Schutzgeist

Gebet zum Thema Mystik

von  LotharAtzert

Heraklit wurde „der Dunkle“ genannt, weil er so wirres Zeug sprach, wie das Volk seinerzeit annahm.

Was einem Volk, der Gesellschaft, der Gemeinschaft auch heute noch wirr, sogar oft arrogant erscheint, ist der natürliche Schutz, der mit tief Sinnigem einhergeht und  über dem Arglos wacht. Vielleicht läßt sich die Gleichung wagen: Je tiefer ein Sinnen, umso stärker der Schutz vor Vereinnahmung/Übergriffigkeit des Geborgenen.

 

Heraklit ist (von den Bruchstücken, die noch erhalten sind, ausgehend-) unvereinnehmbar für Ideologen. Es ist seine Einfachheit, der Weg hin und zurück ist derselbe. Er, der Weg, sagt nichts anderes aus, als daß vor und zurück auch zurück und vor ist. Aber daß der, der ihn beschreitet mit Schritt und Tritt, Erfahrungen auf dem Hinweg macht, die ihm und anderen auf dem Rückweg nachhause nützlich sind, ist nicht zu leugnen.

Streit war ihm Vater aller Dinge und die Erfahrung macht der Sohn auf dem Weg. Jeder Weg ist ein Wagnis, jedes Wagnis ist gefährlich, Wenn der Wägende nicht wagt, gewinnt er keine Erfahrung. Bei der Umkehr zurück nach Hause dann weiß der Irrfahrer, worauf er achten muß, auf welche Bedingungen er trifft, meistert sie geschickter und so beflügelt den zum Mann reifenden Sohn der Nachhauseweg immer mehr.

 

Der verlorene Sohn kehrt heim? Die Bibel hilft im Gleichnis wenig. Wie kann ich verloren sein, wenn ich nicht einmal weiß, wer ich bin? – alles fließt … niemand steigt zweimal in denselben und so weiter. Man hat das alles im intellektuellen Vorderkopf, aber die Bedeutung im eigenen Leben findet aus dem und dem „Grund“ nicht statt, (Plausibilisierung) was nicht ohne Folgen bleibt für die Nachkommen: es geht immer mehr um immer weniger.

 

Ein Sprung. Wer verstehen will, muß überspringen können, sonst kommt man nie zuhause an. -Wo es abends ausgewogen ist, sind Wachen und Schlafen sich einen Moment lang sehr sehr nahe und es ist alle Schwere überwältigend leicht. Die Bewußtheit ist noch offen, die äußere Realität verliert zunehmend ihren Einfluß. Der Normalfall ist der, daß die Bewußtheit aus- und der Kleintod eingeschaltet werden, - den kleinen Tod nennen wir „Schlaf“.

 

Zum Fall kommt auch ein Steigen. Nichts kann steigen, wo nichts fällt. Wenn wir es nämlich lernen, in dieser „Zwischenwelt“ eine Mitte zu finden, um die beiden Zustände in der Bewußtseinsschwebe zu halten, (von mir aus wie Schwebefliegen oder Kolibries, das Bild ist ein-deutig, - solange verlieren wir nicht das Bewußtsein und „sehen“ für Momente eine magische Welt, die ist und ist auch nicht. Wir sind in beider Spiel eingebunden, sind es und sind es nicht, können mitbestimmen im Unbestimmten, wem wir entschweben und was sich emp-finden möchte: Samsara oder Nirvana.

Sobald jedoch ein äußerer Impuls anklopft/springt, wie ein Bock, ist die Bewußtheit hellwach, ins Dunkle fällt das Enthobensein und das illusorische Ich bleibt eine Weile ohne Schlaf. Ob hin oder zurück, wachen-schlafen, immer dasselbe, jedoch es gibt – selten zwar, doch immer mal wieder - Lichter, die sind die Besten unter zehntausend Heimkehrern und das sind keine Staubsaugervertreter und ich sang ihr Lied, ich, Rotkehlmann frühmorgends auf blaugrauem Giebel.

 

Mit zuckendem Dünnbein

Ätzneu Drohn



Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 harzgebirgler (30.10.22, 18:09)
“Das Bleibende im Denken ist der Weg. Und Denkwege bergen in sich das Geheimnisvolle, dass wir sie vorwärts und rückwärts gehen können, dass sogar der Weg zurück uns erst vorwärts führt.” (Heidegger)

Sonntagsgruß
Henning

 LotharAtzert meinte dazu am 31.10.22 um 09:27:
Ein wunderbares Zitat! Wäre ich Schullehrer, würden die Schüler diese Worte auswendig lernen. (Jetzt werden einige aufatmen, daß ich's nicht bin. Sei's drum).

Pfade wichen den Wegen, diese den Gassen, jene den Straße, dann kamen die Bahnen, die zu nichts mehr führen, nur noch vorbei an zerstörter Landschaft.
Einst fuhr ich durch die Schweiz und sah an den Bergängen links und rechts idyllische Höfe zwischen Almwiese, Fels und Baum. Die darin wohnen, blicken auf die Autobahn und hören das Geräusch der Fahrzeuge Tag und Nacht. Möchte man da noch wohnen?

Montagsgruß und Dank
Lothar
Taina (39)
(31.10.22, 00:28)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 LotharAtzert antwortete darauf am 31.10.22 um 09:52:
es sieht rückwärts alles anders aus
Haha - für gewöhnlich läuft man auch auf dem Rückweg vorwärts :) :D


Beim Christengleichnis magst du recht haben, aber wenn es um die zuhausegebliebene Familie geht, ist das etwas, was mich als Sohn (Subjekt) auf dem Weg der Erfahrung nur von der Gefahr ablenkt und passt dann nicht mehr ins Bild.

Aber dein Kommentar gibt mir die Möglichkeit, auf etwas hinzuweisen, was im Text zu kurz gekommen ist: Das Lernen, beim Einschlafen das Bewußtsein nicht zu verlieren. Im Dzogchen gibt es den so genannten "Traumyoga". Zwar praktiziere ich den nicht, aber man kann als Laie trotzdem versuchen, nicht gleich wegzuschlafen, sondern den Schwebezustand zu genießen - und ein Genuß ist es allemal, die Dinge von oben zu betrachten. Das Problem: wenn man es zu sehr will, ist man sofort wieder "wach und alle Leichtigkeit und die Bilder sin weg. Ist man aber zu schläfrig, ists auch vorbei. Da die Mitte nicht nur zu finden, sondern bewußt immer länger zu halten, ist eine lohnenswerte Angelegenheit. Den Meistern dieses Yogas gelingt das die komplette Schlafenszeit hindurch. Sie reisen dann dorthin, wohin sie wollen bzw. wo man ihrer Hilfe bedarf, die sie im Traum des Schülers leisten. "Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf" - da versteh ich die Bibel.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram