Wutbürger

Aphorismus zum Thema Wut

von  EkkehartMittelberg

1. Es lässt sich gut über Wut philosophieren, bis man zum Objekt vermeintlichen oder tatsächlichen Unrechts wird.

2. Das Rechtsgefühl muss einer Goldwaage gleichen, um zwischen gerechtem Zorn und blinder Wut unterscheiden zu können. (Kohlhaas lässt grüßen.)

3. Das Etikett „Wutbürger“ ist ein raffiniertes politisches Instrument.

4. Im sicheren Port des Wohlstands kann man sich leicht über Wutbürger lustig machen.

5. Es empfiehlt sich, auf Abkühlung zu warten, bevor man über Dinge entscheidet, die einen wütend machen.



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Kommentare zu diesem Text


 AlmaMarieSchneider (23.08.22, 00:26)
Lieber Ekki,

jedem Deiner Aphos kann ich zustimmen. 
Sie treffen zu.

Liebe Grüße
Alma Marie

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 00:33:
Merci, Zustimmung von dir ist mir immer besonders wertvoll, Alma Marie.

Liebe Grüße
Ekki
Teolein (70)
(23.08.22, 06:46)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 23.08.22 um 08:59:
Vielen Dank, Teo, ja, haarfein sollte eine Goldwaage messen.
Liebe Grüße
Ekki

 Fridolin (23.08.22, 07:05)
ich tue mir schwer mit dem Thema. Wie nennt man Menschen, die in Putin den Teufel höchstpersönlich sehen, mit dem man nicht verhandeln darf? denen Sanktionen wichtiger sind als die Suche nach einer Waffenruhe? Sind sie nicht wütend?
Zieht nicht ein Kubicki jede Menge Wut auf sich? Von Schröder ganz zu schweigen.
Ist diese Wut nicht derzeit geradezu eine Art Staatsreligion? Sind wir nicht, bei Licht betrachtet, alle Wutbürger?

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 23.08.22 um 09:05:
Danke, Fridolin, man sollte sich mit jeglicher Wut sachlich auseinandersetzen. Wenn man aber aufgebrachte Bürger spöttisch als Wutbürger bezeichnet, veranlasst man sie nicht zu einer differenzierten Sichtweise, sondern gießt noch Öl in das Feuer ihrer Wut.

 harzgebirgler (23.08.22, 08:16)
die herrschenden sind immer auf der hut
vor der beherrschten aufkeimender wut
und tun daran um ihrer selbst will'n gut
sonst spült sie vielleicht weg des unmuts flut.

lg
henning

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 23.08.22 um 10:04:
Gracias, Henning,

Arroganz und Übermut
tut Verzicht auf falsche Begriffe gut.

LG
Ekki

 TassoTuwas (23.08.22, 10:36)
Hallo Ekki,

ich mach's kurz:
5. ist wichtig, 4. ist richtig, 3. ist offensichtlich!
:) 
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 23.08.22 um 11:13:
Vielen Dank, Tasso, ich scheine das richtige Gespür gehabt zu haben.
Herzliche Grüße
Ekki
Taina (39)
(23.08.22, 11:42)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 11:50:
Grazie, Taina, dein Aphorismus trifft insofern zu, als beide Begriffe missbraucht werden, um Menschen herabzusetzen.
Taina (39) meinte dazu am 23.08.22 um 12:09:
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 Quoth meinte dazu am 30.08.22 um 08:55:
Ich bevorzuge die Ausdrücke "Gutbürger" und "Wutmensch". Ersterer macht vermeintlich alles immer richtig und ist sehr (zu) stolz darauf, letzterer ist immer wütend, egal worauf - einfach weil er ein Wutmensch ist.

 plotzn (23.08.22, 12:16)
Servus Ekki,

man sollte gut zwischen "echten" Wutbürgern, die ihren Frust über ihre Situation oder was auch immer auf die Straße krakeelen und undifferenziert gegen alles sind, was die "Mächtigen" entscheiden und solchen unterscheiden, die auch lautstark protestieren, aber ein begründetes Anliegen haben.

Wutbürger ist ein Totschlagargument (wie 3 treffend formuliert), ähnlich wie "Gutmensch" oder "Neiddebatte".

Liebe Grüße
Stefan

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 13:13:
Vielen Dank, Stefan, darauf kam es mir an, dass der Begriff Wutbürger als Totschlagargument benutzt werden kann.

Liebe Grüße
Ekki
Agnete (66) meinte dazu am 23.08.22 um 21:09:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 22:06:
Vielen Dank, Agnete. Klar, dass meine Antwort auf Stefan auch für dich gilt.

LG
Ekki

 AZU20 (23.08.22, 13:00)
Ich  bin vor allem für Nr. 5. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 13:18:
Hallo Armin,
im Sinne von 5 hat der alte Cato zu seinen Sklaven, die während seiner Abwesenheit Allotria verzapft hatten, gesagt: "Freuet euch, dass ich zornig bin."

LG
Ekki

 Graeculus (23.08.22, 13:32)
Ist "Wutbürger" eigentlich eine Selbst- oder eine Fremdbezeichnung? Nr. 3 und 4 suggerieren: eine Kampf-, also eine Fremdbezeichnung. Wutbürger sind die anderen. Damit wirst Du wohl recht haben, und das macht den Begriff schon verdächtig.

Nr. 5: Wut als solche ist - wie Angst - ein schlechter Ratgeber ... dennoch wohl eine natürliche Reaktion, oder? Was mag die Natur sich dabei gedacht haben?

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 22:19:
Gracias, Graeculus.Wenn du den Wikipedia-Artikel "Wutbürger liest, wirst du finden, dass es sich um eine Fremdbezeichnung handelt,
die meistens kritisch von Linksliberalen verwendet wurde. Unter "Rezeption "wirst du sehen, dass der Begriff inzwischen kritisch hinterfragt wird. Es kommt im Einzelfall darauf an, wer ihn in welchem Zusammenhang und mit welcher Begründung für wen verwendet. Ich halte ihn für nicht tauglich im Sinne positiver Veränderung, weil die als Wutbürger Bezeichneten der Lächerlichkeit preisgegeben werden.
Wut ist eine natürliche Reaktion, zu derman wie der alt Cato Abstand gewinnen muss.

 AchterZwerg (23.08.22, 16:49)
Habe eben auf arte mal wieder den Film über "Wackersdorf" und dessen Bewohner gesehen, die sich friedlich gegen eine Wiederaufbereitungsanlage gestemmt hatten, die dann doch nicht gebaut wurde.
Der Spaß hat den Staat 20 Milliarden gekostet.
Die damaligen "Terroristen" und "Wutbürger" haben ihren Widerstand überlebt - was ja nicht immer der Fall ist.

Liebe Grüße
Piccola

Kommentar geändert am 23.08.2022 um 16:50 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 23.08.22 um 22:27:
Vielen Dank, Piccola. Kleists "Michael Kohlhaas" zeigt, dass Wutbürger ihre Geschichte haben, die meistens mit vernünftigem Widerstand beginnt, der ungehört verhallt und sich dann in Wut wandelt, die selbstverständlich ein schlechter Ratgeber ist.

Liebe Grüße
Ekki

 Regina meinte dazu am 24.08.22 um 07:35:
Damals gab es aber das Wort "Wutbürger" nicht. Es ist eine Neuschöpfung, die erst in den letzten Jahren aufgekommen ist. Deshalb würde ich es für die Alt-Protestler nicht verwenden. "Wer genau wird als Wutbürger bezeichnet?", mir ist das ehrlich gesagt nicht ganz klar. weshalb ich mich mit Kommentaren hier bisher zurückhielt.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.08.22 um 10:31:
Liebe Regina,
mit dem Beispiel von Michael Kohlhaas wollte ich dies klarmachen.: Der herrschende Adel gibt dessen Rappen zu Unrecht nicht zurück iund Kohlhaas ist wütend. Hätte es das Wort Wutbürger damals schon gegeben, hätten seine Feinde ihn bestimmt damit diskriminiert, um ihn lächerlich zu machen. Obwohl wegen der zu erwartenden steigenden Gaspreise noch niemand auf die Straße gegangen ist, habe ich jetzt schon Hinweise auf potentielle Proteste von Wutbürgern gelesen.
In dem Wikipedia-Artikel "Wutbürger" kannst du nachl esen, wer von wem als Wutbürger bezeichnet wird. Mir bereitet der Begriff prinzipiell Unbehagen, weil er verhindert, dass man sich mit den Motiven wütender Demonstranten sachlich auseinandersetzt, was selbst dann nötig ist, wenn die Wut wie bei Kohlhaas außer Kontrolle gerät.
Liebe Grüße
Ekki

 Saira (24.08.22, 09:15)
Hallo lieber Ekki,
 
deinen Aphorismen kann ich nur zustimmen.

Die Nr. 3 sagt mir besonders zu: sobald Hohlköpfen die Argumente ausgehen, werden die Totschlagargumente hervorgeholt.
 
Herzliche Grüße
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 24.08.22 um 10:38:
Vielen Dank, Sigi. Genau darum geht es.
Herzliche Grüße
Ekki
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