Selbstverlorensein

Erörterung zum Thema Wille/ Willensfreiheit

von  loslosch

Saepe nihil inimicius homini quam sibi ipse (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; Epistulae ad Atticum). Oft ist nichts dem Menschen gegenüber feindlicher eingestellt als er sich selbst.

Bekannt sind deutsche Redewendungen wie "sich selbst im Weg stehen" oder "sich selbst auf den Füßen stehen". Sie geben den Inhalt der alten Sentenz nur sehr unvollkommen wieder. Kann Cicero vor mehr als 2100 Jahren bereits an schwere Neurosen u. dgl. gedacht haben? In den damaligen, wenig komfortablen Lebensverhältnissen wohl kaum. Die Sentenz ist sogar noch älter und findet sich in den Fabeln des Griechen Aesop (6./7. Jh. v. Chr.), dort sprachlich etwas verkürzt. Möglicherweise hat Cicero, wie zuvor bereits Aesop, nur zugespitzt formulieren wollen und unversehens, ja geradezu seherisch, modernen Krankheitsbildern sprachlichen Glanz verliehen. Menschen mit schweren Neurosen und Frühformen von Psychosen sind den lieben langen Tag fast nur mit sich selbst beschäftigt, bewegen sich wie die Nadel auf der Langspielplatte in Endlosschleifen. Ab und an springt die Lebensnadel, durch heftige innere oder äußere Impulse (Essen, Trinken, Telefonate) provoziert, in eine neue Endlosschleife hinein. Der (feindselige) Kampf gegen das Ego mag weitergehen.

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Kommentare zu diesem Text

P. Rofan (44)
(15.06.14)
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 loslosch meinte dazu am 15.06.14:
es ist genderneutral verfasst. frauen dürften stärker betroffen sein als männer. jedenfalls solange die erwerbsquote bei den männern höher ist.
alpeko (69)
(15.06.14)
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 loslosch antwortete darauf am 15.06.14:
du schelm! als hättest du alle texte gelesen. ja, aber nur in der tendenz richtig. bei den morden kommt der "moderne" faktor waffentechnik zu "hilfe". mir sagte mal ein romanist, latein- und literaturkenner, das sprachniveau (der antike) sei erst lange nach dem rückschlag durch den 30jährigen krieg im 18. jh. erreicht und mit shakespeare, lessing, goethe usw. endlich überschritten worden.
(Antwort korrigiert am 15.06.2014)
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