schlängelte. Die kleine Brünette tänzelte  in ihrem dunkelblauen Paillettenfummel auf ihren High Heels von dem winzigen Podest herunter und setzte sich neben ihren Boss, auf dessen Armlehne. Corvin hatte währenddessen zwei Gläser mit dem prickelnden Schampus gefüllt. Seine Spendierlaune war heute groß und so zog er noch einen winzigen Umschlag aus seiner inneren Brusttasche seines Jacketts  hervor und garnierte das Getränk für sich und seine schlangenhafte Unterhalterin mit einem Hauch seines kostbaren Goldstaubs.
Sie stießen zusammen auf das Leben an und Corvin freute sich über die naive Unwissenheit dieses Mädchens und allen anderen um ihn herum.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (22.12.13)
Wie selbstverständlich hältst du dein Niveau. Und neben der ständigen Bedrohung durch die raue Umwelt, entwickelst du nun auch langsam eine sehr spezielle und beides wird sich verbinden - da bin ich mir sicher und freue mich schon drauf.

Keep on writing!

T.B.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram